Drucksache 16/6278 17. 03. 2016 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Christian Baldauf (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz Rechtskundeunterricht für Flüchtlinge Die Kleine Anfrage 4106 vom 24. Februar 2016 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Seit Ende Dezember 2015 bietet das rheinland-pfälzische Justizministerium Rechtskunde unterricht für Flüchtlinge mit Bleibeperspektive an. Gibt es einen einheitlichen und verbindlichen Lehrplan zur inhaltlichen Gestaltung der Unterrichtseinheiten? 2. Wenn nein: Anhand welcher Kriterien bestimmt es sich, welche Lehrinhalte die einzelnen Referenten vermitteln? 3. Inwieweit sind die Referenten gegen Unfälle abgesichert? Das Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 16. März 2016 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Das Ziel des Projekts ist es, die Integration von Flüchtlingen mit Bleibeperspektive in Rheinland-Pfalz zu erleichtern. Dazu sollen diese in deutschem Recht unterrichtet werden. Im Mittelpunkt stehen dabei die zentralen Regeln und Werte, die unsere Gesellschaft auszeichnen. Neben den wichtigsten Grundrechten sind dies unsere Grundwerte wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Gleichberechtigung und Toleranz. Der Rechtskundeunterricht folgt einem festen, einheitlichen Konzept. Hierzu wurden vier Module zu den Themen Staatsrecht, Grundrechte, Zivilrecht und Strafrecht entwickelt. Für jedes Modul sind 90 Minuten vorgesehen. Modul 1 nennt sich „Unser Staat – Aufbau und Prinzipien“ und gibt zunächst eine Übersicht über den Aufbau und die Funktionsweise der Europäischen Union. Neben dem föderalistischen System der Bundesrepublik werden auch die wichtigsten Grundprinzipien unseres Rechtsstaats vermittelt: Das Demokratieprinzip, das Rechtsstaatsprinzip und das Sozialstaatsprinzip. Modul 2 „Unsere Werte – Die Grundrechte“ vermittelt Inhalt und Ausfluss unserer wichtigsten Grundrechte, wie der Menschenwürde nach Artikel 1 GG, den Gleichheitsgrundsatz, Artikel 3 GG – hier insbesondere die gleiche Stellung von Mann und Frau –, die Glaubensfreiheit, Artikel 4 GG, die Meinungs- und Pressefreiheit gemäß Artikel 5 GG sowie die Grundrechte aus Artikel 6 GG (Ehe, Familie und Kinder). Modul 3 „Verträge im Alltag – Rechte und Pflichten“ gibt einen Überblick über die wichtigsten zivilrechtlichen Fragestellungen. Im Mittelpunkt steht das Vertragsrecht bei Geschäften des täglichen Lebens. Hier kann insbesondere auf konkrete Fragestellungen der Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer eingegangen werden. Neben dem „klassischen“ Kaufvertrag ist hier beispielsweise der Kaufvertrag von Mobilfunkgeräten von Interesse. Aber auch der Mietvertrag und Grundzüge des Arbeitsvertrags sollen vermittelt werden. Modul 4 „Verbotenes Handeln – Straftaten und ihre Folgen“ stellt zunächst die Grundzüge des Strafverfahrens vor. Gegenstand des Moduls sind neben dem Gewaltmonopol, dem Ermittlungsgrundsatz und den Zuständigkeiten und Kompetenzen von Polizei, Staatsanwaltschaft und Strafgericht auch Opferrechte. Letzteres beinhalten auch Informationen über Unterstützungseinrichtungen, etwa bei häuslicher Gewalt. Ein Überblick über Zeugenrechte und -pflichten sowie einzelne Delikte (Diebstahl, Körperverletzung) runden das Modul ab. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 13. April 2016 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/6278 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Der Unterricht im Rahmen der „Rechts- und Wertekunde“ fügt sich in das bereits bestehende Angebot der Volkshochschulen ein; der Unterricht findet im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit Integrationskursen oder weiterführenden Kursen für Flüchtlinge statt. Die Volkshochschulen begleiten die Kurse mit dem jeweiligen Leiter des Integrationskurses vor Ort und sorgen so für eine adäquate didaktische und sprachliche Aufbereitung des Unterrichts. Zu den oben genannten Modulen hat das Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz in Zusammenarbeit mit dem Verband der Volkshochschulen von Rheinland-Pfalz Power-Point-Präsentationen entwickelt, die den Unterrichtenden als Leitfaden dienen. Eine gewisse Flexibilität bei der Gestaltung des Unterrichts ist jedoch unabdingbar. Zum einen unterscheiden sich die Kurse und die Interessenschwerpunkte der Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer. Zum anderen ist es gerade ein großer Vorteil des Projekts, dass auf Lehrende zurückgegriffen werden kann, die über einen unschätzbaren Wert an praktischer Erfahrung verfügen. Diese individuellen Erfahrungen und Stärken soll jede und jeder Lehrende in den Unterricht einbringen können. Das oben beschriebene Konzept wird nach Abschluss der ersten Kurse Mitte März zusammen mit den beteiligten Volkshochschulen und den Lehrenden evaluiert und entsprechend angepasst. Gleiches gilt selbstverständlich mit der Ausweitung des Projekts, das quantitativ und qualitativ fortentwickelt wird. Zu Frage 2: Siehe Antwort zu Frage 1. Zu Frage 3: Für die Referentinnen und Referenten werden Dienstreisen zu den Unterrichtsveranstaltungen angeordnet. Damit besteht der gesetzliche Versicherungsschutz im Rahmen der Vorschriften über die Absicherung bei Arbeitsunfällen. Zusätzlich schließt die jeweilige Volkshochschule vor Ort den üblichen Referentenvertrag mit der/dem Lehrenden ab. Prof. Dr. Gerhard Robbers Staatsminister