Drucksache 16/6115 26. 01. 2016 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Matthias Lammert (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Anschaffung bzw. Einsatz von „Spuckhauben“ Die Kleine Anfrage 3987 vom 4. Januar 2016 hat folgenden Wortlaut: Häufig werden Einsatzkräfte von aggressiven und infektiösen Straftätern nicht nur beleidigt, geschlagen und getreten sondern auch gebissen und angespuckt. Fremder Speichel im Gesicht ist im höchsten Maße demütigend, ekelig und beleidigend. Im Mundsekret leben nicht nur Mikroben, sondern unter Umständen hoch infektiöse Viren und Bakterien (z. B. Hepatitis). Ein adäquater Schutz für die Polizeibeamten ist der Einsatz von sogenannten Spuckhauben. Andere Bundesländer haben Spuckhauben bereits eingeführt, die Kosten für die Schutzhauben sind gering, der Nutzen ist groß. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie viele Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte wurden in den letzten fünf Jahren bei der Ausübung ihres Dienstes in Rheinland -Pfalz angespuckt (bitte aufgegliedert nach Jahren)? 2. Wie hoch war der Schaden, der durch das Anspucken von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in den letzten fünf Jahren verursacht wurde (bitte aufgegliedert nach Kosten der Dienstunfähigkeit und Heilbehandlungskosten)? 3. Wie hoch sind die Kosten einer Spuckhaube? 4. Klagt das Land Rheinland-Pfalz aus Fürsorgegründen Schmerzensgeld für seine Bediensteten ein, wenn diese bei der Ausübung ihres Dienstes verletzt werden? Wenn nein, warum nicht? 5. Erfüllt das Anspucken eines Menschen den Straftatbestand der Beleidigung ach § 185 StGB oder der Körperverletzung nach § 223 StGB? 6. Wird die Landesregierung auch Spuckhauben bei der Polizei und Justiz einführen? Wenn nein, warum nicht? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 25. Januar 2016 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Die nachfolgend genannten Zahlen wurden der Datei „Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und -beamte“ in Rheinland-Pfalz entnommen . Seit dem 12. Mai 2015 wurde die Erfassungsmaske „Modus Operandi“ dahingehend modifiziert, dass Spucken ebenfalls als Tathandlung ausgewählt werden kann. Zuvor erfolgte eine Erfassung in der Eingabemaske „sonstige Tathandlung“ und wurde im Freitextfeld konkretisiert. Für das Jahr 2015 kann derzeit noch keine verbindliche Aussage getroffen werden, da die Datenpflege der Dienststellen für das Lagebild 2015 noch nicht abgeschlossen ist. Anzahl der Fälle mit der Tathandlung „Spucken“: 2010: 11 Fälle 2011: 31 Fälle 2012: 39 Fälle 2013: 60 Fälle 2014: 72 Fälle 2015: 83 Fälle. (Stand: 12. Januar 2016.) Die tatsächliche Zahl dürfte jedoch höher liegen, da das Freitextfeld wahrscheinlich nicht in allen Fällen ausgefüllt wurde. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 1. März 2016 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/6115 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu Frage 2: Der Schaden kann nicht beziffert werden. Die Schadenregulierungsstelle der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion führt keine Statistik zur Art und Weise, in welcher Verletzungen zugefügt werden. Zu Frage 3: Es gibt verschiedene Modelle, die derzeit für den polizeilichen Einsatz infrage kommen könnten. Die Kosten pro Haube liegen zwischen fünf und zehn Euro. Zu Frage 4: Das Land Rheinland-Pfalz klagt keine Schmerzensgeldansprüche für seine Bediensteten ein. Schmerzensgeldansprüche (§ 253 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch) sind Ansprüche der betroffenen Beamtin/des betroffenen Beamten und gehen nicht kraft Gesetzes (§ 72 Abs. 3 Landesbeamtengesetz) auf den Dienstherrn über. Zu Frage 5: Das vorsätzliche Anspucken eines anderen Menschen erfüllt zwar den Tatbestand einer tätlichen Beleidigung gemäß § 185 Halbsatz 2 StGB, in der Regel aber nicht den Tatbestand einer vorsätzlichen Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB. Eine tätliche Beleidigung liegt vor, weil das Anspucken eine unmittelbar gegen den Körper gerichtete Einwirkung darstellt, die den Geltungswert des Betroffenen in besonderer Weise missachtet. Der Tatbestand einer Körperverletzung setzt eine körperliche Misshandlung oder eine Gesundheitsschädigung voraus. Seelische Beeinträchtigungen – wie die Erregung von Ekel – sind mangels des erforderlichen Körperlichkeitsbezugs keine körperliche Misshandlung. Zumeist verursacht das Anspucken auch keine Gesundheitsschädigung , worunter jedes Hervorrufen oder Steigern eines krankhaften Zustands zu verstehen ist. Nur wenn das Anspucken eine Infektionskrankheit – etwa eine Hepatitis-Erkrankung – zur Folge hat, deren Eintritt der Täter zumindest billigend in Kauf genommen hat, ist der Tatbestand einer vorsätzlichen Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB erfüllt. Frage 6: Insbesondere vor dem Hintergrund oben dargestellter Entwicklung der Fälle, in denen Polizeibeamtinnen und -beamte während der Ausübung ihres Dienstes angespuckt wurden, sollen Spuckschutzhauben bei der rheinland-pfälzischen Polizei angeschafft werden. Daher wurde bereits mit Schreiben vom 26. November 2015 eine landesweite Arbeitsgruppe unter Federführung der Hochschule der Polizei/Landespolizeischule, Zentralstelle Schieß- und Einsatztraining, mit dem Auftrag eingerichtet, ein geeignetes Modell zu identifizieren. Dabei sollen insbesondere gesundheitliche und rechtliche Aspekte berücksichtigt werden. Ein Ergebnis wird im März dieses Jahres vorliegen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gerichte und Staatsanwaltschaften haben der mit Sicherheit an den Gerichten und Staatsanwaltschaften befassten Arbeitsgruppe „Sicherheit“ bislang keinen Bedarf an Spuckschutzhauben mitgeteilt. Da es jedoch in Einzelfällen auch im Bereich der Gerichte und Staatsanwaltschaften notwendig werden kann, Justizangehörige angemessen vor spuckenden Personen zu schützen, prüft die Arbeitsgruppe „Sicherheit“ derzeit den Bedarf und die Praktikabilität einer Spuckschutzhaube. Im Rahmen dieser Prüfung wird auch untersucht, ob ein in Nordrhein-Westfalen verwendetes Hygieneset eine Alternative sein könnte. Im Bereich des Justizvollzugs ist beabsichtigt, Spuckschutzhauben zu beschaffen. Die Justizvollzugsanstalten sind derzeit aufgefordert, ihren Bedarf zu berichten. Roger Lewentz Staatsminister