Drucksache 16/6139 05. 02. 2016 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Matthias Lammert (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen Ausweisung von Straftätern in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage 4005 vom 15. Januar 2016 hat folgenden Wortlaut: Nach den massiven Übergriffen in der Silvesternacht in Köln und Hamburg hält Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) eine Ausweisung der Täter für möglich. „Wer glaubt, sich bei uns über Recht und Gesetz stellen zu können, der muss bestraft werden – völlig egal, woher er kommt“, sagte Maas den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Flüchtlinge könnten auch während eines laufenden Asylverfahrens bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr ausgewiesen werden. „Ein solches Strafmaß ist grundsätzlich bei Sexualdelikten absolut möglich“, sagte Maas mit Blick auf die Übergriffe an Silvester. „Ausweisungen wären insofern durchaus denkbar.“ Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Teilt die Landesregierung die Rechtsauffassung, dass auch Flüchtlinge während eines laufenden Asylverfahrens bei einer Ver - urteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr ausgewiesen werden können? Wenn nein, warum nicht? 2. Wenn die Frage 1 mit Ja beantwortet wird, wie viele Flüchtlinge wurden während eines laufenden Asylverfahrens bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr ausgewiesen (bitte aufgegliedert nach den Jahren 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015)? Das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 5. Februar 2016 wie folgt beantwortet: Die Landesregierung ist der Auffassung, dass Ausweisungen während eines laufenden Asylverfahrens entsprechend der geltenden Rechtslage von den Ausländerbehörden konsequent vorgenommen werden sollen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Nach der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Rechtslage konnte ein Ausländer während des laufenden Asylverfahrens nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes nach § 60 Abs. 1 AufenthG (alte Fassung) abgeschlossen wurde. Von der Bedingung wurde abgesehen, wenn 1. ein Sachverhalt vorlag, der die Ausweisung eines Asylberechtigten rechtfertigte, oder 2. eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden war. Gemäß § 56 Abs. 1 AufenthG (alte Fassung) besaß ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt war, im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings genoss oder einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besaß, besonderen Ausweisungsschutz. Er konnte nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden . Schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung lagen in der Regel in den Fällen der §§ 53 und 54 Nr. 5 bis 5 b und 7 AufenthG (alte Fassung) vor. § 53 AufenthG (alte Fassung) betraf die zwingende Ausweisung, welche für bestimmte Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 1. März 2016 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/6139 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Straftaten eine rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren voraussetzte. Lediglich für Verurteilungen zu Freiheitsstrafen wegen Einschleusens von Ausländern ohne Bewährung war keine Mindestfrist der Freiheitsstrafe gefordert. Lagen die Voraussetzungen des § 53 AufenthG (alte Fassung) vor, wurde der Ausländer in der Regel ausgewiesen . Bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Regelausweisung nach § 54 AufenthG (alte Fassung) wurde über seine Ausweisung nach Ermessen entschieden. Auch nach der ab dem 1. Januar 2016 geltenden Rechtslage kann nach § 53 Abs. 4 AufenthG (neue Fassung) ein verurteilter Ausländer , der einen Asylantrag gestellt hat, nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn 1. ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3 eine Ausweisung rechtfertigt oder 2. eine nach den Vorschriften des Asylverfahrensgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist. § 53 Abs. 3 AufenthG (neue Fassung) regelt die Ausweisung eines Ausländers, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings genießt, der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt. Er darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist. § 54 Abs. 2 AufenthG (neue Fassung) normiert in typisierter Form schwerwiegende Ausweisungsinteressen, die in die Abwägung nach § 53 Abs. 1 AufenthG (neue Fassung) einzubeziehen sind. Ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse liegt u. a. bei einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr vor (§ 54 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG). Zu Frage 2: Eine Statistik, wie viele Flüchtlinge während eines laufenden Asylverfahrens bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr ausgewiesen wurden, wird nicht geführt. Irene Alt Staatsministerin