Drucksache 16/6306 20. 04. 2016 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Matthias Lammert (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz Inhaftierte in den rheinland-pfälzischen Justizvollzugsanstalten Die Kleine Anfrage 4127 vom 29. März 2016 hat folgenden Wortlaut: 1. Wie hoch beträgt der Anteil von Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit, die zurzeit in rheinland-pfälzischen Justizvollzugsanstalten inhaftiert sind (bitte auflisten nach Staatsangehörigkeiten und einzelnen Justizvollzugsanstalten)? 2. Wie viele Strafgefangene besitzen neben der ausländischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit? 3. Wie hoch ist der Anteil der Strafgefangenen, die suchtgefährdet sind (bitte auflisten nach JVA)? 4. Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen, um ausländische Strafgefangene zur Strafverbüßung in das jeweilige Heimatland zu überstellen, wo bestehen Probleme rechtlicher bzw. faktischer Art? 5. Wie viele ausländische Strafgefangene wurden in den letzten zehn Jahren in das jeweilige Heimatland überstellt (bitte auflisten nach Jahren und Staatsangehörigkeit)? 6. In wie vielen Fällen wurde seit dem 1. Januar 2011 erfolglos versucht, Personen abzuschieben, weil diese z. B. randaliert hatten bzw. dies androhten (bitte aufgegliedert nach Anzahl, Jahr und Staatsangehörigkeit)? 7. In wie vielen Fällen wurden seit dem 1. Januar 2011 ausreisepflichtige Personen allein oder in Kleingruppen (bis zehn Personen) mit Charterflugzeugen in das jeweilige Heimatland abgeschoben, welche Kosten fielen in diesen Fällen an (bitte aufgliedern nach Anzahl, Monat und Staatsangehörigkeit)? Das Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 20. April 2016 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Am 31. März 2016 befanden sich 846 Personen in den rheinland-pfälzischen Justizvollzugseinrichtungen, die eine ausländische Staatsangehörigkeit haben. Dies entspricht einem prozentualen Anteil von 26,01 Prozent. Die Auflistung der Anzahl der Personen, getrennt nach Staatsangehörigkeiten und Justizvollzugsanstalten kann der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Die Daten beziehen sich auf den Stichtag 31. März 2016. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 4. Mai 2016 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/6306 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 2 Nationalität JS A S ch if fe rs ta d t JS A W it tl ic h JV A D ie z JV A F ra n k en th al JV A K o b le n z JV A L u d w ig sh af en JV A R o h rb ac h JV A T ri er JV A W it tl ic h JV A Z w ei b rü ck en Gesamtergebnis Afghanistan 1 2 3 6 Ägypten 1 1 1 3 Albanien 4 3 3 6 6 8 4 2 36 Algerien 1 2 4 1 1 3 3 15 Armenien 3 3 Aserbaidschan 3 3 Belgien 1 1 1 3 Brasilien 1 1 1 3 Bulgarien 3 8 5 3 2 5 2 28 Dominikanische Republik 2 2 Ecuador 1 1 Estland 1 1 Frankreich 2 2 1 6 6 3 20 Georgien 2 3 6 4 10 5 30 Ghana 1 1 2 Griechenland 2 2 2 3 9 Guinea 1 1 2 Indien 1 1 Irak 1 3 1 2 2 2 11 Italien 1 4 12 6 5 4 32 Jamaika 1 1 Jordanien 1 1 2 Kamerun 1 1 2 Kasachstan 2 1 2 1 6 Kenia 1 1 Kongo, Republik 1 1 2 Kosovo 1 4 6 8 3 4 2 8 3 39 Kroatien 1 1 1 3 3 1 1 11 Lettland 2 1 1 4 Libanon 1 2 2 3 8 Litauen 3 1 3 8 1 2 18 Luxemburg 3 1 2 3 9 Marokko 1 2 5 3 1 6 1 1 20 Mauretanien 1 1 Moldau, Republik 2 1 3 Montenegro 1 3 1 1 1 7 Niederlande 3 2 4 2 1 2 1 15 Nigeria 1 2 1 4 Norwegen 1 1 Österreich 3 1 4 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/6306 3 Nationalität JS A S ch if fe rs ta d t JS A W it tl ic h JV A D ie z JV A F ra n k en th al JV A K o b le n z JV A L u d w ig sh af en JV A R o h rb ac h JV A T ri er JV A W it tl ic h JV A Z w ei b rü ck en Gesamtergebnis Pakistan 1 1 Palästinensische Gebiete 1 1 Polen 3 2 19 6 1 11 9 9 7 67 Portugal 1 2 1 4 Rumänien 3 2 7 22 18 30 2 13 7 104 Russische Föderation 3 1 4 1 3 1 13 Russland 1 1 Serbien 3 1 2 6 3 2 2 8 1 28 Serbien und Montenegro 1 1 2 Sierra Leone 1 1 Slowakei 2 2 Somalia 3 1 4 2 1 2 13 Spanien 1 1 2 1 1 6 Staatenlos 1 1 1 1 4 Südafrika 1 1 Tadschikistan 1 1 Tunesien 3 1 1 1 1 7 Türkei 16 9 17 32 9 2 21 1 14 13 134 Ukraine 3 3 Ungarn 1 1 ungeklärt 2 1 2 5 Vereinigte Staaten/USA 2 1 1 2 6 Vietnam 1 2 1 4 8 Eritrea 1 1 Mexiko 1 1 Tschechische Republik 1 1 Namibia 1 1 Israel 1 1 Kirgisistan 1 1 Thailand 1 1 2 Senegal 3 3 Iran, Islamische Republik 1 3 1 1 2 2 10 Syrien, Arabische Republik 1 3 2 1 1 5 13 Bosnien und Herzegowina 3 3 4 1 2 13 Mazedonien, ehem. jugoslawische Republik 1 4 1 1 1 3 1 12 Vereinigtes Königreich 1 2 1 4 Belarus 1 1 Gesamtergebnis 44 33 114 156 76 5 152 57 140 69 846 Drucksache 16/6306 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu Frage 2: Zu dieser Frage können keine Angaben gemacht werden. Hierzu liegen keine Daten vor. Zu Frage 3: Daten zur Suchtbelastung der Inhaftierten werden jährlich zum Stichtag 31. März erhoben. Eine Auswertung der Daten liegt für den 31. März 2015 vor. Demnach waren insgesamt 3 214 Gefangene (2 994 Männer, 220 Frauen) in den Justizvollzugs- und Jugendstrafanstalten inhaftiert. Davon wurden insgesamt 1 891 Gefangene (58,8 Prozent) als suchtgefährdet oder süchtig ausgewiesen . Als suchtgefährdet wurden 784 Inhaftierte (24,4 Prozent) und als süchtig 1 107 Inhaftierte (34,4 Prozent) eingestuft. Die Verteilung der Anteile in den Justizvollzugseinrichtungen kann nachfolgender Tabelle entnommen werden: Frage 4: Eine Überstellung ausländischer Gefangener zur weiteren Strafverbüßung in deren Heimatland ist auf der Grundlage des Übereinkommens über die Überstellung verurteilter Personen vom 21. März 1983 (BGBl. 1991 II S. 1006, im Folgenden Überstellungsübereinkommen ) nebst Zusatzprotokoll vom 18. Dezember 1997 hierzu, auf der Grundlage des Rahmenbeschlusses 2008/909/JI des Rates vom 27. November 2008 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, für die Zwecke ihrer Vollstreckung in der Europäischen Union (BGBl. 2015 I S. 1349, im Folgenden Rahmenbeschluss Freiheitsstrafen) sowie auf der Grundlage des Vertrags vom 26. Mai 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Thailand über die Überstellung von Straftätern und über die Zusammenarbeit bei der Vollstreckung von Strafurteilen (BGBl. 1995 II S. 1010) möglich. Das Überstellungsübereinkommen ist für 46 der 47 Mitgliedstaaten des Europarates (Ausnahme Monaco) sowie für 18 Nichtmitgliedstaaten in Kraft, darunter die Vereinigten Staaten von Amerika, Kanada, Australien und Japan, das Zusatzprotokoll, das die Überstellung gegen den Willen des Verurteilten ermöglicht, für 36 Europaratsstaaten. Den Rahmenbeschluss Freiheitsstrafen haben außer Bulgarien, Irland und Portugal alle Mitgliedstaaten der EU umgesetzt. Die nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) ferner auch mögliche Vollstreckungshilfe auf vertragloser Grundlage hat daneben keine praktische Bedeutung. Das Verfahren nach dem Überstellungsübereinkommen hat sich grundsätzlich bewährt, ist aber im Hinblick auf seine formalen Anforderungen regelmäßig zeit- und arbeitsaufwändig. Das gilt für die Erstellung und Beschaffung der einem Ersuchen beizufügenden Unterlagen, aber auch für das Prüfungs- und Anerkennungsverfahren im ersuchten Heimatstaat, das abhängig von der dortigen rechtlichen Ausgestaltung mehrere Monate in Anspruch nehmen kann. In Einzelfällen kann daher infolge des Zeitablaufs der Zeitpunkt der vorzeitigen Haftentlassung des Verurteilten zur Bewährung oder aufgrund anderer Verfahrensnormen (beispielsweise nach § 456 a der Strafprozessordnung bei Ausweisung des Verurteilten aus dem Bundesgebiet) erreicht werden, bevor es zu einer Überstellung kommt. Weitere Gründe, die einer Überstellung entgegenstehen können, sind: – Der ausländische Gefangene erteilt seine nach dem Übereinkommen zwingend erforderliche Zustimmung nicht. Tatsächlich äußert die Mehrzahl der ausländischen Gefangenen keinen Überstellungswunsch, etwa weil sie die Vollzugsbedingungen in Deutschland vorziehen, hier ihren Lebensmittelpunkt und nur noch geringen Bezug zu ihrem Heimatland haben. Im Verhält- 4 Justizvollzugsanstalt/ Jugendstrafanstalt Anteil suchtgefährdeter Inhaftierter Anteil süchtiger Inhaftierter Diez 40,7 % 24,1 % Frankenthal 9,3 % 35,0 % Koblenz 23,5 % 22,9 % Ludwigshafen 32,7 % 9,1 % Rohrbach 17,3 % 43,4 % Schifferstadt 18,4 % 54,1 % Trier 31,1 % 41,8% Wittlich (JSA) 53,2 % 36,9 % Wittlich (JVA) 17,3 % 32,2 % Zweibrücken 23,6 % 33,2 % Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/6306 nis zu einzelnen Staaten ist auch eine Überstellung gegen den Willen des Verurteilten möglich. Dies erfordert aber eine bestandskräftige Ausweisungsverfügung wegen der der zu vollstreckenden Entscheidung zugrunde liegenden Straftat sowie eine Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Zulässigkeit der Vollstreckung im ausländischen Staat, in der unter dem Aspekt des Grundrechtsschutzes unter anderen auch die Haftbedingungen und die rechtlichen und tatsächlichen Vollstreckungsregelungen in dem jeweiligen Staat zu berücksichtigen sind. Überstellungen gegen den Willen der Verurteilten sind theoretisch möglich im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, mit Ausnahme von Bulgarien, Irland und Portugal sowie außerhalb der EU im Verhältnis zu Georgien, Island, Liechtenstein, Mazedonien, der Republik Moldau, Montenegro, der Russischen Föderation, San Marino, der Schweiz, Serbien und der Ukraine. – Die Vollstreckungsbehörde gibt bei ihrer Einzelfallabwägung, ob ein Vollstreckungshilfeersuchen angeregt werden soll, den im öffentlichen Interesse liegenden generalpräventiven Strafzwecken den Vorrang vor dem mit dem Übereinkommen verfolgten Zweck der Förderung der Wiedereingliederung des Verurteilten in seinem Heimatstaat. Dies hängt auch damit zusammen, dass die Strafzumessungs- und Strafvollstreckungspraxis in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ist und teilweise deutlich von der deutschen Praxis abweicht, indem beispielsweise der Zeitpunkt einer vorzeitigen Entlassung wesentlich früher erreicht wird, was zu einer nicht gerechtfertigten Besserstellung des Verurteilten führen würde. Das Verfahren nach dem Rahmenbeschluss Freiheitsstrafen ist dem Verfahren nach dem Überstellungsübereinkommen, das für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auch insoweit durch den Rahmenbeschluss ersetzt wird, im Wesentlichen nachgebildet , ergänzt um Anhörungs- und Belehrungspflichten sowie teilweise eigene formelle Antragsrechte und Rechtsmittelmöglichkeiten der Betroffenen. Erkenntnisse zu rechtlichen oder faktischen Problemen insoweit liegen dem Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz jedoch (noch) nicht vor, da der Rahmenbeschluss für Deutschland erst seit dem 25. Juli 2015 in Kraft gesetzt ist und sich der Vollstreckungshilfeverkehr auf dieser Grundlage zudem unmittelbar zwischen ausländischen und deutschen Justizbehörden vollzieht und diese dem Ministerium erst nach Abschluss der Überstellungsverfahren berichten müssen. Frage 5: In der Annahme, dass nur Angaben zu den Überstellungen in ausländische Staaten zur weiteren Strafverbüßung erbeten sind (vgl. Frage 4), ergibt sich die Zahl dieser Überstellungen (nach Jahren und Staatsangehörigkeit) aus der nachfolgenden Übersicht. Anzumerken ist, dass die Zusammenstellung für das Jahr 2015 nur bedingt Aussagekraft hat, da sich der Vollstreckungshilfeverkehr mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union seit dem 25. Juli 2015 auf der Grundlage des Rahmenbeschlusses Freiheitsstrafen vollzieht und dem Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz seitdem keine statistischen Angaben mehr vorliegen, da die Zuständigkeit insoweit auf die Vollstreckungsbehörden übergegangen ist. 5 Jahr Nationalität Zahl der überstellten Personen 2006 niederländisch 4 französisch 1 2007 niederländisch 9 französisch 2 slowenisch 1 kroatisch 1 türkisch 1 belgisch 1 dänisch 1 2008 niederländisch 4 spanisch 1 türkisch 1 2009 niederländisch 5 rumänisch 1 polnisch 1 italienisch 1 bulgarisch 1 2010 niederländisch 2 polnisch 1 Jahr Nationalität Zahl der überstellten Personen 2011 niederländisch 6 rumänisch 4 polnisch 1 2012 niederländisch 10 britisch 2 2013 niederländisch 1 rumänisch 3 italienisch 2 spanisch 1 2014 niederländisch 6 rumänisch 2 italienisch 1 schweizerisch 1 2015 niederländisch 3 bulgarisch 1 spanisch 1 schwedisch 1 Drucksache 16/6306 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu Frage 6: Eine Beantwortung der Frage ist nur eingeschränkt möglich. Von den befragten 36 rheinland-pfälzischen Ausländerbehörden haben 19 Behörden Fehlanzeige gemeldet. Sechs Behörden teilten mit, dass sie hierzu keine Angaben machen können, da keine Statistiken geführt werden bzw. die Auswertung der einzelnen Akten wäre mit einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand verbunden, weshalb darauf verzichtet wurde. Bei elf Ausländerbehörden kam es zu erfolglosen Abschiebungen, wovon drei Behörden mitteilten, dass sie keine Angaben zu den zurückliegenden Jahren 2011 bis 2014 machen können. Die Meldungen können der Tabelle entnommen werden: Zu Frage 7: Eine Beantwortung der Frage ist nur eingeschränkt möglich. Von den befragten 36 rheinland-pfälzischen Ausländerbehörden haben 26 Behörden Fehlanzeige gemeldet. Acht Behörden haben mitgeteilt, dass sie hierzu keine Angaben machen können, da keine Statistiken geführt werden bzw. die Auswertung der einzelnen Akten wäre mit einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand verbunden, weshalb darauf verzichtet wurde. Zwei Behörden haben Abschiebungen mit Charterflugzeug gemeldet, siehe Tabelle : Die Abschiebungskosten in 3/2016 sind wegen den besonderen Umständen des Einzelfalls außergewöhnlich hoch, da wegen Widerstandshandlungen ein Abschiebeversuch trotz Sicherheitsbegleitung in Paris abgebrochen werden musste und erst der zweite Abschiebeversuch mit erheblicher Sicherheitsbegleitung im Rahmen eines Kleincharters erfolgreich durchgeführt werden konnte. Darüber hinaus befand sich der Betroffene für ca. zwei Monate in Abschiebungshaft. Prof. Dr. Gerhard Robbers Staatsminister 6 Jahr Anzahl der Personen Staatsangehörigkeit/ Herkunftsland 2011 1 Guinea 2012 1 Tunesien 2013 2 Russland, Somalia 2014 6 Syrien (4), Somalia (2) 2015 10 Russland (1), Eritrea (1), Syrien (1), Mazedonien (1), Guinea (1), Albanien (5) Monat/Jahr Anzahl der Personen Staatsangehörigkeit/ Herkunftsland Kosten 5/2015 2 Serbien 1 759,48 Euro 3/2016 1 Guinea 41 535,83 Euro