Drucksache 16/6165 17. 02. 2016 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Anne Spiegel und Daniel Köbler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen Die Kleine Anfrage 4031 vom 28. Januar 2016 hat folgenden Wortlaut: Die zu uns kommenden Flüchtlinge stellen ein großes Potenzial für unser Land dar. Über die Hälfte ist unter 25 Jahre alt. Wenn es gelingt, sie in den Arbeitsmarkt zu integrieren, kann uns das helfen, den Mangel an Fachkräften und den demografischen Wandel zu bewältigen. Aber noch immer blockieren zu viele bundesgesetzliche Hürden den Arbeitsmarktzugang von Flüchtlingen, dies beklagen auch Wirtschaftsverbände seit langem. Das muss sich endlich ändern. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Seit wann und in welcher Weise (systematisch?) wird die berufliche Qualifikation von Flüchtlingen in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes Rheinland-Pfalz erfasst? 2. Welche Ergebnisse haben diese Erhebungen ergeben? 3. Mit welchen Maßnahmen fördert die Landesregierung die Arbeitsmarktintegration und Qualifizierung von Flüchtlingen? 4. Wie viele Stellen sind bei der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundes agentur für Arbeit im Rahmen der Flüchtlingsaufnahme im Bereich des SGB II und III entstanden vor dem Hintergrund der Empfehlung eines Betreuungsschlüssels von 1 :70 durch den Abschlussbericht des Modellprojekts Early Intervention? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 17. Februar 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1.: In der Erstaufnahmeeinrichtung in Trier wird seit 15. Juni 2015 und in der Erstaufnahmeeinrichtung in Ingelheim seit 15. August 2015 das Projekt „Kompetenzen erfassen, Chancen nutzen“ gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit durchgeführt. Im Rahmen dieses Projekts können Asylsuchende auf freiwilliger Basis Angaben zu ihrer Bildungs- und Erwerbsbiografie machen. Der verwendete Fragebogen enthält neben persönlichen Grunddaten Angaben zu Schulbildung, Ausbildung und Studium sowie zu Berufserfahrung und Sprachkenntnissen. Die erhobenen Daten werden an die Bundesagentur für Arbeit weitergegeben. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten eine Kopie des Datenbogens sowie eine Kundennummer der Agentur für Arbeit, über die die örtlich zuständigen Agenturen für Arbeit nach der Verteilung in die Kommunen den Datensatz zur weiteren Bearbeitung abrufen können. Zu 2.: Mit Stand 15. Januar 2016 haben 1 748 Personen die Möglichkeit einer Kompetenzerfassung genutzt. Eine statistische Auswertung liegt für die bis zum 27. November 2015 erfolgten Erfassungen vor. Von den bislang ausgewerteten Teilnehmerinnen und Teilnehmern waren 84 Prozent männlich und 16 Prozent weiblich. 42 Prozent waren zwischen 18 und 27 Jahre alt, 52 Prozent zwischen 27 und 50 Jahre alt und 5 Prozent waren älter als 50 Jahre. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 10. März 2016 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/6165 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 23 Prozent haben angegeben, über eine abgeschlossene akademische Ausbildung zu verfügen. Rund 10 Prozent sagten, sie hätten eine abgeschlossene Berufsausbildung. Personen, die zwar laut Selbstauskunft über keinen akademischen oder beruflichen Abschluss, aber über praktische Berufserfahrung verfügen, haben diese zu großen Anteilen im Bereich des Handwerks gemacht. Für die einzelnen Berufsfelder liegen keine detailliert aufgeschlüsselten statistischen Daten vor. Die Angaben der Teilnehmenden erstrecken sich über ein sehr weites Spektrum. Die Personen mit akademischem Abschluss teilen sich vorwiegend in folgende Berufsgruppen auf: Ingenieurwesen, Sprach-, Literatur- und Geisteswissenschaften sowie medizinische beziehungsweise pharmazeutische Berufe. Bei den angegebenen abgeschlossenen Ausbildungen handelt es sich zum größten Teil um Berufe aus den Bereichen Technik, Verwaltung, Handwerk. Etwa ein Drittel der Personen gab an, Englisch zu sprechen. Nur Einzelne verfügten über deutsche oder französische Sprachkenntnisse . Damit der Projektträger einen möglichst großen Teil seiner Arbeitsressourcen zur Erreichung der Projektziele konzentrieren kann, verzichtet das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie auf häufig zu aktualisierende statistische Detailabfragen . Aussagen über Abschlüsse und Qualifikationen beruhen ausschließlich auf Angaben der Personen. Eine Überprüfung hinsichtlich der Vergleichbarkeit von Abschlüssen mit dem deutschen Bildungssystem ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgt. Zu 3.: Die Landesregierung hat ein Maßnahmenpaket zur Arbeitsmarktintegration vorgestellt, das vom Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie erarbeitet wurde und in enger Abstimmung mit der Bundesagentur für Arbeit und den Kommunen umgesetzt wird. Ziel dieses Maßnahmenpakets ist es, Lücken in den Unterstützungsstrukturen zu identifizieren und diese gezielt zu schließen. Daher wird auch von einer „Integrationskette“ gesprochen. Hierzu gehören: – das Kompetenzerfassungsprojekt, das bereits in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes frühzeitig Kompetenzen erfasst und an die Bundesagentur weiterleitet, – der Beschäftigungspilot, der die Flüchtlinge flächendeckend in den Kommunen direkt an ihrem jeweiligen Wohnort aufsucht, eine fehlende Kompetenzerfassung nachholt und sie insbesondere zu den Unterstützungsangeboten der Bundesagentur für Arbeit lotst, – der Förderansatz „Fit für den Job für Flüchtlinge“, der jugendliche Flüchtlinge mit auf ihre Bedarfe abgestimmten Module auf eine Ausbildung vorbereitet, – Weitere Modellprojekte zur Orientierung in den Erstaufnahmeeinrichtungen beziehungsweise in den Kommunen, zur Qualifizierung im Gesundheits- und Pflegebereich sowie später zur Begleitung in Arbeit. Dieses Paket ergänzt die übrigen, bereits bestehenden Angebote der Landesregierung zur Integration in Arbeit. Hierzu gehören insbesondere der Flüchtlingsnetzwerker des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung sowie das künftige Angebot der Landesregierung, eine Vielzahl von Praktikums- und Ausbildungsplätzen in der Landesverwaltung zu schaffen. Zu 4.: Nach Angaben der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz/Saarland wurden den Arbeitsagenturen im Rechtskreis des Dritten Buches Sozialgesetzbuch 33,5 Planstellen beziehungsweise befristete Beschäftigungsmöglichkeiten zugewiesen, im Rechtskreis des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch waren es 111 Planstellen beziehungsweise befristete Beschäftigungsmöglichkeiten für die Jobcenter. Diese sind zu einem Großteil bereits besetzt beziehungsweise es wurde bereits über die Besetzung entschieden. Die Verteilung der Stellen erfolgte in beiden Rechtskreisen unabhängig vom Modellprojekt „Early Intervention“. Der im Abschlussbericht des Modellprojekts Early Intervention genannte Schlüssel von 1 :70 ist grundsätzlich zu befürworten, weil der Vermittlungsaufwand bei der Zielgruppe hoch ist. Jedoch ändert sich derzeit die Anzahl der Flüchtlinge in den Rechtskreisen des Zweiten und Dritten Buches Sozialgesetzbuch täglich. Insbesondere aufgrund der Verzögerungen bei der Abwicklung des Asylverfahrens ist der Großteil der Flüchtlinge noch nicht in der Zuständigkeit der Jobcenter angekommen. Sabine Bätzing-Lichtenthäler Staatsministerin