Drucksache 16/6088 19. 01. 2016 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Matthias Lammert (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen Amtshilfe bei Abschiebungen durch die Bundeswehr Die Kleine Anfrage 3974 vom 18. Dezember 2015 hat folgenden Wortlaut: Für Abschiebungen sind grundsätzlich die Bundesländer zuständig. Der Bund fordert allerdings schon seit langem, dass abgelehnte Asylbewerber schneller und in größerer Zahl als bislang in ihre Heimat zurückgeführt werden müssten. Dabei sollen die Länder nun unterstützt werden, unter anderem auch durch die Hilfe der Bundeswehr. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer begrüßte das Angebot, gemeinsam mit anderen Ländern die Transallflugzeuge für Abschiebungen nutzen zu können. Derzeit gebe es in Rheinland-Pfalz noch nicht so viele Menschen, die zwangsweise zurückgeführt werden, die eine Maschine füllen könnten. Die Praxis, sich mit anderen Bundesländern zusammenzutun, habe sich bewährt, sagte Dreyer dem SWR. Aus dem Verteidigungsministerium hieß es dazu, die Bundeswehr könne sich bei einer Abschiebung allenfalls um den Transport kümmern, dürfe dabei aber keine Polizeiaufgaben übernehmen. Das jeweilige Bundesland müsste in einem solchen Fall um Amtshilfe bitten. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. In wie vielen Fällen hat sich das Land Rheinland-Pfalz mit anderen Bundesländern zusammengetan, um abgelehnte Asylbewerber abzuschieben (bitte aufgegliedert für die Jahre 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015)? 2. Wie viele abgelehnte Asylbewerber halten sich zurzeit in Rheinland-Pfalz auf (bitte aufgegliedert nach Staatsangehörigkeiten)? 3. Hat das Land Rheinland-Pfalz zwischenzeitlich die Bundeswehr um Amtshilfe gebeten, um Flugzeuge für die Abschiebung zur Verfügung zu stellen? Wenn nein, warum nicht? 4. Hat das Land Rheinland-Pfalz zwischenzeitlich die Bundespolizei um Amtshilfe gebeten bei der Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern? Wenn nein, warum nicht? 5. In wie vielen Fällen ist die Abschiebung abgebrochen worden und was waren die Gründe für die Abbrüche? 6. In wie vielen Fällen führte der sogenannte Wintererlass vom 18. Dezember 2012 des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen dazu, dass keine Abschiebungen stattfanden (bitte aufgegliedert für die Jahre 2012, 2013, 2014 und 2015)? Das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 19. Januar 2016 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Eine Abschiebung setzt immer voraus, dass eine ablehnende Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erfolgt ist. Bei Asylbegehrenden, bei denen abschließend festgestellt wurde, dass sie keinen Flüchtlingsschutz für sich in Anspruch nehmen können, ist auf eine möglichst zeitnahe Rückführung hinzuwirken, es sei denn, humanitäre Gründe oder andere Abschiebehindernisse stehen dem entgegen. Dabei gilt grundsätzlich der Vorrang der freiwilligen Ausreise vor der zwangsweisen Rückführung. Mit der Landesinitiative Rückkehr steht hierfür ein besonderes und im Bundesvergleich äußerst erfolgreiches Förderinstrument zur Verfügung, das die Landesregierung auch weiterhin konsequent und erfolgreich, häufig noch vor einer Entscheidung des BAMF, anwendet. Sollte eine freiwillige Rückkehr allerdings nicht erfolgen, wird eine Abschiebung durchgeführt, für die in Rheinland-Pfalz die kommunalen Ausländerbehörden zuständig sind. Nach bundesweiten Vergleichen liegt Rheinland-Pfalz, in Relation zur Aufnahmequote, bei der Rückführung (zwangsweise und freiwillig) insgesamt im Vergleich der Bundesländer ganz vorne. Unter den derzeitigen Duldungs- Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 12. Februar 2016 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/6088 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode inhabern (siehe Tabelle in der Anlage) befinden sich allerdings zwei große Personengruppen, von denen rechtlich keine Ausreise verlangt werden kann, weil das BAMF noch gar nicht entschieden hat. Dieses sind über 1 750 Personen, die wegen der Überlastung des BAMF noch keine Gelegenheit hatten, ihren Asylantrag stellen zu können und weitere Personen, die einen Asylfolgeantrag gestellt haben, bei denen das BAMF aber noch nicht entschieden hat, ob ein weiteres Asylverfahren durchgeführt wird (vgl. bereits Antwort auf die Kleine Anfrage 3857 vom 18. November 2015 [Landtagsdrucksache 16/5840] ). Durch den weiterhin vorhandenen Bearbeitungsrückstau beim BAMF steigt die Zahl derjenigen Asylsuchenden, die zwar noch keinen Asylantrag stellen konnten, aber bereits auf die Kommunen verteilt wurden, stetig an. Beispielsweise sind im Dezember 2015 1 441 Anträge eingegangen, demgegenüber wurden aber lediglich 288 Anträge durch das BAMF abgelehnt, im Vormonat wurden lediglich 173 Asylerstanträge abgelehnt. Die Ministerpräsidentin hat den zuständigen Bundesminister des Innern, Herrn Thomas de Maizière, mit Schreiben vom Dezember 2015 um eine Erläuterung der Hintergründe für die vergleichsweise geringe Zahl an ablehnenden Entscheidungen gebeten. Eine Antwort dazu steht noch aus. Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Für die Rückführung sind die kommunalen Ausländerbehörden zuständig. In wie vielen Fällen diese sich an Sammelabschiebungen anderer Bundesländer oder des Bundes beteiligt haben, wird statistisch nicht erfasst. Zu Frage 2: Das Ausländerzentralregister differenziert nicht danach, ob es sich bei den Geduldeten um abgelehnte Asylbewerber oder um sonstige Personen handelt. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung und die in der Anlage beigefügte Tabelle verwiesen. Zu Frage 3: Aufgrund des Bearbeitungsrückstaus beim BAMF ist nur in einer geringen Zahl von Fällen vollziehbare Ausreisepflicht eingetreten , sodass für Rückführungen in ausreichender Anzahl eigene Möglichkeiten organisiert werden konnten. Das seitens der Bundesregierung zunächst öffentlich diskutierte Angebot, Bundeswehrtransportkapazitäten für Abschiebungen den Ländern und Kommunen zur Verfügung zu stellen, ist tatsächlich konkret nicht unterbreitet worden. Zu Frage 4: Rheinland-Pfalz fördert erfolgreich die freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen. Im Vergleich zu anderen Bundesländern, die etwa die gleiche Aufnahmequote wie Rheinland-Pfalz haben, weist Rheinland-Pfalz eine mehr als dreifach höhere Zahl von freiwilligen Ausreisen mit finanzieller Förderung durch das von Bund und Ländern finanzierte Programm REAG/GARP (Reintegration and Emigration Programme for Asylum Seekers in Germany [REAG] Government Assisted Repatriation Programme [GARP] ) auf. Im Jahr 2015 wurden insgesamt 6 577 Personen zurückgeführt, davon wurden 573 Personen abgeschoben. Das BAMF hat im gleichen Zeitraum lediglich 4 783 ablehnende Bescheide erlassen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Zu Frage 5: Die Zahl der abgebrochenen Abschiebungen und die Gründe, die zu einem Abbruch führten, werden statistisch nicht erfasst. Zu Frage 6: Die Gründe, warum in einzelnen Fällen die Ausreisepflicht nach Ablauf der Ausreisefrist nicht zwangsweise durchgesetzt wird, können vielfältig sein. Eine nach den Gründen der erteilten Duldungen differenzierte Statistik wird nicht geführt. Irene Alt Staatsministerin 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/6088 Anlage zu Frage 2 In Rheinland-Pfalz aufhältige Ausländer im Besitz einer Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung nach § 60 a AufenthG (Duldung): 3 Staatsangehörigkeit Anzahl Afghanistan 855 Albanien 291 Algerien 26 Angola 3 Argentinien 2 Armenien 252 Aserbaidschan 240 Bahrain 2 Bangladesch 3 Benin 1 Bosnien und Herzegowina 265 Brasilien 3 Bulgarien 10 China 32 El Salvador 1 Elfenbeinküste (Cote d’ Ivoire) 1 Eritrea 179 Gabun 1 Gambia 2 Georgien 97 Ghana 8 Guinea 28 Honduras 1 Indien 36 Irak 229 Iran, Islamische Republik 175 Israel 1 Italien 2 Jamaica 2 Japan 1 Jemen 1 Jordanien 8 Jugoslawien (ehemals) 119 Kamerun 11 Kasachstan 5 Kenia 6 Kirgisistan 10 Kolumbien 1 Kongo 1 Kongo, Dem. Republik 5 Korea (Republik) 1 Korea, Dem. Volksrepublik 1 Kosovo 710 Kroatien 29 Kuba 1 Staatsangehörigkeit Anzahl Kuwait 1 Libanon 53 Liberia 2 Libyen 2 Litauen 1 Madagaskar 1 Malaysia 1 Mali 3 Marokko 16 Mauretanien 2 Mazedonien 588 Mexico 1 Moldau (Republik) 1 Montenegro 21 Nigeria 53 Ohne Angabe 9 Pakistan 363 Peru 1 Philippinen 1 Polen 30 Portugal 1 Rumänien 4 Russische Föderation 235 Salomonen 1 Saudi Arabien 1 Senegal 4 Serbien 818 Serbien (ehemals) 28 Serbien und Montenegro (ehemals) 32 Sierra Leone 12 Somalia 236 Sonstige afrikanische Staatsangehörigkeiten 3 Sonstige asiatische Staatsangehörigkeiten 20 Sonstige europäische Staatsangehörigkeiten 8 Sowjetunion (ehemals) 6 Sri Lanka 8 Staatenlos 56 Sudan (ehemals) 3 Sudan (ohne Südsudan) 1 Syrien, Arabische Republik 1 361 Südafrika 1 Tadschikistan 2 Togo 2 Tunesien 8 Turkmenistan 1 Drucksache 16/6088 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Quelle: Ausländerzentralregister, Stichtag 30. November2015. 4 Staatsangehörigkeit Anzahl Türkei 78 Uganda 2 Ukraine 38 Ungeklärt 160 Vereinigte Staaten von Amerika 10 Vietnam 25 Weißrußland 3 Zentralafrikanische Republik 9 ohne Bezeichnung 1 Ägypten 57 Äquatorialguinea 6 Insgesamt 8 049