Drucksache 16/6185 19. 02. 2016 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Matthias Lammert (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Auswirkungen der „ZIEL-VEREINBARUNG für ein Miteinander ohne Vorbehalte“ auf die Arbeit der rheinland -pfälzischen Polizei Die Kleine Anfrage 4033 vom 28. Januar 2016 hat folgenden Wortlaut: In der Zuständigkeit der damaligen Sozialministerin Dreyer wurde im Jahr 2011 eine „ZIEL-VEREINBARUNG für ein Miteinander ohne Vorbehalte“ erstellt. Darin ist festgelegt, dass in der Berichterstattung der Polizei die „Nationalität beteiligter Personen“ nur dann genannt werden soll, wenn dafür „ein polizeiliches Erfordernis vorliegt“. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie bewertet die Landesregierung diese Vereinbarung vor dem Hintergrund der Ereig nisse in der Silvesternacht in Köln? 2. Ist der Landesregierung bekannt, in welcher Art und Weise und in welchem Umfang die rheinland-pfälzischen Polizeibehörden im Rahmen ihrer Arbeit von dieser Vorgabe Gebrauch gemacht haben? 3. Kann die Landesregierung ausschließen, dass die rheinland-pfälzischen Polizeibehörden die Vorgabe so verstanden haben, dass die Herkunft der Täter so oft wie möglich nicht in Polizeiberichten erwähnt wird? 4. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass das Verschweigen der Nationalität mit der von ihr selbst politisch vorgegebenen Agenda, die Arbeit der Verwaltung für den Bürger transparenter zu gestalten, vereinbar ist? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 18. Februar 2016 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die hier angesprochene „Zielvereinbarung für ein Miteinander ohne Vorbehalte“ wurde im Jahr 2011 durch das Innenministerium, das Sozialministerium, die Arbeitsgemeinschaft der Beiräte für Migration und Integration sowie die Beauftragte der Landesregierung für Migration und Integration gemeinsam erarbeitet. Sie dient der Verwirklichung des Integrationskonzepts „Verschiedene Kulturen – Leben gemeinsam gestalten“ des Landes Rheinland-Pfalz und damit der Anerkennung der kulturellen Vielfalt in der Bevölkerung, dem Abbau von Vorurteilen und letztlich einem friedlichen Zusammenleben. Die „Zielvereinbarung“ dient auch in der täglichen Arbeit der Polizei dazu, alles zu unternehmen, um Diskriminierung zu vermeiden . Dabei betont sie nochmals die sich bereits aus dem Artikel 3 des Grundgesetzes ergebenden Verpflichtungen. Die Polizei als staatliches Organ mit weitgehenden Eingriffsbefugnissen lebt den Gleichheitsgrundsatz jeden Tag sehr gewissenhaft und sensibel. Als Folge dieses grundgesetzlich vorgegebenen Handlungsrahmens prüft die Polizei bei der Pressearbeit und sonstiger Berichterstattung , ob für die Nennung der Nationalität beteiligter Personen ein polizeiliches Erfordernis besteht. Die Verfahrensweise auf Grundlage der Zielvereinbarung entspricht zudem der ethischen Selbstverpflichtung des Presserats im Pressekodex. Auch er erinnert die Pressetätigen daran, zu beachten, „dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte.“ Die Polizei des Landes Rheinland-Pfalz wird die Rechte der hier lebenden Menschen auch zukünftig jederzeit gewährleisten und gegen Rechtsbrüche konsequent vorgehen. Sie kann ihren Teil zum Erhalt der Inneren Sicherheit jedoch nur dann wirkungsvoll leisten, wenn sie auf die breite Unterstützung und Solidarität aller hier Lebenden bauen kann. Diskriminierung einzelner Bevölkerungsgruppen ist damit nicht vereinbar. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 10. März 2016 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/6185 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Auch wenn die Ereignisse in der Silvesternacht in Köln und anderen deutschen Städten schockierend sind und die Information der Öffentlichkeit heftig kritisiert wurde, so ergibt sich daraus kein Anlass, die Inhalte der „Zielvereinbarung“ in Frage zu stellen. Zu Frage 2: Die „Zielvereinbarung“ gibt den Präsidien den notwendigen Ermessensspielraum, um vor Ort und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls über eine Veröffentlichung selbst zu entscheiden. Bisher gibt es keinen Anlass daran zu zweifeln , dass die Behörden mit dieser Verantwortung sensibel und angemessen umgehen. Schutz vor Diskriminierung ist nicht identisch mit einem Verschweigen von für die Öffentlichkeit wichtigen Informationen. Vor der Veröffentlichung persönlicher Merkmale von Verdächtigen, Opfern oder von Zeuginnen und Zeugen hat die Polizei aber in jedem Einzelfall den Schutz der Persönlichkeitsrechte, den Schutz vor Diskriminierung und das öffentliche Informationsinteresse gegeneinander abzuwägen. Für die Polizei gilt das Legalitätsprinzip unabhängig von der Nationalität oder dem Aufenthaltsstatus einer geschädigten oder einer der Tat verdächtigen Person. Damit rechtfertigt und erhält sie das Vertrauen, das ihr in der Bevölkerung entgegengebracht wird. Zu Frage 3: Es geht in der Zielvereinbarung nicht darum, die Kriminalitätsbelastung einzelner Bevölkerungsgruppen zu einem Tabuthema werden zu lassen. Unabhängig von der Beurteilung einzelner Anlässe durch die hierfür selbst entscheidenden Polizeibehörden ist ergänzend auf die auf der Internetseite der Polizei Rheinland-Pfalz veröffentlichten Inhalte der Polizeilichen Kriminalstatistik hinzuweisen . Darin werden auch Angaben zur Staatsangehörigkeit von Tatverdächtigen getroffen. Zu Frage 4: Eine diskriminierungsfreie Arbeit staatlicher Organe im Sinne des Grundgesetzes und das Interesse an einem vorurteilsfreien Zusammenleben in unserem Land stehen in keinerlei Spannungsverhältnis zur Transparenz des Verwaltungshandelns. Beides steht für einen respektvollen Umgang mit der Bevölkerung als selbstverständliche Pflicht einer demokratisch legitimierten Regierung. Roger Lewentz Staatsminister