Drucksache 16/6189 22. 02. 2016 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Matthias Lammert und Christian Baldauf (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Konsequenzen der Landesregierung aus den Übergriffen in der Silvesternacht in Köln Die Kleine Anfrage 4037 vom 28. Januar 2016 hat folgenden Wortlaut: Nach den Ereignissen in der Silvesternacht in Köln hat die Landesregierung ein Sicher heitskonzept für Fastnacht vorgestellt. Darin fordert sie den landesweiten Einsatz von Bodycams und den verstärkten Einsatz von Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen. Zudem sollen 400 Bachelorstudenten an den Fastnachtstagen zur Gewährleistung der Sicherheit eingesetzt werden. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Aus welchen Gründen hat die Landesregierung, die bislang jede Forderung der CDU-Landtagsfraktion nach einer Ausweitung der Videoüberwachung und des Einsatzes von Bodycams abgelehnt hat, erst jetzt eingelenkt, nachdem es zu den Übergriffen in der Silvesternacht in Köln gekommen ist? 2. Ist die Landesregierung vor dem Hintergrund des geplanten Einsatzes von Bachelor studenten der Hochschule der Polizei an Fastnacht nach wie vor der Ansicht, dass die Polizei in unserem Land gut aufgestellt ist? 3. Wie viel Prozent der Beamten bei der Bereitschaftspolizei wurden mittlerweile an die Polizeipräsidien abgeordnet? 4. Werden an den Fastnachtstagen genügend Beamte der Bereitschaftspolizei für landesweite Noteinsätze bereitgehalten, oder werden sich alle Beamten der Bereitschaftspolizei im Einsatz befinden? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 19. Februar 2016 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Der Einsatz polizeilicher Videoüberwachungstechnik unterstützt die Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und Kriminalitätsbekämpfung . Durch diese Maßnahmen können potenzielle Täter von der Tatbegehung abgeschreckt und die Beweisführung im Ermittlungsverfahren ermöglicht werden. Polizeiliche Überwachungsmaßnahmen mittels Videotechnik stellen sich regelmäßig als Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen dar. Häufig sind auch unbeteiligte Dritte betroffen. Vor diesem Hintergrund setzt die rheinland-pfälzische Polizei Videoüberwachungsmaßnahmen mit der gebotenen Zurückhaltung und unter Beachtung der Grundsätze der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit ein. Dies gilt auch für die Einsatzunterstützung bei Großveranstaltungen, wie z. B. von Fastnachtsumzügen, bei denen die Polizei bereits seit Jahren anlassbezogen lageangepasste Videoüberwachungsmaßnahmen durchführt. Die polizeiliche Analyse der Ereignisse in der Silvesternacht in Köln, insbesondere die massiven, in dieser Form bisher nicht aufgetretenen sexuell motivierten Gewalttaten, führte zu dem Ergebnis, die bereits bestehenden Videoüberwachungsmaßnahmen – insbesondere zur Gewährleistung der Sicherheit bei Großveranstaltungen an den Fastnachtstagen – lageorientiert zu intensivieren. Die erforderliche Anpassung polizeilicher Einsatzmaßnahmen an die erkannte Lageentwicklung ist auch der Grund für die Ausdehnung des Pilotprojekts Bodycam, das Rheinland-Pfalz als zweites Bundesland seit Juli 2015 bei den Polizeipräsidien Mainz und Koblenz durchführt. Damit beweist die Polizei Rheinland-Pfalz einmal mehr ihre Fähigkeit, auch auf unerwartete Lageentwicklungen angepasst und flexibel zu reagieren. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 15. März 2016 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/6189 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu Frage 2: Die Polizei Rheinland-Pfalz ist gut aufgestellt. Die Polizeibeamtinnen und -beamten arbeiten professionell und effektiv. Dies belegt nicht zuletzt die seit Jahren konstant hohe Aufklärungsquote von mehr als 60 Prozent. Auch personell hat die Landesregierung alles getan, um die Polizei für die zukünftigen Herausforderungen zu wappnen. Nachdem bereits im Jahr 2013 die Zahl der Neueinstellungen von Polizeikommissaranwärterinnen und -anwärtern auf 443 angehoben wurde, erfolgten in den Jahren 2014 und 2015 weitere Steigerungen auf 450 bzw. 475. Mit den in diesem Jahr vorgesehenen 500 Neueinstellungen erfolgt nochmals eine Anhebung. Dies ist die bisher höchste Einstellungsrate in Rheinland-Pfalz, die auf diesem hohen Niveau auch in den Folgejahren gehalten werden soll. Im Oktober 2016 werden sich dann rund 1 440 Anwärterinnen und Anwärter in der polizeilichen Ausbildung an der Hochschule der Polizei befinden. Die aktuellen Sicherheitslage und öffentliche Debatte ist geprägt von einer nach wie vor abstrakten Gefährdung durch den islamis - tischen Terrorismus und den Ereignissen in der Silvesternacht in Köln, die zu einer großen Verunsicherung in weiten Teilen der Bevölkerung geführt haben. Vor diesem Hintergrund hat die Polizei den Personaleinsatz im Zusammenhang mit den Fastnachtsveranstaltungen gegenüber den Vorjahren verstärkt. Hierzu war – wie auch in einigen anderen Bundesländern – die Unterstützung des polizeilichen Einzeldienstes durch Studierende der Hochschule der Polizei vorgesehen. Sie sollten unter Berücksichtigung ihres jeweiligen Ausbildungsstandes die Polizeidienststellen im Land verstärken, um damit erfahrene Polizeibeamtinnen und -beamte für den Dienst bei den Fastnachtsveranstaltungen freizusetzen. Ergänzend wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 4034 *) verwiesen . Zu Frage 3: Für die operative Bewältigung größerer Einsatzlagen in Rheinland-Pfalz und in anderen Bundesländern stehen der Bereitschaftspolizei 967 Polizeibeamtinnen und -beamte (Stand: 1. Februar 2016) zur Verfügung. Diese verrichten ihren Dienst überwiegend in den Hundertschaften, den Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten sowie der Technischen Einsatzeinheit. Davon sind knapp 160 Polizeibeamtinnen und -beamte an die Polizeibehörden und -einrichtungen abgeordnet. Sie übernehmen beispielsweise dauerhafte Objektschutzaufgaben oder sind als Vertretung aufgrund Mutterschutz/Elternzeit abgeordnet. Das entspricht einem Anteil von 16,4 Prozent der operativen Einsatzkräfte der Bereitschaftspolizei. Darüber hinaus unterstützt die Bereitschaftspolizei den Wechselschichtdienst der Polizeipräsidien regelmäßig mit etwa 80 Polizeibeamtinnen und -beamte im Rahmen des sogenannten Rotationsverfahrens. Diese werden erforderlichenfalls zur Bewältigung besonderer Einsatzlagen zurückgezogen. Seit dem Inkrafttreten der „Rahmenkonzeption zur Stärkung der polizeilichen Präsenz in der Fläche“ des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur im Zusammenhang mit den Flüchtlingsbewegungen in Rheinland-Pfalz am 1. Dezember 2015, stellt die Bereitschaftspolizei Rheinland-Pfalz zudem täglich 25 Streifenbesatzungen bereit. Diese Raumschutzkonzeption verfolgt insbesondere das Ziel, die Sicherheit der Menschen in den Flüchtlingsunterkünften und die der Bürgerinnen und Bürger in der jeweiligen Region auch weiterhin zu gewährleisten. Zudem sollen die Aufklärungs- und Fahndungsmaßnahmen mit Schwerpunkt „Bekämpfung der Wohnungseinbruchskriminalität“ intensiviert werden. Für Einsätze der Bereitschaftspolizei im Rahmen von Großveranstaltungen werden die Beamtinnen und Beamten, die die genannten Raumschutzaufgaben wahrnehmen, an ihren schichtfreien Tagen herangezogen und stehen somit der Bereitschaftspolizei redu - ziert zur Verfügung. Aufgrund der Ereignisse der Silvesternacht in Köln und im Zusammenhang mit den Fastnachtseinsätzen erfolgten keine zusätzlichen Abordnungen seitens der Bereitschaftspolizei an die Polizeipräsidien. Zu Frage 4: Einsätze werden grundsätzlich so geplant, dass aufgrund einer umfassenden Lagebeurteilung alle denkbaren Szenarien berücksichtigt sind. Auch über die Fastnachtstage standen seitens der Bereitschaftspolizei Kräfte in einem landesweiten, mobilen Konzept zur Verfügung, die im Bedarfsfall für eine Intervention hätten zusammengezogen werden können. Roger Lewentz Staatsminister *) Hinweis der Landtagsverwaltung: Vgl. Drucksache 16/6188.