Drucksache 16/6051 28. 12. 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Andreas Biebricher und Matthias Lammert (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Dreivierteljahreszahlen 2015 zur Kriminalitätsentwicklung in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage 3953 vom 2. Dezember 2015 hat folgenden Wortlaut: Inzwischen liegen bei Polizei und Innenministerium die Fallzahlen hinsichtlich der Kriminalität im Land für das Dreivierteljahr 2015 vor. Hierzu fragen wir die Landesregierung: 1. Kann anhand der vorliegenden Fallzahlen für 2015 ein Anstieg der Kriminalität festgestellt werden (hierzu bitte eine Auflistung der Dreivierteljahres-Fallzahlen in den einzelnen rheinland-pfälzischen Polizeipräsidien für 2014 und 2015)? 2. Kann ein Zusammenhang zwischen einem Anstieg der Fallzahlen und der Zunahme der Flüchtlinge im Land ausgeschlossen werden? 3. Wie sind konkret die Fallzahlen hinsichtlich der Wohnungseinbruchsdelikte (WED) und Tageswohnungseinbrüche (TWE) (bitte die Dreivierteljahreszahlen im Vergleich 2014 zu 2015)? 4. Gibt es Hinweise auf eine organisierte Bandenkriminalität im Zusammenhang mit WED und TWE und liegen Erkenntnisse zur Nationalität der festgestellten Täter vor? 5. Wie setzt sich die zur Bekämpfung von WED und TWE gebildete AG Bandenkriminalität personell zusammen und wo werden die hier eingesetzten operativen Kräfte zu diesem Zweck abgezogen? 6. Wird durch einen möglichen Aufzug von Kräften zugunsten der Arbeitsgruppe Bandenkriminalität (Reisende Täter Eigentum) die alltägliche Polizeiarbeit in den Dienststallen beeinträchtigt? 7. Stehen im Moment noch die Kräfte zur Verfügung, um beispielsweise zu kriminogenen Zeiten organisierte Kontrollmaßnahmen z. B. in den Innenstädten und entlang der Bundesautobahnen auch mit Unterstützung der Bereitschaftspolizei durch - zuführen? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 23. Dezember 2015 wie folgt beantwortet: Zu den Fragen 1 und 2: Die Polizei hat in den ersten neun Monaten 2014 und 2015 in der Polizeilichen Kriminalstatistik für Rheinland-Pfalz nachfolgende Fallzahlen – aufgegliedert in Land und die Polizeipräsidien – registriert: Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 29. Februar 2016 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/6051 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode *) Die Addition der Fallzahlen der Präsidialbereiche ergibt in der Summe nicht die Landesfallzahl insgesamt. Die Diskrepanz erklärt sich durch die Fälle, bei denen der Tatort unbekannt ist. Diese fließen nur in die Gesamtfallzahl ein. Der geringfügige landesweite Fallzahlenanstieg um 0,9 Prozent auf nunmehr 201 972 Fälle resultiert aus Zunahmen in den Präsidialbereichen Koblenz, Mainz und Trier. Dabei ist zu beachten, dass die Angaben auch Verstöße gegen das Ausländerrecht beinhalten. Ursächlich für die gestiegenen Fallzahlen im Präsidialbereich Koblenz ist insbesondere der Anstieg der sonstigen Sachbeschädigungen durch Graffiti auf Straßen, Wegen oder Plätzen (+ 1 314 Fälle). In über 90 Prozent der Fälle ist die Stadtverwaltung Koblenz Anzeigenerstatter. Im Rahmen des Projekts „Saubere/sichere Stadt“ werben Polizei und Kriminalpräventives Gremium um umgehende Anzeigenerstattung. Die Zunahme der Fallzahlen in den Präsidialbereichen Mainz und Trier erklärt sich hauptsächlich durch den Anstieg der Fallzahlen des unerlaubten Aufenthalts im Zusammenhang mit den Aufnahmeeinrichtungen für Asylbegehrende (AfA) in den Städten Trier und Ingelheim. Im Polizeipräsidium Trier ist ein Anstieg des unerlaubten Aufenthalts um 941 Fälle und für das Polizeipräsidium Mainz um 681 Fälle festzustellen. Der Fallzahlenanstieg des PP Mainz ist darüber hinaus auf die Delikte des Waren- und Warenkreditbetruges (+ 418 Fälle) sowie des Wohnungseinbruchdiebstahls (+ 291 Fälle) zurückzuführen. Bei der Betrachtung der landesweiten Fallzahlen ohne die ausländerrechtlichen Verstöße ist ein leichter Rückgang um 629 Fälle auf 193 621 zu verzeichnen. Dies entspricht einem Rückgang um 0,3 Prozent. Die Polizeiliche Kriminalstatistik lässt keine Auswertung nach von „Flüchtlingen“ verübten Straftaten zu, da dieser Begriff kein Erfassungsparameter ist. Erfasst wird hingegen, ob es sich beim Tatverdächtigen zum Zeitpunkt der Begehung der Straftat um einen Asylbewerber handelt. Hiernach sind in der Polizeilichen Kriminalstatistik in Rheinland-Pfalz für das Dreivierteljahr 2015 insgesamt 3 324 Fälle ohne ausländerrechtliche Verstöße für Tatverdächtige mit dem Status Asylbewerber registriert. Im Vorjahreszeitraum hat die Polizei 1 669 Fälle erfasst. Es ist festzustellen, dass mit steigender Zahl der Asylbewerber auch die Zahl der von und an Asylbewerbern begangenen Straftaten steigt. Zu Frage 3: Nachfolgende Tabelle weist die Fallzahlen und die Häufigkeitszahl zum Wohnungseinbruchdiebstahl in den ersten neun Monaten 2015 im Vergleich mit dem Vorjahr, bezogen auf das Land und die Polizeipräsidien aus: 2 Land/ Präsidialbereiche Januar bis September 2015 Deliktbereich Fälle Entwicklung zum Vorjahreszeitraum Fälle in % Land Straftaten insgesamt 201 972 *) + 1 803 0,9 Straftaten insgesamt, ohne ausländerrechtliche Verstöße (SZ 7250) 193 621 – 629 – 0,3 PP Koblenz Straftaten insgesamt 56 308 + 1 304 2,4 Straftaten insgesamt, ohne 7250 (ausländerrechtliche Verstöße) 55 157 + 495 0,9 PP Mainz Straftaten insgesamt 43 911 + 1 245 2,9 Straftaten insgesamt, ohne 7250 (ausländerrechtliche Verstöße) 43 063 + 606 1,4 PP Trier Straftaten insgesamt 30 033 + 870 3,0 Straftaten insgesamt, ohne 7250 (ausländerrechtliche Verstöße) 24 099 – 26 – 0,1 PP Rheinpfalz Straftaten insgesamt 46 689 – 369 – 0,8 Straftaten insgesamt, ohne 7250 (ausländerrechtliche Verstöße) 46 442 – 398 – 0,8 PP Westpfalz Straftaten insgesamt 23 917 – 603 – 2,5 Straftaten insgesamt, ohne 7250 (ausländerrechtliche Verstöße) 23 785 – 626 – 2,6 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/6051 *) Die Häufigkeitszahl (HZ) ist die Zahl der bekannt gewordenen Fälle insgesamt oder innerhalb einzelner Deliktarten, errechnet auf 100 000 Einwohner (Stichtag ist grundsätzlich der 1. Januar des Berichtsjahres). Sie drückt die durch die Kriminalität verursachte Gefährdung aus. Die Häufigkeitszahl in Rheinland-Pfalz beträgt im Dreivierteljahr 2015 insgesamt 130,2. Im Vergleich dazu lag die Häufigkeitszahl beim Wohnungseinbruchdiebstahl in 2014 bundesweit bei einem Wert von 188. Zu Frage 4: Es liegen Erkenntnisse vor, dass ein großer Anteil der Wohnungseinbruchdiebstähle auf Gruppierungen zurückzuführen ist, die eine organisierte Struktur aufweisen und sich zur Begehung von Wohnungseinbrüchen und sonstigen Eigentumsdelikten zusammengeschlossen haben. Sie agieren in fester oder wechselnder Besetzung und sind oftmals länder- und staatenübergreifend aktiv. Polizeiliche Erkenntnisse aus verschiedenen Ermittlungsverfahren belegen, dass die Tatverdächtigen oftmals aus Osteuropa und Südosteuropa stammen. Diese Erfahrungen werden durch die derzeit laufenden Ermittlungsverfahren der Arbeitsgruppen Bandenkriminalität (RTE) der Polizeipräsidien bestätigt. Der Schwerpunkt der Ermittlungen richtet sich gegenwärtig gegen Staatsangehörige aus Georgien, Albanien, Serbien, Kosovo und Rumänien. Zu Frage 5: Die Personalstärken der jeweiligen Arbeitsgruppe sowie die Entsendedienststellen mit Stand vom 14. Dezember 2015 sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen: 3 Land/ Präsidialbereiche Januar bis September 2015 WED gesamt davon TWE Fälle +/– % zum Vorjahr HZ *) Fälle +/– % zum Vorjahr HZ *) Land 5 202 + 17,7 130,2 2 008 + 13,4 50,3 PP Koblenz 1 485 + 5,7 121,6 646 + 12,9 52,9 PP Trier 679 + 25,3 110,4 252 + 10,0 41,0 PP Mainz 1 126 + 34,9 139,7 428 + 23,7 53,1 PP Rheinpfalz 1 302 + 24,1 149,8 466 + 10,2 53,6 PP Westpfalz 610 + 3,4 126,6 216 + 8,0 44,8 Polizeipräsidium Anzahl der eingesetzten Kräfte in der „AG Bandenkriminalität (RTE)“ Entsendedienststelle PP Koblenz 12 4 KD Koblenz, 2 KI Neuwied, 2 KI Montabaur, 1 KI Mayen, 1 PD Neuwied, 1 PD Koblenz, 1 PAST Montabaur PP Trier 10 3 ZKI Trier, 3 KD Trier, 1 KI Wittlich, 1 KI Idar-Oberstein, 1 PD Wittlich, 1 PD Trier PP Rheinpfalz 9 4 KI Ludwigshafen, 1 ZKI Ludwigshafen, 1 KD Ludwigshafen, 1 PP Rheinpfalz FüSt, 1 KI Neustadt, 1 PD Landau PP Westpfalz 8 4 KD Kaiserslautern, 2 PD Kaiserslautern, 1 KI Pirmasens, 1 PD Pirmasens PP Mainz 8 2 ZKI Mainz, 1 KI Mainz, 1 KI Worms, 1 PI Worms, 2 PI Mainz 2, 1 KI Bad Kreuznach Drucksache 16/6051 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Von den insgesamt 47 Kräften stammen 13 von der Schutzpolizei und 34 von der Kriminalpolizei. In allen Einheiten arbeiten Kräfte mit spezifischen Vorkenntnissen für verdeckte Ermittlungen und Strukturermittlungen sowie in der Datenverarbeitung mittels moderner Anwendungen. Daneben sind in allen Arbeitsgruppen auch kriminalpolizeiliche Kräfte mit Erfahrung in der Bearbeitung der Wohnungseinbruchskriminalität eingesetzt. Zu Frage 6: Kriminalistisches Geschick, gute handwerkliche kriminalpolizeiliche Arbeit, moderne Einsatzinstrumente, gezielter Einsatz operativer Technik, enge Zusammenarbeit über Präsidial- und Ländergrenzen hinweg sowie Disziplin und Ausdauer sind wesentliche Faktoren, wenn es darum geht, gegen hochmobile und überregional agierende Täterbanden erfolgreich zu sein. Mit den ausgewählten Kräften wird es gelingen, an bereits vorhandene Erfolge anzuknüpfen und diese weiter auszubauen. Die Kräfte der AG Bandenkriminalität (RTE) setzen sich aus Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte der Schutz- und Kriminalpolizei sowie unterschiedlicher Dienststellen am Sitz und außerhalb des Sitzes des Polizeipräsidiums zusammen. Durch diese räumliche und zudem spartenübergreifende Verteilung kann die Belastung in den abgebenden Dienststellen in einem vertretbaren Rahmen gehalten werden. Von den in der AG Bandenkriminalität (RTE) konzentrierten Kräften werden arbeitsintensive Ermittlungsvorgänge bearbeitet, die nicht mehr durch Kräfte der Alltagsorganisation bearbeitet werden müssen. Zu Frage 7: Die Kriminalitätslage einerseits sowie die unabhängig davon anwachsende Zahl von Flüchtlingsunterkünften andererseits, bedurften einer Neuausrichtung der polizeilichen Schutzmaßnahmen hin zu einer flächendeckenden Verfügbarkeit von Polizeibeamtinnen und -beamten. Ein landesweites Raumschutzkonzept mit Kräften der Bereitschaftspolizei löste zum 1. Dezember 2015 die punktuelle Verstärkung betroffener Polizeidienststellen ab. Dies ermöglicht nach wie vor eine Schwerpunktsetzung an polizeilichen Brennpunkten sowie lageangepasste Fahndungs- und Kontrollmaßnahmen, beispielsweise zur Bekämpfung des Wohnungseinbruchdiebstahls . Die eingesetzten Kräfte werden hierzu tagesaktuell zu Dienstbeginn mit fahndungsrelevanten Informationen versorgt. Das aktuelle Raumschutzkonzept beinhaltet den Einsatz von landesweit 25 Streifenbesatzungen, die auf die Polizeipräsidien verteilt und dort zentral koordiniert werden. Im Zeitraum von 24 Stunden sind damit insgesamt bis zu 75 Streifenbesatzungen, welche durch die Bereitschaftspolizei gestellt werden, zusätzlich und ohne „Alltagsaufträge“ im Einsatz. Die genannten Raumschutzstreifen stehen zusätzlich zu den Kräften der örtlich zuständigen Polizei- und Kriminaldienststellen zur Verfügung. Auf der Grundlage der Konzeptionen der Polizeipräsidien, z. B. zur Bekämpfung des Wohnungseinbruchdiebstahls, finden auch weiterhin Kontrollmaßnahmen statt. In Vertretung: Günter Kern Staatssekretär 4