Drucksache 16/6246 08. 03. 2016 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Matthias Lammert (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen Sicherheitsüberprüfung aller Asylbewerber in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage 4071 vom 15. Februar 2016 hat folgenden Wortlaut: Medienberichten zufolge startet Recklinghausen eine Sicherheitsabfrage zu sämtlichen Asylbewerbern in der Kommune. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie viele Asylbewerber gehören in Rheinland-Pfalz einer Terrororganisation an (bitte aufgegliedert nach Staatsangehörigkeiten und für die Jahre 2014 und 2015)? 2. Wie viele Asylbewerber haben in Rheinland-Pfalz mehrere falsche Identitäten angeben (bitte aufgegliedert nach Staatsange - hörigkeiten und für die Jahre 2014 und 2015)? 3. Sind zwischenzeitlich in Rheinland-Pfalz alle Asylbewerber registriert? Wenn nein, warum nicht? 4. Welche Sicherheitsabfrage findet in Rheinland-Pfalz zurzeit zu Asylbewerben statt? 5. Plant die Landesregierung die Einführung der detaillierten Sicherheitsabfrage von Asylbewerben, wie die Stadt Recklinghausen? Wenn nein, warum nicht? Das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 8. März 2016 wie folgt beantwortet: Die Landesregierung ergreift die jeweils erforderlichen präventiven und repressiven Maßnahmen, um die Sicherheit der Menschen in Rheinland-Pfalz zu gewährleisten. Sowohl mit den Behörden des Bundes als auch mit den kommunalen Ausländerbehörden findet dabei eine enge Kooperation statt. Daran hat sich in der Folge der aktuellen Flüchtlingssituation nichts geändert, die Zusammenarbeit wurde sogar noch weiter intensiviert. Darüber hinaus hat die Landesregierung zusätzliche Maßnahmen ergriffen, um der aktuellen Situation Rechnung zu tragen. Dazu gehört neben einer tagesaktuellen Registrierung und erkennungsdienstlichen Behandlung der Flüchtlinge auch der Schutz der Flüchtlingsunterkünfte und seiner Bewohnerinnen und Bewohner. Die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung oder die Bildung einer solchen Organisation ist in Deutschland (§ 129 a StGB) – genauso wie in vielen anderen Staaten der Welt auch – strafbar und wird in Rheinland-Pfalz konsequent verfolgt. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Allein in 2015 sind bekanntlich über eine Million Flüchtlinge in Deutschland aufgenommen worden. Angesichts der aktuellen Zuwanderungsbewegungen kann daher nicht generell ausgeschlossen werden, dass sich im Einzelfall unter diesen Flüchtlingen auch Personen befinden, die in Verbindung zu militanten oder terroristischen Gruppierungen in Krisenregionen gestanden oder für diese gekämpft haben sollen. Die Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder erhalten in diesem Zusammenhang Hinweise auf derartige Personen. Polizei und Verfassungsschutzbehörden gehen diesen in jedem Einzelfall unverzüglich und umfassend nach. So erhielten die rheinland-pfälzischen Sicherheitsbehörden seit Anfang 2015 im Rahmen der oben beschriebenen Zuwanderungsbewegungen insgesamt 18 Hinweise auf mutmaßliche Kämpfer bzw. Mitglieder, Unterstützer oder Sympathisanten terroristischer Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 22. März 2016 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/6246 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Vereinigungen im Ausland sowie mutmaßliche islamistisch-motivierte Kriegsverbrecher nach dem Völkerstrafgesetzbuch, die aus den aktuellen Krisen- bzw. Kriegsgebieten im arabischen Raum nach Rheinland-Pfalz gelangten. Mit Stand bis 29. Februar 2016 gab es bislang keine neuen Hinweise. In der Mehrheit der Fälle konnten die Hinweise nach den Ermittlungen jedoch nicht bestätigt werden. In den verbleibenden acht Fällen sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. Im Jahr 2014 gab es keine solchen Hinweise an die rheinland-pfälzischen Sicherheitsbehörden. Zu Frage 2: Nach einer vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geführten Statistik über die Auswertung von Doppelidentitäten von Asylbegehrenden – der in der AFIS-Datei (Automatisiertes Fingerabdruckidentifizierungssystem) des Bundeskriminalamtes gespeicherten Daten zur erkennungsdienstlichen Behandlung – wurden im Zeitraum Januar bis Dezember 2014 in Rheinland- Pfalz insgesamt 1 723 Mehrfachidentitäten festgestellt. Davon 877 unter gleichem Namen und 846 unter anderem Namen. Im Jahr 2015 waren es 2 871 festgestellte Mehrfachidentitäten. 1 744 unter gleichem Namen und 1 127 unter anderem Namen. Die Aufgliederung nach Staatsangehörigkeiten ergibt sich aus der Anlage. Nach Auskunft des BAMF handelt es sich dabei aber nicht um belastbare Daten, da Doppelidentitäten auch auf abweichende Schreibweisen , unzutreffende oder fehlerhafte Übersetzungen zurückzuführen sind bzw. keine Dolmetscher zum Einsatz kamen. Zu Frage 3: Ja. Es sind alle Flüchtlinge von den Erstaufnahmeeinrichtungen registriert worden. Zudem findet tagesaktuell auch eine erkennungsdienstliche Behandlung statt. Sofern in der Vergangenheit Flüchtlinge durch das BAMF nicht erkennungsdienstlich behandelt und auf die Kommunen verteilt wurden, wird dies gegenwärtig durch eine vom Land koordinierte Aktion mit den Kommunen nachgeholt. Zu Frage 4: Im Rahmen der Entgegennahme von Asylanträgen durch das BAMF erfolgt im Zusammenhang mit der Aktenanlage im MARIS- System (Workflow- und Dokumentenmanagementsystem zur Vorgangsbearbeitung im Asyl- und Dublin-Verfahren) eine obligatorische Sicherheitsabfrage beim Bundesamt für Verfassungsschutz und beim Bundeskriminalamt in automatisierter Form. Das Land unterstützt seit Dezember 2015 das BAMF und nimmt tagesaktuell die Fingerabdrücke zwecks automatisiertem Datenabgleich. Dies gilt für sämtliche Asylbewerberinnen und Asylbewerber zwischen dem 14. und dem 65. Lebensjahr. Der Datenabgleich umfasst sowohl das automatisierte Fingerabdruckidentifizierungssystem – AFIS-Ausländer – als auch das polizeiliche Fingerabdruckidentifizierungssystem – AFIS-Polizei. Die technischen Voraussetzungen für eine elektronische Datenverarbeitung mit dem Bundesnachrichtendienst , Militärischen Abschirmdienst sowie dem Zollkriminalamt befinden sich derzeit noch im Aufbau und sind deswegen noch nicht realisiert. Durch das neue Datenaustauschverbesserungsgesetz (§ 21 a AZR-Gesetz, § 73 Abs. 1 a Aufenthaltsgesetz) wird nunmehr ein erster Sicherheitsabgleich unverzüglich nach Speicherung der Daten im Ausländerzentralregister durchgeführt. Im Übrigen hat nach der geltenden Erlasslage – Rundschreiben vom 19. September 2008 an die rheinland-pfälzischen Ausländerbehörden – zwingend bei den gelisteten Staaten – das heißt unter anderem auch bei Syrern – vor jeder (erstmaligen) Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis eine entsprechende Sicherheitsabfrage zu erfolgen. Dies gilt auch für den Fall der Verlängerung beziehungsweise bei einem Statuswechsel (Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach vorheriger Duldung beziehungsweise Aufenthaltsgestattung ). Die Sicherheitsanfrage wird in diesem Zusammenhang unter anderem auch an das Landeskriminalamt und den rheinlandpfälzischen Verfassungsschutz gerichtet. Zu Frage 5: Nein. Durch die in Rheinland-Pfalz durchgeführte erkennungsdienstliche Behandlung und die oben beschriebenen zusätzlichen Maßnahmen sind die seitens des Landes erforderlichen Sicherheitsabfragen bereits angemessen gewährleistet. Irene Alt Staatsministerin 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/6246 Anlage zu Frage 2 Aufgliederung nach Staatsangehörigkeiten: 3 Staatsangehörigkeit Mehrfachidentitäten im Jahr 2014 Afghanistan 148 Ägypten 25 Albanien 24 Algerien 2 Äquatorialguinea 3 Armenien 14 Aserbaidschan 11 Äthiopien 3 Bosnien und Herzegowina 33 El Salvador 1 Eritrea 426 Georgien 45 Guinea 1 Irak 8 Iran, Islamische Republik 22 Kongo, Dem. Republik 1 Kosovo 49 Libanon 1 Malaysia 1 Marokko 1 Mauretanien 1 Mazedonien 26 Montenegro 1 Nigeria 1 Pakistan 52 Russische Föderation 16 Serbien 82 Somalia 109 sonst. asiat. Staatsangeh. 3 sonst. europ. Staatsangeh. 1 Staatenlos 38 Staatsangehörigkeit ohne Bezeichnung 3 Syrien, Arabische Republik 552 Türkei 2 Ungeklärt 2 Vietnam 1 Zentralafrikanische Republik 14 Gesamt 1 723 Staatsangehörigkeit Mehrfachidentitäten im Jahr 2015 Afghanistan 295 Ägypten 37 Albanien 515 Algerien 5 Äquatorialguinea 3 Armenien 10 Aserbaidschan 3 Äthiopien 2 Bosnien und Herzegowina 18 Eritrea 125 Georgien 29 Ghana 1 Irak 1 Iran, Islamische Republik 32 Kenia 1 Kosovo 272 Libanon 1 Marokko 1 Mauretanien 1 Mazedonien 27 Nigeria 1 Pakistan 64 Russische Föderation 7 Serbien 63 Sierra Leone 1 Somalia 77 sonst. asiat. Staatsangeh. 2 Staatenlos 93 Staatsangehörigkeit ohne Bezeichnung 5 Syrien, Arabische Republik 1 152 Türkei 3 Ungeklärt 13 Zentralafrikanische Republik 11 Gesamt 2 871