Drucksache 16/818 18. 01. 2012 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 23. Januar 2012 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Andreas Hartenfels und Jutta Blatzheim-Roegler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Militärflugverkehr auf der Air Base Ramstein I Die Kleine Anfrage 514 vom 9. Dezember 2011 hat folgenden Wortlaut: Die Region Kaiserslautern/Westricher Moorniederung/Sickinger Höhe ist übermäßig stark von Militärflugverkehr belastet. Neben dem An- und Abflug auf die Air Base Ramstein ist die Region durch die Übungsflugzone TRA (Temporary Reserved Airspace ) Lauter und die Radarflugübungen an der POLYGONE Bann bei Landstuhl gleich durch drei militärische Einrichtungen ein landesweiter Schwerpunkt von Belastungen durch Flugverkehr. Neben der Lärmproblematik kommen Schadstoffbelastung (z. B. durch Treibstoffe, Düppelmaterial) und Strahlenbelastung (durch Radar) hinzu, mit möglicherweise gesundheitlichen Folgen für die dort ansässige Bevölkerung. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Liegen der Landesregierung die aktuellen Zahlen der An- und Abflüge an der Air Base Ramstein in der TRA Lauter und an der Polygone Bann vor und wie haben sich diese in den vergangenen fünf Jahren entwickelt (unterteilt nach Nationen)? 2. Ist es nach Kenntnis der Landesregierung zutreffend, dass im Bereich der TRA Lauter Flugzeuge in der Luft betankt werden? Wie häufig geschieht dies und wie sind die Verlustmengen an Treibstoff, der hier unverbrannt in die Umwelt geraten? 3. Welche Bestandteile und Zusatzstoffe enthalten nach Kenntnis der Landesregierung militärisch genutzte Treibstoffe (z. B. im Gegensatz zu Treibstoffen in der zivilen Luftfahrt) und wie werden die gesundheitlichen Risiken eingeschätzt – sofern möglich unterteilt nach a) regelmäßiger Flugbetrieb, b) direkte Abgabe in den Luftraum, z. B. durch Betankung in der Luft (s. o.), und c) Start und Landung sowie Warmlaufenlassen am Boden? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 16. Januar 2012 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Zuständigkeit für alle Belange der Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland liegt nach Art. 87 a, 87 b GG ausschließlich beim Bund, d. h. bei den Behörden der Bundeswehr und der Wehrverwaltung. Ebenso werden die hoheitlichen Aufgaben der Luftaufsicht für den militärischen Flugbetrieb auch in Bezug auf die hier stationierten ausländischen Streitkräfte ausschließlich durch Dienststellen der Bundeswehr wahrgenommen (§ 30 Abs. 2 LuftVG). Demzufolge verfügt die Landesregierung zu den gestellten Fragen über keine Kenntnisse aus eigener Zuständigkeit. Die Antworten beruhen daher auf Angaben des Bundesministeriums der Verteidigung. Zu Frage 1: Die Verkehrszahlen der Militärflugplätze werden zentral durch das Amt für Flugsicherung in der Bundeswehr erfasst. Eine Differenzierung nach Nationen erfolgt dabei nicht. Die An- und Abflüge auf dem Flugplatz Ramstein verteilen sich über die letzten fünf Jahre wie folgt: Jahr 2007 2008 2009 2010 2011 *) An- und Abflüge 18 722 18 739 19 644 17 882 10 026 *) Stand: 30. November 2011. Drucksache 16/818 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Eine detaillierte statistische Erfassung der Übungsflüge (Einsätze) in der TRA Lauter erfolgt erst seit 2009 in einer hierfür eigens erstellten Datenbank. In den Jahren davor wurden lediglich Buchungszeiten statistisch erfasst, die jedoch keine belastbare Aussage über die tatsächliche Nutzung zulassen. Vergleichbare Datensätze liegen daher nur für die letzten drei Jahre vor: Der Deutsche Anteil der trinationalen Übungseinrichtung POLYGONE (Deutschland, Frankreich, USA) erstreckt sich über eine Fläche von 5 600 km2 und stützt sich auf vier ständig belegte Stellungsbereiche ab (Bann A, Bann B, Oberauerbach, Pirmasens). Die Nutzung des gesamten Übungsgebietes (inklusive des Französischen Anteils) POLYGONE wird statistisch anhand von sogenannten Übungsblöcken (Nutzungsdauer maximal 20 Minuten) erfasst. Die nach einzelnen Nationen aufgeschlüsselte Nutzung über die letzten fünf Jahre ergibt sich aus der folgenden Tabelle: Zu Frage 2: Im Luftraum der TRA Lauter befinden sich zwei Luftbetankungsgebiete. Die in diesen Gebieten durchgeführten Luftbetankungseinsätze werden seit 2010 als gesonderte Einsätze ausgewiesen und somit statistisch auswertbar erfasst. Im Jahr 2010 wurden 84 Luftbetankungseinsätze und im Jahr 2011 bisher 19 Einsätze (Stand: 31. Oktober 2011) durchgeführt. Die technische Auslegung der genutzten Betankungssysteme ermöglicht einen verlustfreien Betankungsvorgang. Aus Sicherheitsgründen muss Kraftstoffverlust während des Betankungsvorganges ausgeschlossen werden. Der Kraftstoff wird erst nach Herstellung einer sicheren Verbindung beider Luftfahrzeuge vom Tanker in das Empfänger-Luftfahrzeug gepumpt. In seltenen Fällen kann es zur Beschädigung des Betankungssystems mit Austritt von geringen Kraftstoffmengen kommen. Das dabei eventuell austretende Kerosin wird infolge der hohen Fluggeschwindigkeit und der Verwirbelung so fein im Luftraum verteilt, dass der weitaus größte Anteil bereits vor Erreichen der Erdoberfläche verdunstet (Kerosin ist ein komplexes Kohlenwasserstoffgemisch mit einem Siedebereich von 160° bis 300° C). In großen Flughöhen (mehr als 1 500 m) austretendes Kerosin stellt nach Untersuchungen des TÜV Rheinland von 1992 und Studien des National Research Council in Kanada keine Gefährdung der Bevölkerung dar (siehe auch Bundestagsdrucksache 13/6938 vom 13. Februar 1997). Zu Frage 3: Der Flugturbinenkraftstoff JP8 (NATO-Code F-34) wird aus dem weltweit zivil genutzten Flugturbinenkraftstoff Jet A-1 durch Zusatz von einem Additiv zur Verhinderung von Eis- und Flockenbildung bei niedrigen Temperaturen und einem Additiv zum Korrosionsschutz hergestellt. Die beiden Additive – es handelt sich um handelsübliche Produkte – sind der sogenannten „Fuel Sys - tem Icing Inhibitor“ (FSII) mit einem Gewichtsprozentsatz zwischen 0,10 und 0,15 Prozent und der „Corrosion Inhibitor/Lubricity Improver“ mit einem Anteil zwischen 4 bis 8 g/m³ im JP8. Im Ergebnis ist das von JP8 ausgehende Gefährdungspotenzial chemi - kalienrechtlich nicht anders eingestuft als dasjenige des weltweit zivil genutzten Flugturbinenkraftstoffs Jet A-1, dessen Unbedenk - lichkeit durch zahlreiche Gutachten für den Betrieb ziviler Flughäfen belegt ist. Roger Lewentz Staatsminister Einsätze pro Nation und Kalenderjahr 2009 2010 2011 *) Belgien 34 7 10 Frankreich 5 0 2 Großbritannien 2 4 1 Italien 14 0 4 Niederlande 4 1 2 USA 580 826 524 NATO 4 5 5 Deutschland 377 397 70 Gesamt 1 020 1 240 618 *) Stand: 31. Oktober 2011. Übungsblöcke pro Nation und Kalenderjahr 2007 2008 2009 2010 2011 *) Deutschland 892 900 861 904 875 Frankreich 136 84 96 80 69 USA 584 550 279 420 73 Belgien 43 34 43 35 35 NATO 41 25 30 3 25 Norwegen 7 5 0 3 0 Niederlande 6 72 2 6 0 Großbritannien 3 0 6 0 0 Schweiz 8 4 3 5 0 Italien 127 155 41 36 25 Gesamt 1 847 1 829 1 361 1 492 1 102 *) Stand: 20. Dezember 2011.