Drucksache 16/6329 04. 05. 2016 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Matthias Lammert (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Neutralitätspflicht Beamtinnen und Beamte Die Kleine Anfrage 4151 vom 12. April 2016 hat folgenden Wortlaut: Beamtinnen und Beamte sind bei der Wahrnehmung ihres Amtes zur strikten Neutralität verpflichtet. Nach dem verfassungsrechtlichen Prinzip der freien Wahl müssen die Wählerinnen und Wähler in einem freien und offenen Prozess der Meinungsbildung ohne jede unzulässige Beeinflussung von staatlicher Seite zu ihrer Wahlentscheidung finden können. Das Gebot der freien Wahl unter sagt es staatlichen Organen daher, sich in amtlicher Funktion vor Wahlen mit politischen Parteien oder Wahlbewerberinnen bzw. Wahlbewerbern zu identifizieren und sie als Amtsträger zu unterstützen. Wahlempfehlungen zugunsten einer Partei oder einer Wahlbewerberin bzw. eines Wahlbewerbers, die ein Beamter in amtlicher Eigenschaft abgibt, verstoßen gegen die Plicht der Beam - tinnen und Beamten, bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Gesamtheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt. Beamtinnen und Beamten ist die politische Betätigung zwar nicht verboten, jede Art der Wahlbeeinflussung durch Behörden und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist jedoch unzulässig. Dabei kommt es vor allem auf die Umstände des Einzelfalls an, wobei schon der Anschein der Parteilichkeit vermieden werden muss. In der Ausgabe 10/2016 vom 10. März 2016 der Zeitung „Blick aktuell“ unterstütze die Vizepräsidentin der Aufsichtsund Dienstleistungsdirektion (ADD) unter ausdrücklicher Nennung ihrer Amtsbezeichnung die Wahl der Ministerpräsidentin. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie bewertet die Landesregierung die genannten Meinungsäußerung, insbesondere mit Blick auf die den Beamtinnen und Beamten auferlegte Neutralitätsplicht nach § 33 Beamtenstatusgesetz? 2. Sieht die Landesregierung durch die genannte Meinungsäußerung die Gefahr des Anscheins einer parteiischen Amtsführung begründet ? Wenn nein, warum nicht? 3. Welche dienstrechtlichen oder sonstigen Konsequenzen zieht die Landesregierung hieraus? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 2. Mai 2016 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Für Beamtinnen und Beamte gilt das in § 33 Abs. 1 Satz 2 Beamtenstatusgesetz ver ankerte Neutralitätsgebot sowie das in § 33 Abs. 2 Beamtenstatusgesetz statuierte Gebot politischer Mäßigung und Zurückhaltung. Nach diesen Vorschriften haben Be amtinnen und Beamte ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Sie haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt. Jedoch gilt auch für Beamtinnen und Beamte die Meinungsfreiheit aus Artikel 5 Abs. 1 des Grundgesetzes. Nach der einschlägigen Rechtsprechung (vgl. beispielhaft Be schluss des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom 21. Mai 2014, Az.: VGH A 39/14) ist es dementsprechend nicht ausgeschlossen, dass sich staatliche und kom munale Amtsträger nicht nur als Wähler an der Wahl beteiligen , sondern sich in ihrer Eigenschaft als Bürger im Wahlkampf äußern. Sie dürfen sich folglich aktiv am Wahl kampf mit Auftritten , Anzeigen oder Wahlaufrufen beteiligen. Die Neutralitätspflicht wird allerdings dann überschritten, wenn in amtlicher Eigenschaft Wahlempfehlungen zugunsten einer Partei oder einer Wahlbewerberin oder eines Wahlbewerbers abge geben werden. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 31. Mai 2016 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/6329 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Eine amtliche Äußerung liegt regelmäßig dann vor, wenn sie ausdrücklich in einer amtlichen Eigenschaft abgegeben worden ist oder wenn sich aus anderen Umständen ergibt, dass die Äußerung im Wahlkampf amtlichen Charakter hat. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen im Einzelnen wie folgt: Zu Frage 1: Wie oben ausgeführt, gewährleistet Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz grundsätzlich eine außerdienstliche Meinungsäußerung einer Landesbeamtin oder eines Landesbeamten zu politischen Fragen. Das Recht zur Nennung der Amtsbezeichnung auch im privaten Bereich ist darüber hinaus von den Beamtenstatusrechten geschützt. Die Nennung oder Hervorhebung der Amtsträgereigenschaft als solche stellt keine Verletzung des Neutralitätsgebotes dar, weil die bloße Verwendung der Amtsbezeich nung einen sonst privaten Charakter einer Äußerung nicht ohne Weiteres aufhebt. Dies ist hier der Fall. In der Anzeige „Frauen für Malu“ in der Ausgabe 10/2016 der Zeitschrift „Blick aktuell“ ist unter der Überschrift „Wir unterstützen Malu Dreyer“ – ne ben Bildern, Namen und Berufsangaben von weiteren acht Personen – das Bild der Amtsträgerin mit dem Namen und in geringerer Schriftgöße der Amtsbezeichnung zu erkennen. Weitergehende politische Aussagen enthält die Anzeige nicht. Der Schrift zug „Vizepräsidentin ADD“ tritt hinter die gesamten Bilddarstellungen deutlich zurück und wird demzufolge nicht oder nur in geringem Maße wahrgenommen. Die Amtsträ gerin hat damit nicht in erkennbarer Weise ausdrücklich ihre amtliche Eigenschaft her vorgehoben und ist mithin auch nicht in amtlicher Funktion aufgetreten. Auch aus dem Inhalt der Anzeige kann nicht geschlossen werden, dass die Nennung der Amtsbe zeichnung einer Wahlempfehlung Nachdruck verleihen sollte. Zudem ist die Veröffent lichung der Anzeige nicht in einer amtlichen Publikation erfolgt. Zu Frage 2: Hierzu verweise ich auf die Antwort zu Frage 1. Die vermutete Gefahr des Anscheins einer parteiischen Amts führung ist unbegründet . Zu Frage 3: Keine. In Vertretung: Günter Kern Staatssekretär