Drucksache 16/6141 05. 02. 2016 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Dr. Axel Wilke (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz Zuständigkeitskonzentration in Schöffen- und Jugendschöffensachen Die Kleine Anfrage 4045 vom 28. Januar 2016 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. An welchen Amtsgerichten werden derzeit schon die Schöffengerichts- und/oder Jugendschöffengerichtssachen mehrerer Amtsgerichtsbezirke verhandelt? 2. Was ist der Stand der Umsetzung der von der Lenkungsgruppe Justizstrukturreform vorgeschlagenen weiteren Konzentration der Schöffengerichts- und Jugendschöffengerichtssachen? 3. Welche Pläne bestehen konkret für das Schöffengericht und/oder Jugendschöffengericht Speyer? 4. Treffen insbesondere Medienberichte zu, dass eine Verlagerung der Schöffengerichtssachen aus dem Amtsgerichtsbezirk Speyer nach Neustadt an der Weinstraße geplant ist? Was sind hierfür die Gründe? Welche Alternativen wurden geprüft und warum wurden diese verworfen? 5. Wie verträgt sich ein solcher Plan mit der Vorgabe der Lenkungsgruppe, dass eine Konzentration möglichst beim Amtsgericht am Sitz des zuständigen Landgerichts erfolgen soll? Das Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 3. Februar 2016 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Nach § 1 der Landesverordnung über die gerichtliche Zuständigkeit in Strafsachen und Bußgeldverfahren vom 19. November 1985 sind bei folgenden Amtsgerichten gemeinsame Schöffengerichte und Jugendschöffengerichte eingerichtet, bei denen die Jugendschöffengerichts - und Schöffengerichtssachen mehrerer Amtsgerichtsbezirke verhandelt werden. Im Bezirk des Oberlandesgerichts Koblenz: a) Landgerichtsbezirk Bad Kreuznach Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 10. März 2016 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Gemeinsames Schöffengericht und Jugendschöffengericht Umfasste Amtsgerichtsbezirke Bad Kreuznach Bad Kreuznach, Bad Sobernheim Drucksache 16/6141 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode b) Landgerichtbezirk Koblenz c) Landgerichtsbezirk Trier Im Bezirk des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken: a) Landgerichtsbezirk Frankenthal (Pfalz) b) Landgerichtsbezirk Kaiserslautern c) Landgerichtsbezirk Landau in der Pfalz Zu Frage 2: Der Vorschlag der Lenkungsgruppe, die Jugendschöffengerichts- und Schöffengerichtssachen weiter zu konzentrieren, ist von der gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Praxis für den Bereich der Erwachsenenschöffengerichtssachen im Grundsatz überwiegend begrüßt worden. Eine stärkere Konzentration der Jugendschöffengerichtssachen wird in Übereinstimmung mit der Haltung der gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Praxis nicht erwogen. 2 Gemeinsames Schöffengericht und Jugendschöffengericht Umfasste Amtsgerichtsbezirke Bad-Neuenahr-Ahrweiler Bad Neuenahr-Ahrweiler, Sinzig Betzdorf Altenkirchen, Betzdorf Mayen Andernach, Mayen Montabaur Montabaur, Westerburg Neuwied Linz, Neuwied Gemeinsames Schöffengericht und Jugendschöffengericht Umfasste Amtsgerichtsbezirke Bitburg Bitburg, Prüm Trier Hermeskeil, Saarburg, Trier Wittlich Daun, Wittlich Gemeinsames Schöffengericht und Jugendschöffengericht Umfasste Amtsgerichtsbezirke Frankenthal (Pfalz) Frankenthal (Pfalz), Grünstadt Neustadt an der Weinstraße Neustadt an der Weinstraße, Bad Dürkheim Gemeinsames Schöffengericht und Jugendschöffengericht Umfasste Amtsgerichtsbezirke Kaiserslautern Kaiserslautern, Kusel Gemeinsames Schöffengericht und Jugendschöffengericht Umfasste Amtsgerichtsbezirke Landau in der Pfalz Germersheim, Kandel, Landau in der Pfalz Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/6141 Hieran anknüpfend hat das Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz ein als Diskussionsgrundlage dienendes Konzept entwickelt und der Praxis zur Stellungnahme übermittelt, das erstmals mit Standortüberlegungen operiert. Die Beteiligung der Praxis soll dazu beitragen, dass die mit einer möglichen Konzentration von Sachgebieten auftretenden technischen, personellen und räumlichen Fragestellungen hinreichende Berücksichtigung finden und gegebenenfalls Alternativvorschläge formuliert werden. Damit wird klar, dass es sich bei den derzeitigen Überlegungen noch nicht um eine abgeschlossene Planung, sondern um einen groben konzeptionellen Ansatz handelt, der diskutabel und noch abstimmungsbedürftig ist. Zu Frage 3: Im Rahmen der im Ergebnis offenen Überlegungen des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, eine weitere Konzentration ausschließlich der Erwachsenenschöffengerichtssachen vorzunehmen, wird eine Verlagerung der Schöffengerichtssachen des Amtsgerichts Speyer zum Amtsgericht nach Neustadt an der Weinstraße diskutiert. Zu Frage 4: Die mit Zuständigkeitskonzentrationen einhergehende Bündelung von Spezialwissen fördert die auch in der Justiz zunehmend wichtigere Ausprägung von Fachwissen. Mit der fortschreitenden Konzentration von Schöffengerichten sind weitere Qualitätssteigerungen und nachhaltige Synergieeffekte zu erwarten, da auch die Schöffengerichtssachen eine zunehmende Komplexität aufweisen. Sind zentrale Schöffengerichte eingerichtet, kann an den entsprechenden Standorten auch verstärkt der Fokus auf eine noch bessere Sicherheitsstruktur gelegt werden. Durch die Einrichtung gemeinsamer Schöffengerichte wird zudem eine optimierte Sitzungseinteilung der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte möglich, da insgesamt weniger Fahrten anfallen und die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte effizienter eingesetzt werden können. Ortsbezogene Gesichtspunkte für eine eventuelle Verlagerung der Schöffengerichtssachen vom Amtsgericht Speyer zum Amtsgericht Neustadt an der Weinstraße bilden der im Verhältnis zum Amtsgericht Neustadt an der Weinstraße geringere Geschäftsanfall des Amtsgerichts Speyer und die mit ca. 25 km überschaubare räumliche Distanz. Die infrastrukturelle Verbindung zwischen beiden Städten ist gut ausgebaut. Beide Amtsgerichtsbezirke grenzen unmittelbar aneinander. Hervorzuheben ist zudem die aus logistischen und sicherheitstechnischen Erwägungen günstigere Lage des Justizzentrums Neustadt an der Weinstraße außerhalb der Innenstadt. Bei einer Konzentration der Schöffengerichtssachen beim Amtsgericht in Ludwigshafen sind aufgrund der dort bereits bestehenden hohen Auslastung nur geringe Spezialisierungs- und Synergieeffekte zu erwarten. Die größere räumliche Entfernung und damit das Argument fehlender Bürgernähe sowie die dort bereits bestehende Konzentration der Schöffengerichtssachen des Amtsgerichts Grünstadt (vgl. Frage 1) sprechen gegen eine weitere Konzentration beim Amtsgericht Frankenthal (Pfalz). Zu Frage 5: Die Lenkungsgruppe hat sich in ihrem Abschlussbericht dem Grundsatz nach für eine Konzentration der Jugendschöffengerichtsund Schöffengerichtssachen bei dem Amtsgericht am Sitz des Landgerichts ausgesprochen, hierbei aber ausdrücklich hervorgehoben , dass eine Konzentration auch an mehreren Amtsgerichten erfolgen könne, wenn die örtlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten dies nahelegen würden. Mit Blick auf die bereits bei Frage 4 diskutierten infrastrukturellen Umstände sowie die vergleichsweise hohe Anzahl von Gerichtseingesessenen im Landgerichtsbezirk Frankenthal (Pfalz) erscheint eine vollständige Konzentration sämtlicher Schöffengerichtssachen des Landgerichtsbezirks Frankenthal (Pfalz) beim Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) als nicht zielführend. Prof. Dr. Gerhard Robbers Staatsminister 3