Drucksache 16/6036 21. 12. 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Elisabeth Bröskamp (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Depressionen bei Kindergartenkindern in Stadt und Kreis Neuwied Die Kleine Anfrage 3945 vom 2. Dezember 2015 hat folgenden Wortlaut: Laut einer Studie der Universität Leipzig weisen immer mehr Kindergartenkinder Angst- und Depressionssymptome auf und sind ohne fachliche Hilfe dem erhöhten Risiko ausgesetzt, im späteren Erwachsenenalter eine Depression zu entwickeln. Bei 12 Prozent der 1 740 einbezogenen Kinder wurden Symptome festgestellt. Vor allem sind Kinder von Angststörungen und Depressionen betroffen , deren Eltern selbst unter einer Depression leiden. Eine rechtzeitige Früherkennung ist wichtig, da allein in Deutschland die Kosten infolge von depressionsbedingter Frühberentungen bei ca. 1,5 Milliarden Euro jährlich liegen. Erwachsene depressive Menschen berichten häufig, dass ihre Krankheit schon im Kindersalter begann. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie hoch ist die Anzahl der Kindergartenkinder mit Depressionen in Stadt und Kreis Neuwied? 2. Wie hoch ist die Anzahl der Kinder insgesamt mit Depressionen in Stadt und Kreis Neuwied? 3. Welche Maßnahmen gibt es zur Früherkennung von Depressionen von Kindergartenkindern in Stadt und Kreis Neuwied? 4. Welche präventive Maßnahmen gegen Depressionen im Kindesalter werden in Stadt und Kreis Neuwied gefördert und umgesetzt ? 5. Wenn ja, in welcher Höhe und für welchen Zeitraum werden diese Maßnahmen gegen Depressionen im Kindersalter in Stadt und Kreis Neuwied gefördert? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 21. Dezember 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1. und 2.: Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz stellt sich die Anzahl der Kinder aus dem Kreis Neuwied mit einer gesicherten Diagnose aus dem ICD-Spektrum F32-F33 (Depressive Episode/Rezidivierende depressive Störung) wie folgt dar: Alter der Kinder Behandlungsjahr 2011 2014 3 bis 6 Jahre 6 4 3 bis 11 Jahre 38 32 (Kind im Sinne der Gebührenordnung EBM bis 11 Jahre) 3 bis 13 Jahre 71 68 (Kind im Sinne des BGB bis 13 Jahre) (Quelle: Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz.) Jeder Patient wird pro Behandlungsjahr nur einmal mit dem höchsten Alter im Jahr gezählt – unabhängig von der Zahl der Ärzte und Diagnosen. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 3. Februar 2016 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/6036 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Aus datenschutzrechtlichen Gründen ist in den zugrunde liegenden Diagnose- und Verordnungsdaten keine Information über den Wohnort der Patientinnen und Patienten enthalten. In diese für die jeweiligen Verbandsgemeinden ausgewiesenen Patientenzahlen fließen somit alle Patienten ein, die von den dort ansässigen Ärzten behandelt wurden. Die Patientenzahlen lassen sich daher auch nicht ins Verhältnis zur Einwohnerzahl der Gemeinden setzen. Zu 3. bis 5.: Bereits im Jahr 2001 lud die Kreisverwaltung Neuwied Dienste und Einrichtungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie zu einem Informationsgespräch ein, um über die Versorgungssituation sowie Versorgungsdefizite zu sprechen. Als ein Ergebnis wurde der Arbeitskreis Kinder- und Jugendpsychiatrie gegründet, der seitdem regelmäßig unter Geschäftsführung der Kreisverwaltung tagt. Im Arbeitskreis sind neben der Stadt- und Kreisverwaltung ambulante und (teil)stationäre Angebote und Dienste aus dem Landkreis Neuwied vertreten. Hierzu zählen auch die niedergelassenen Kinder- und Jugendärzte (KJPP). Als weitere Maßnahme wurden die Neuwieder Gesundheitskonferenzen zum Thema Kinder- und Jugendpsychiatrie initiiert. Die dritte Gesundheitskonferenz zu diesem Thema beschäftigte sich explizit mit depressiven Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen. Insbesondere kann auf das Angebot in Diagnostik und Therapie durch die Institutsambulanz des Johanniter-Zentrums für Kinderund Jugendpsychiatrie in Neuwied und die Tätigkeit der KJPP-Praxis von Frau Dr. Schlunke-Panatzek in enger Zusammenarbeit mit dem Heilpädagogischen Therapeutischen Zentrum Neuwied (HTZ) und dem fachlichen Austausch bei V. a. depressive Erkrankung in dieser Altersgruppe hingewiesen werden. Es gibt Planungen zu Fortbildungen über Prävention und zur Intensivierung der Kooperation sowie hinsichtlich weiterer Gesundheitskonferenzen zur Thematik. Klientel im sozialpädiatrischen Zentrum sind vorwiegend Säuglinge, Kleinkinder, Vorschulkinder, (Grund-)Schulkinder und weniger Jugendliche. Die dortigen Therapieangebote umfassen Heilpädagogische Spieltherapie, Psychotherapie, Entwicklungspsychologische Beratung, Heilpädagogische Gruppen, Psychodramagruppe sowie Medikamentöse Behandlung. Depressive Symptome im Vorschulalter zeigen sich oft in maskierter Form, zum Beispiel Kopf-/Bauchschmerzen, Einnässen, Einkoten, Schlaf- oder Fütterstörungen, vermehrtes Schreien oder apathisches Verhalten. Ziel im Bereich der depressiven Erkrankungen ist immer frühzeitiges Erkennen auch der internalisierenden Störung, kurzfristige Vorstellung beim Kinderarzt, KJPP (ambulant oder stationär), Sozialpädagogische Zentren sowie frühzeitige Hilfen. Die Behandlung erfolgt nach dem multimodalen Ansatz unter Einbeziehung der Bezugspersonen und Beachtung der familiären Ressourcen. Hinzu kommt die multiprofessionelle Behandlung durch Ärzte, Psychologen, Heilpädagogen, Sozialarbeiter sowie die Einbeziehung anderer Hilfssysteme (zum Beispiel Jugendamt). Im Mai 2009 hat das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie bei der Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e. V. (LZG) die Initiative „Bündnisse gegen Depression“ in Auftrag gegeben. In diesem Rahmen wurden bis heute elf neue, landkreisübergreifende Bündnisse gegründet. Sie begreifen ihre Aufgabe darin, die Vernetzung von Institutionen und Menschen, die mit der Erkennung, Behandlung und Bewältigung von Depressionen zu tun haben, zu befördern und Hilfsangebote besser zu verknüpfen und zu koordinieren. Seit 2009 fördert die Landesregierung die Initiative „Bündnisse gegen Depression in Rheinland-Pfalz“ auch finanziell. Unter den elf neuen Bündnissen gibt es das Bündnis gegen Depression Rhein-Ahr-Wied. Es ist ein Zusammenschluss der Landkreise Ahrweiler, Mayen-Koblenz, Neuwied und der Stadt Koblenz und zählte zu den ersten Bündnissen, die dem Ruf der Initiative folgten. Die Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e. V. unterstützte das Bündnis bei seiner Gründung und ist bis heute mit den Bündniskoordinatoren zur Beratung bei der Bündnisarbeit in engem Kontakt. Zu den Mitgliedern des Bündnisses gegen Depression Rhein-Ahr-Wied zählen neben erwachsenenpsychiatrischen Einrichtungen auch das Johanniter-Zentrum für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Neuwied, vertreten durch Frau Dr. Brigitte Pollitt, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie sowie die DRK-Fachklinik Bad Neuenahr für Kinder- und Jugendpsychiatrie , Psychotherapie/Psychosomatik. Beide Institutionen sind bei den vierteljährlich stattfindenden Sitzungen des Bündnisses gegen Depression Rhein-Ahr-Wied regelmäßig vertreten. Im November 2013 wurde mit dem Fachvortrag „Depression bei Kindern und Jugendlichen: Ursachen und Erscheinungsformen“ besonderes Augenmerk auch auf die Zielgruppe Kindergartenkinder gelegt. Mit Unterstützung des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Initiative die LZG-Publikationsreihe „Elterninfo“ im Jahr 2012 unter anderem um die Elterninfo 21 „kinderdepression“ ergänzt. Das Informationsblatt geht darauf ein, wie die unterschiedlichen Symptome einer depressiven Erkrankung bei Kindern erkannt werden können und gibt Auskunft über Beratungs- und Behandlungsstellen. Zur Bekanntmachung der Elterninfo 21 „kinderdepression“ wurde ein breiter Adressatenkreis angeschrieben: Neben den Mitgliedern der regionalen Bündnisse gegen Depression und den rheinland-pfälzischen Psychiatriekoordinatorinnen und -koordinatoren 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/6036 erhielten alle Kinderärztinnen und -ärzte, alle Schulen und psychiatrischen Kliniken in Rheinland-Pfalz Ansichtsexemplare beider Elterninfos. Die Nachfrage war so groß, dass die 1. Auflage mit einer Stückzahl von 5 000 vier Monate später vergriffen war und im Jahr 2012 eine zweite Auflage von erneut 5 000 Exemplaren umgesetzt wurde. Bis heute sind rund 9 500 Exemplare in Umlauf. Sie wurden vorwiegend von Kindertagesstätten und anderen pädagogischen Einrichtungen wie Familienbildungsstätten und Grundschulen angefragt. Sabine Bätzing-Lichtenthäler Staatsministerin 3