Drucksache 16/819 18. 01. 2012 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 31. Januar 2012 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Andreas Hartenfels und Jutta Blatzheim-Roegler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Militärflugverkehr auf der Air Base Ramstein II Die Kleine Anfrage 515 vom 9. Dezember 2011 hat folgenden Wortlaut: Die Region Kaiserslautern/Westricher Moorniederung/Sickinger Höhe ist übermäßig stark von Militärflugverkehr belastet. Neben dem An- und Abflug auf die Air Base Ramstein ist die Region durch die Übungsflugzone TRA (Temporary Reserved Airspace) Lauter und die Radarflugübungen an der Polygone Bann bei Landstuhl gleich durch drei militärische Einrichtungen ein landes weiter Schwerpunkt von Belastungen durch Flugverkehr. Neben der Lärmproblematik kommen Schadstoffbelastung (z. B. durch Treibstoffe, Düppelmaterial) und Strahlenbelastung (durch Radar) hinzu, mit möglicherweise gesundheitlichen Folgen für die dort ansässige Bevölkerung. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Welche Materialen werden nach Information der Landesregierung als sogenannte Düppelmaterialien bei Radarflugübungen ein- gesetzt, welche Mengen im Bereich der Polygone Bann emittiert und wie sieht die gesundheitliche und umweltrelevante Einschätzung der Landesregierung aus? 2. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, inwieweit Übungsflüge durch die Ausbildung an Flugsimulatoren ersetzt werden und aus welchen Gründen ist dies bei den noch stattfindenden Übungsflügen nicht möglich? 3. Gibt es Bestrebungen der Landesregierung – ähnlich wie bei der Diskussion um den Zuwachs der An- und Abflüge am Flug hafen Frankfurt –, für eine Entlastung der Bevölkerung in und um Kaiserslautern zu sorgen und wie sehen diese Bestrebungen aus? 4. Welche Erkenntnisse gibt es zur Lichtbelastung durch die nächtliche Beleuchtung der Air Base Ramstein (Gutachten, Unter - suchungsprogramme) und gibt es Bestrebungen zu deren Reduktion? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 16. Januar 2012 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Zuständigkeit für alle Belange der Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland liegt nach Art. 87 a, 87 b GG aus schließlich beim Bund, d. h. bei den Behörden der Bundeswehr und der Wehrverwaltung. Ebenso werden die hoheitlichen Aufgaben der Luftaufsicht für den militärischen Flugbetrieb auch in Bezug auf die hier stationierten ausländischen Streitkräfte ausschließlich durch Dienststellen der Bundeswehr wahrgenommen (§ 30 Abs. 2 LuftVG). Demzufolge verfügt die Landesregierung nur teilweise über Kenntnisse aus eigener Zuständigkeit. Im Übrigen beruhen die Antworten an den kenntlich gemachten Stellen auf Auskünften des Bundesministeriums der Verteidigung. Zu Frage 1: Nach Auskunft des Bundesministeriums der Verteidigung sind Düppel Materialien, die zur Erzeugung von Scheinzielen eingesetzt werden, welche die Radarstrahlung reflektieren sollen. Dabei handelt es sich um metallisierte Dipole (Düppel), die starke Störreflexionen in Richtung Radarempfänger hervorrufen. Bei den derzeit in der Bundeswehr eingesetzten Düppelmaterialien handelt es sich um aluminiumbeschichtete Glasfasern („Chaff“). Dieses Material wird in der Luft verteilt und sinkt dann, nachdem es seinen Zweck erfüllt hat, zu Boden. Drucksache 16/819 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Der Einsatz von Düppel/Chaff im Friedensflugbetrieb über dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ist der Bundeswehr und auch anderen NATO-Staaten grundsätzlich nur mit einer Ausnahmegenehmigung und nur nach sorgfältiger Prüfung mit strengen Auflagen und im Einklang mit den Vorschriften des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) gestattet. Solche Einsätze sind im Vorfeld mit den betroffenen Flugverkehrskontrollstellen und Geoinformationsdiensten zu koordinieren sowie gegenüber der Öffentlichkeit bekannt zu geben. Im Bereich der Übungseinrichtung Polygone wurde, auf Grundlage einer solchen Ausnahmegenehmigung, letztmalig am 6. und 7. Februar 2008 Chaff (bis zu 205 kg Gesamtmenge) ausgebracht. Durch die Geometrie der Glasfasern sind eine Inhalation in tiefere Atemwege und eine Lungengängigkeit ausgeschlossen. Selbst bei Bruch der Fasern entstehen nur Fragmente, die ein inhalatives Risiko ausschließen. Bei der Nahrungsaufnahme versehentlich aufgenommenes Düppelmaterial durchwandert ungehindert den Magen-Darm-Trakt. Eine Ingestion ist nicht zu erwarten. Glas als Werkstoff ist chemisch reaktionsträge und weitgehend inert. Aluminium stellt in der vorliegenden Form und Dosis sowie aufgrund des chemischen Verhaltens keinerlei Beeinträchtigungen für Mensch, Tier und Umwelt (Boden/Gewässer) dar. Zu Frage 2: Die Realitätsnähe und damit verbunden die Qualität der Simulatoren ist in den letzten Jahren erheblich verbessert worden. Gleichwohl sind nach Auskunft des Bundesministeriums der Verteidigung im militärischen Bereich nicht alle Realflugstunden durch Simu - latorflugstunden zu ersetzen. Simulatoren bieten hauptsächlich die Möglichkeit, Verfahrensabläufe und Notverfahren zu trainieren. Für fliegende Besatzungen der NATO ist das Verhältnis von Realflugstunden zu Simulatorflugstunden in Vorschriften festgelegt. Gemäß diesen Vorgaben können derzeit circa 20 Prozent der jährlich für die Besatzungen geforderten Flugstunden in einem ge - eigneten Simulator erbracht werden. Um den geforderten Ausbildungsstand zu erreichen, sind reale Flugstunden in Hinblick auf die tatsächliche fliegerische Belastung und das dynamische Umfeld von großer Relevanz. Eine weitere Verringerung der Realflugstunden ist daher insbesondere vor dem Hintergrund der Handlungssicherheit der fliegenden Besatzungen und somit der Flug - sicherheit nicht geboten. Der Flugplatz Ramstein bemüht sich seit längerer Zeit um die Beschaffung eines Flugsimulators, der unter anderem teilweise auch virtuelle Trainingsflüge um den Flugplatz Ramstein mit C-130J Hercules-Maschinen in einer realistischen Geländemodulation unter unterschiedlichen äußeren Bedingungen erlaubt. Dies entspricht unter anderem einer Forderung der örtlichen Lärmschutz - komission. Nach Mitteilung des Flugplatzes in der Sitzung der Lärmschutzkommission am 26. Oktober 2011 ist mit der Fertigstellung der Software und der Installation des Simulators in einem eigens zu erstellenden Gebäude Mitte des Jahres 2015 zu rechnen. Zu Frage 3: Die Verhältnisse im Umfeld der Air Base Ramstein mit zurzeit durchschnittlich circa 35 An- und Abflügen pro Tag sind mit denen am Flughafen Frankfurt mit 80 und ggf. künftig bis zu 120 Flugbewegungen pro Stunde nicht vergleichbar. Dabei bleibt das Flug - aufkommen in Ramstein weit unterhalb von 50 Prozent der auf das Jahr 2011 bezogenen Lärmprognose im Zuge des Ausbaus der Air Base. Diese Prognose ist gleichwohl Grundlage für den Umfang des Lärmschutzes an den Wohngebäuden bei einem Dauerschallpegel von 62 db(A). Dieser Wert unterschreitet die Vorgaben des Fluglärmgesetzes für einen zivilen Flugplatz um 3 db(A), für einen militärischen Flugplatz um 5 db(A). Darüber hinaus ist die Landesregierung in der Lärmschutzkommission für den Flugplatz Ramstein, in der von Rheinland-Pfalz und dem Saarland im Jahr 2009 initiierten „Arbeitsgruppe Fluglärm“ beim Bundesminister der Verteidigung sowie im ständigen unmittel - baren Kontakt mit den Streitkräften bemüht, dass Übungsflüge im Umfeld der Air Base Ramstein wie auch in den LuftkampfÜbungsräumen TRA Lauter und Polygone statistisch besser erfasst werden sowie sowohl im Umfang als auch zeitlich auf das Maß des Notwendigen begrenzt bleiben. So konnte auf der Air Base Ramstein die neue Übungsflugroute „inside closed pattern“ eingerichtet werden, die ausschließlich über das Flugplatzgelände führt und keine benachbarten Ortschaften tangiert. Die Route wird in 60 Prozent aller Übungsflüge genutzt und reduziert den Fluglärm entsprechend. Des Weiteren gelten für Übungsflüge vorgezogene Ruhezeiten in den Sommermonaten (Ramstein 17.00 Uhr, TRA Lauter 21.00 Uhr) sowie das Gebot der Verlagerung eines Ziel-Übungsgebiets in der TRA Lauter nach 20 Minuten um 20 Kilometer. Zu Frage 4: Hierzu liegen weder dem Bundesministerium der Verteidigung noch der Landesregierung Erkenntnisse vor. Roger Lewentz Staatsminister