Drucksache 16/6304 14. 04. 2016 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Nico Steinbach (SPD) und A n t w o r t des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen Förderung von männlichen Erziehern und Lehrern in der frühkindlichen Erziehung Die Kleine Anfrage 4126 vom 24. März 2016 hat folgenden Wortlaut: Aktuell sind die pädagogischen Fachkräfte in Kindertagesstätten und Grundschulen vorwiegend weiblich. Laut aktuellen Studien wäre es für die frühkindliche Entwicklung von Vorteil, den Anteil der männlichen Fachkräfte zu erhöhen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie ist die Geschlechterquote bei Erziehern bzw. Erzieherinnen und wie bei Grundschullehrern und Grundschullehrerinnen? 2. Gibt es seitens des Landes Bemühungen, eine ausgeglichene Einstellungspolitik umzusetzen bzw. sich aktiv um mehr männliche Bewerber zu bemühen? 3. Gibt es pädagogische Erfahrungen/Studien zu den Auswirkungen auf Kinder im Vergleich zur Unterrichtung von Männern und Frauen bzw. ausschließlich Männern oder Frauen? Das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 14. April 2016 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: In den rheinland-pfälzischen Kindertageseinrichtungen waren nach Angaben des Statistischen Landesamtes zum Stichtag 1. März 2015 insgesamt 28 919 Personen als pädagogisches Personal inklusive Leitungs- und Verwaltungspersonal tätig, davon 1 274 Männer (4,4 Prozent). Im Zuge des Ausbaus der Kindertagesbetreuung wurde das Personal im pädagogischen Bereich deutlich ausgeweitet, im Vergleich zu 2006 um rund 32 Prozent. Die Zahl des männlichen Personals ist dabei etwas stärker gestiegen als die der Frauen, sodass sich der Anteil der Männer um 1,6 Prozentpunkte erhöht hat. Der Anteil der Frauen unter den hauptamtlichen Lehrkräften an Grundschulen im Schuljahr 2015/2016 beträgt 90 Prozent. Zu Frage 2: Die Personalverantwortung inklusive Auswahl des Personals für die Kindertagesstätten fällt in die umfassende Verantwortung der ca. 1 500 Einrichtungsträger im Land. Stellenausschreibungen und das Angebot von FSJ und BFD-Stellen lassen darauf schließen, dass die Träger aktiv auch männliche Bewerber ansprechen wollen. In der Öffentlichkeitsarbeit über den Beruf von Erzieherinnen und Erziehern wird seitens des Landes in Bild und Text hervorgehoben , dass in diesem Berufsfeld auch männliche Fachkräfte tätig sind (z. B. Broschüre des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur zur Aus- und Weiterbildung in sozialpädagogischen Berufen an den Fachschulen für Sozialwesen). Männlichen Bewerbern wird auf diese Weise signalisiert, dass sie in dem Berufsfeld selbstverständlich willkommen sind. Mit dem Schulversuch zur berufsbegleitenden Teilzeitausbildung von Erzieherinnen und Erziehern steht an den Fachschulen für Sozialwesen seit 2012 eine neue Ausbildungsform zur Verfügung, die insbesondere für berufserfahrene Quereinsteiger interessant ist. Wie in den etablierten Ausbildungsformen wird auch hier ein Verhältnis von 13 Prozent Männern zu 87 Prozent Frauen erreicht. Die weitere Entwicklung ist davon abhängig, inwiefern der gut angenommene Schulversuch in ein Regelangebot überführt wird. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 4. Mai 2016 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/6304 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Das Land hat Interesse daran, den Anteil der Männer unter den Lehrkräften zu erhöhen. Dafür wäre erforderlich, dass sich genügend qualifizierte männliche Bewerber finden. Tatsächlich bewerben sich für fast alle Schularten erheblich mehr Frauen als Männer in den Schuldienst. Aus diesem Grund wird im jährlich aufgelegten sogenannten Abiturientenbrief den Schülerinnen und Schülern, die sich für den Lehrerberuf interessieren, regelmäßig mitgeteilt, dass insbesondere für das Lehramt an Grundschulen gerne mehr Männer gewonnen würden. Zu Frage 3: Die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderte Studie „Männliche Fachkräfte in Kindertagesstätten “ der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin und Sinus Sociovision GmbH Heidelberg/Berlin fasst die Ergebnisse einer qualitativen und quantitativen Erhebung aus den Jahren 2008 bis 2009 zusammen. Die Studie zeigt sehr deutlich, dass die Türen der Kindertagesstätten weit geöffnet sind für männliche Fachkräfte. Die wenigen in den Kitas anwesenden männlichen Fachkräfte werden von allen Befragten als für die pädagogische Arbeit bereichernd wahrgenommen und geschätzt. Unbestritten ist unter jeweils circa 80 Prozent der Träger-Verantwortlichen und Kita-Leitungen sowie bei zwei Dritteln der Eltern, dass Erzieher und Erzieherinnen in ihrer pädagogischen Arbeit voneinander lernen können. An der Evangelischen Hochschule Dresden wurde von November 2010 bis April 2014 unter Leitung von Herrn Prof. Dr. Holger Brandes die Studie „Tandem – ein Forschungsprojekt zu Frauen und Männern in der Elementarpädagogik“ durchgeführt. Die Tandem-Studie hat in einem quasi-experimentellen Forschungssetting die Erziehungspraxis von weiblichen und männlichen Fachkräften in Kindertagesstätten erfasst und ging insbesondere der Frage nach, inwieweit sich männliche und weibliche Fachkräfte in Kitas in ihrer pädagogischen Arbeit unterscheiden. Dabei wurde festgestellt, dass sich männliche Fachkräfte unter fachlichen Gesichtspunkten und auch im Interaktionsstil gegenüber Jungen und Mädchen kaum von ihren Kolleginnen unterscheiden. Sie greifen aber zu anderen Materialien und sprechen damit auch andere Interessen der Kinder an. Hiervon dürften insbesondere Jungen profitieren, weil ihre Präferenzen in hohem Maße mit denen der männlichen Fachkräfte übereinstimmen. Aber auch Mädchen gewinnen durch die hierdurch gegebene größere Vielfalt, insofern sie ihnen andere Perspektiven eröffnet. Bezogen auf den Schulbereich befasst sich eine Vielzahl von Forschungsarbeiten mit vielschichtigen Aspekten (soziologisch, psychologisch , pädagogisch) bzw. möglichen Auswirkungen der von Frauen dominierten Berufssparte auf die unterrichteten Kinder. Helbig (2011) z. B. stellt auf der Grundlage neuerer Forschungsergebnisse fest, dass es offen bleibt, ob z. B. Leistungsschwächen von Jungen durch eine größere Präsenz männlicher Lehrpersonen wirklich aufgefangen werden könnten. Auch gibt es inzwischen mehrere internationale empirische Studien, die die Feminisierung der Schule im Hinblick auf den Bildungserfolg von Jungen und Mädchen untersucht haben. Diese kamen zum großen Teil zu dem Ergebnis, dass Jungen und Mädchen in ihrer Kompetenzentwicklung nicht von einer gleichgeschlechtlichen Lehrkraft profitieren. Irene Alt Staatsministerin