Drucksache 16/762 30. 12. 2011 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 12. Januar 2012 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Andreas Hartenfels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Kostenumlage bei der Oberflächenwasserbeseitigung Die Kleine Anfrage 525 vom 15. Dezember 2011 hat folgenden Wortlaut: Bezüglich der Umlage der Kosten der Oberflächenwasserbeseitigung sind folgende Möglichkeiten zulässig: a) ein wiederkehrender Beitrag, b) eine Niederschlagswassergebühr oder c) die Kombination aus 1. wiederkehrendem Beitrag und 2. Gebühr. Durch die Zahlungen von wiederkehrenden Beiträgen, abhängig von der Grundstücksgröße und unabhängig von deren tatsäch licher Überbauung, Versiegelung oder gar Erschließung, fühlen sich zahlreiche Grundstücksbesitzer ungerecht behandelt. Auch fehlt bei einer solchen Vorgehensweise ein Anreiz zur Vermeidung von Niederschlagswasser, das der Kanalisation zugeführt wird. Als Argument für die wiederkehrenden Beiträge führen viele Kommunen die Vorhaltekosten für die Kanalisation an, die unabhängig von der tatsächlichen Nutzung bzw. Auslastung existieren. Dazu frage ich die Landesregierung: 1. Wie ist die Praxis in den rheinland-pfälzischen Verbandsgemeinden bezüglich der Anwendung dieser Kostenumlagen? 2. Wie beurteilt die Landesregierung die Vor- und Nachteile der beiden Möglichkeiten a und b? 3. Was empfiehlt die Landesregierung hinsichtlich der Ausgestaltung der Umlage (Präferenz von a, b oder c bzw. Verhältnis zwi- schen Beitrag und Gebühr bei der Bemessung der Umlage bei Möglichkeit c) insbesondere hinsichtlich einer ökologischen Steuerung im Sinne der Vermeidung von Abwasser (siehe § 7 KAG)? 4. Wie werden solche Empfehlungen den Kommunen vermittelt? 5. Gibt es Gemeinden, die keine wiederkehrenden Beiträge erheben und bei denen die Umlage für die Oberflächenentwässerung ausschließlich auf Grad und Umfang der versiegelten und tatsächlich an die Kanalisation angeschlossenen Flächen bzw. Dachflächen beruht? 6. Wie sind die Erfahrungen in diesen Gemeinden hinsichtlich des Vollzugs, der Datenaktualisierung und der Gebührenentwicklung ? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 30. Dezember 2011 wie folgt beantwortet: Zu den Fragen 1, 5 und 6: Die Beantwortung der Fragen eins, fünf und sechs erfordert eine Umfrage bei allen Trägern der Abwasserbeseitigung, die innerhalb der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung ste henden Frist nicht durchgeführt werden kann. Zu Frage 2: Beiträge werden, anders als Benutzungsgebühren, als Gegenleistung von demjenigen erhoben, dem durch die Möglichkeit der Inan - spruchnahme einer öffentlichen Einrich tung ein Vorteil entsteht. Beitragspflichtig sind damit auch die Grundstückseigentümer unbe bauter Grundstücke. Zu Gebühren können dagegen nur die Grundstückseigen tümer herangezogen werden, deren Grundstücke Drucksache 16/762 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode an die Abwasserbeseitigungsein richtung angeschlossen sind und die das auf ihren Grundstücken anfallende Oberflä chenwasser der Abwasserbeseiti gungseinrichtung zuführen. Bei einer Beitragsfinan zierung ist der Kreis der Zahlungspflichtigen größer, sodass die Belastung je Grund stück gegenüber einer Gebührenfinan zierung sinkt. Die Landesregierung ist daher der Auffassung, dass bei keiner dieser beiden Entgeltsarten Vor- oder Nachteile überwie gen. Zu Frage 3: Die Entscheidung, welche Finanzierungsart gewählt wird, ist auf Grund des verfas sungsrechtlich garantierten Selbstverwaltungsrechts von den Gemeinden unter Be rücksichtigung der jeweiligen örtlichen Verhältnisse eigen verantwortlich zu treffen. Dabei sind die von der Rechtsprechung aus dem Äquivalenzprinzip und dem Gleich heitsgrundsatz entwickelten Grundsätze zu beach ten. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 16. September 1981 (KStZ 1982, S. 69) entschieden, dass wegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes Beiträge erhoben werden müssen, wenn der Anteil der nicht angeschlossenen, aber bebaubaren Grundstücke, für die keine Gebührener hebung möglich ist, über einen Zeitraum von etwa vier Jahren mehr als 20 % der gesamten über einen Beitrag erfassbaren Grundstücke ausmacht und die Gebühren finanzierung zu einer Mehrbelastung der Gebührenpflichtigen um mehr als 10 % führt. Zu Frage 4: In dem Einführungsrundschreiben vom 20. Juni 1995 (MinBl. S. 197) zum Kommunalabgabengesetz 1996 wurde den Gemeinden vom damaligen Ministerium des Innern und für Sport unter Nr. 2 zu § 7 empfohlen, soweit es die zuvor erwähnte Rechtsprechung zulässt, die Kosten für die Oberflächenwasserbeseitigung ganz oder teilweise durch Benutzungsgebühren zu finanzieren, da nur durch Benutzungsgebühren finanzielle Anreize für eine Entfestigung und Entsiegelung geschaffen werden können. In Vertretung: Jürgen Häfner Staatssekretär