Drucksache 16/6019 14. 12. 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Anne Spiegel und Gunther Heinisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Genehmigung von Grabanlagen für Musliminnen und Muslime Die Kleine Anfrage 3936 vom 19. November 2015 hat folgenden Wortlaut: In § 13 Abs. 1 des rheinland-pfälzischen Bestattungsgesetzes ist die Sargpflicht für die Erdbestattung vorgeschrieben. Der islamische Glaube sieht einige Bestattungsregeln vor, die mit den geltenden Regelungen für die Erdbestattung in Rheinland- Pfalz nicht übereinstimmen. Aus integrationspolitischer Sicht und unter Berücksichtigung des Art. 4 GG ist es aber notwendig, allen Angehörigen des islamischen Glaubens die Möglichkeit zu gegeben, ihre Toten nach den Regeln ihres Glaubens bestatten zu können. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Welche Ausnahmeregelungen von der Sargpflicht für eine Bestattung nach islamischen Glauben gibt es in Rheinland-Pfalz? 2. Wo in Rheinland-Pfalz gibt es die Möglichkeit, die Toten in einem Gräberfeld zu bestatten? 3. Gibt es in Rheinland-Pfalz die Möglichkeit einer Verkürzung der Bestattungsfrist aus religiösen Gründen und wenn nicht, wie gewährleistet die Landesregierung die im Koran vorgeschriebene Bestattung innerhalb eines Tages? 4. Gibt es in Rheinland-Pfalz die Möglichkeit, die muslimischen Gräber für die Ewigkeit bestehen zu lassen und wenn nicht, wie gewährleistet die Landesregierung die im Koran vorgeschriebene Ewigkeit? 5. Gibt es in den Leichenhallen einen Raum für die rituelle Waschung nach islamischem Glauben? 6. Was unternimmt die Landesregierung um Musliminnen und Muslimen in unserem Land nach Art. 4 GG Bestattungen gemäß ihrem Glauben zu ermöglichen? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 14. Dezember 2015 wie folgt beantwortet: In Rheinland-Pfalz stehen die Regelungen des Bestattungsgesetzes im Einklang mit dem Grundgesetz und der Landesverfassung. Sie stehen muslimischen Bestattungen nicht entgegen und übertragen es den Gemeinden als Pflichtaufgabe der Selbstverwaltung, Friedhöfe anzulegen und zu unterhalten. Dabei tragen die Gemeinden der Tatsache Rechnung, dass es nicht nur Unterschiede in der Bestattungs- und Friedhofskultur der Einwohnerinnen und Einwohner mit christlichem und mit muslimischem Glaubensbekenntnis gibt, sondern auch unter den Muslimen selbst. Somit sind Friedhofskultur und Bestattungsriten abhängig von der örtlichen Gemeinschaft und auch den ökologischen und geologischen Bedingungen vor Ort. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu 1. und 2.: § 13 Abs. 1 des rheinland-pfälzischen Bestattungsgesetzes schreibt die Erdbestattung im geschlossenen Sarg vor. Die Friedhofsträger können aber z. B. aus religiösen Gründen Ausnahmen von der Sargpflicht in ihren Friedhofssatzungen zulassen, wenn sichergestellt werden kann, dass gesundheitliche und hygienische Bedenken durch die Art des Umgangs mit dem Verstorbenen ausgeschlossen und die Würde des Toten und das sittliche Empfinden der Allgemeinheit geachtet werden. § 6 Abs. 2 des Bestattungsgesetzes stellt es den Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften frei, bei Bestattungen und Totengedenkfeiern entsprechend ihrer Ordnungen und Bräuchen zu verfahren. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 3. Februar 2016 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/6019 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode § 8 Abs. 5 Satz 4 des Bestattungsgesetzes ermöglicht es den Friedhofsträgern, alternative Bestattungsformen vorzusehen. Ausnahmen von der Sargpflicht für eine Bestattung nach islamischem Glauben sind u. a. in Worms und Mainz möglich. Die Landesregierung verfügt zwar nicht über eine Übersicht aller Friedhofsträger, sie geht aber davon aus, dass zahlreiche weitere Grabfelder für Muslime in Rheinland-Pfalz eingerichtet sind. Klagen über nicht ausreichende Bestattungsmöglichkeiten haben die Landesregierung bislang nicht erreicht. Zu 3.: Die Bestattung darf nach § 15 Abs. 1 des Bestattungsgesetzes frühestens 48 Stunden nach Eintritt des Todes erfolgen. Auf Antrag kann von der örtlichen Ordnungsbehörde im Ausnahmefall die Bestattungsgenehmigung vor Ablauf der 48-Stunden- Frist erteilt werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalls ausgeschlossen werden kann, dass der Tod durch Fremdeinwirkung eingetreten ist oder der Mensch noch lebt. Bei einer Antragstellung wird daher unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls die Stellungnahme bzw. Zustimmung des Gesundheitsamts oder gegebenenfalls eines zweiten Arztes eingeholt. Zu 4.: Islamische Grabfelder bestehen aus Wahlgräbern, für die es die Möglichkeit der Verlängerung gibt. Die Friedhofsträger in Mainz und Worms haben entsprechende Regelungen im Einvernehmen mit den muslimischen Dachverbänden getroffen. Viele Kommunen bieten ebenfalls Wahlgräber mit Verlängerungsmöglichkeit auf unberührter Erde in einem noch nicht belegten Friedhofsabschnitt und nach Osten ausgerichtet an. Bislang sind der Landesregierung keine Probleme mit dem sogenannten Ewigkeitsgrab zur Kenntnis gelangt. Die Landesregierung geht davon aus, dass selbst bei festgelegten Ruhezeiten deren Verlängerung auf Antrag ermöglicht wird. Zu 5.: Der Landesregierung ist bekannt, dass es in Worms und in Mainz Waschräume für rituelle Waschungen nach islamischem Ritus gibt. Zu 6.: In der Bundesrepublik Deutschland gebietet die Trennung von Staat und Kirche, dass der Staat die Glaubensfreiheit für alle Bekenntnisse gleichermaßen fördert und niemand wegen seiner religiösen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden darf. Diesem Grundrecht sind die Landesregierung und die Gemeinden auch in Fragen des Bestattungsrechts verpflichtet. Darüber hinaus existieren allerdings keine Gewährleistungspflichten, die sich aus dem Koran oder anderen Schriften einer Religionsgemeinschaft ableiten ließen. Eine Bestattung nach islamischem Ritus kann auf der Grundlage der Regelungen des rheinland-pfälzischen Bestattungsrechts grundsätzlich durchgeführt werden. So bestimmt § 2 Abs. 4 Satz 2 des Bestattungsgesetzes, dass die Bestattung Andersgläubiger nach den für sie üblichen Formen möglich sein muss. Weiterhin sieht § 6 Abs. 2 des Bestattungsgesetzes vor, dass es den Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften freisteht , bei Bestattungen und Totengedenkfeiern entsprechend ihrer Ordnungen und Bräuche zu verfahren. Die Bestimmungen tragen der in Artikel 4 des Grundgesetzes garantierten Glaubens- und Bekenntnisfreiheit Rechnung und entsprechen auch der Vorgabe des Bestattungsgesetzes, dass die für die Bestattung zuständigen Personen den letzten Willen der oder des Verstorbenen zu beachten haben. Die konkrete Ausgestaltung obliegt den Kommunen als Pflichtaufgabe der Selbstverwaltung. Sabine Bätzing-Lichtenthäler Staatsministerin