Drucksache 16/838 27. 01. 2012 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Hans-Josef Bracht (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums der Finanzen Neustrukturierung der Finanzverwaltung in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage 552 vom 5. Januar 2012 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. In welcher Weise kann oder sollte nach Auffassung der Landesregierung auch eine weitere Neustrukturierung der Finanzver- waltung des Landes zur dauerhaften Dämpfung der Verwaltungskosten und zur Entlastung des Landeshaushalts beitragen? 2. Welche Pläne zur weiteren Zusammenlegung von Finanzämtern, Schließung von Standorten und zur Zentralisierung von Ver- waltungsfunktionen werden derzeit von der Landesregierung erarbeitet? 3. Welche Pläne zur Zusammenarbeit mit den Finanzverwaltungen von Nachbarländern wie dem Saarland, Hessen, Baden-Würt- temberg oder NRW werden derzeit von der Landesregierung erarbeitet oder mit den benachbarten Landesregierungen beraten? 4. Welche Vorstellungen für die Einsparung von Personalstellen, von Personalkosten und Verwaltungskosten hat die Landesre- gierung dabei? 5. Wie beurteilt die Landesregierung die sich häufenden und dringender werdenden Klagen – auch aus der Finanzverwaltung –, dass das überaus komplexe deutsche Steuerrecht mit den extrem häufigen Änderungen im Detail mit dem vorhandenen Personal der Finanzverwaltung kaum noch rechtseinheitlich umgesetzt werden kann? 6. Welche Dringlichkeit und welche Wirksamkeit sieht die Landesregierung für eine durchgreifende Vereinfachung des deutschen Steuerrechtes nicht nur zur besseren Durchschaubarkeit für die Steuerbürger, sondern auch zur Garantie eines gleichmäßigen Rechtsvollzugs und zur Senkung des Verwaltungsaufwands? Das Ministerium der Finanzen hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 26. Januar 2012 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Im Rahmen der Haushaltskonsolidierung wird auch die Finanzverwaltung einer Kostenanalyse unterzogen. Von dem Ergebnis hängt ab, ob strukturelle Veränderungen zur Entlastung des Haushalts beitragen können. Zu Frage 2: Bis zum Jahr 2016 wird sich – bei gleichbleibenden Einstellungsquoten – der Personalbestand der Finanzämter durch erhöhte Personalabgänge infolge des demografischen Wandels um 300 Stellen reduzieren. Vor diesem Hintergrund prüft die Landesregierung weitere effizienzsteigernde Maßnahmen (u. a. auch den erforderlichen Raumbedarf). Die Sozialverträglichkeit der Maßnahmen wird dabei selbstverständlich in die Überlegungen mit einbezogen. Die Analyse erfolgt ergebnisoffen. Zu Frage 3: Die Landesregierung prüft derzeit Synergieeffekte durch länderübergreifende Aufgabenerledigungen. Konkret ist ein arbeitsteiliges Vorgehen in Bezug auf die Grunderwerbsteuer und die Erbschaft- und Schenkungsteuer mit dem Saarland beabsichtigt. Die Bearbeitung der Grunderwerbsteuer für beide Bundesländer soll dabei im Saarland, die übergreifende Zuständigkeit für die Erbschaft- Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 31. Januar 2012 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/838 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode und Schenkungsteuer in Rheinland-Pfalz konzentriert werden. Darüber hinaus wird eine Zusammenarbeit der Länder RheinlandPfalz , Hessen und Saarland im Rechenzentrumsbetrieb angestrebt. Im Fokus stehen dabei der gemeinsame Rechenzentrumsbetrieb und die Ausfallvorsorge (für die steuerlichen Verfahren). Weiterhin wird derzeit geprüft, ob eine Teilnahme des Saarlandes am Inte - grierten Personalmanagement- und Abrechnungssystem IPEMA des Landes Rheinland-Pfalz in Betracht kommt. Zu Frage 4: Durch die länderübergreifende Zusammenarbeit erwartet die Landesregierung Einsparpotenzial im Personal- und Sachkostenbereich , das sich im derzeitigen Verfahrensstadium allerdings noch nicht quantifizieren lässt. Zu den Frage 5 und 6: Da die Fragen 5 und 6 gleichartige Probleme ansprechen, werden sie zusammen wie folgt beantwortet: Die Landesregierung nimmt die Klagen über die zunehmende Komplizierung des Steuerrechts sehr ernst, so auch die jüngste Kritik des Bundesrechnungshofs in dessen Prüfungsbericht vom 17. Januar 2012 zum Vollzug der Steuergesetze. Sie unterstützt deshalb alle Bemühungen um eine nachhaltige Vereinfachung des Steuerrechts. Der erste Adressat für die Forderung nach Steuervereinfachung ist seit jeher der Bundesgesetzgeber. Daher habe ich jüngst mit meinen Kolleginnen und Kollegen aus Bremen, Hessen und Schleswig-Holstein zehn kurzfristig umsetzbare Vorschläge zur Vereinfachung des Steuerrechts vorgelegt. Damit werden dem Bundesgesetzgeber konkrete Vorstellungen präsentiert, die aus der Sicht der Länder auch den Vollzug erleichtern können. Entscheidend ist, dass sie aufkommensneutral sind, um den üblichen Zielkonflikt zwischen Vereinfachung und sinkenden Steuereinnahmen zu vermeiden. Die Landesregierung ist sich freilich bewusst, dass angesichts der modernen Wirtschaftsordnung mit der zunehmenden internationalen Verflechtung das Steuerrecht z. B. bei grenzüberschreitenden Vorgängen nicht ohne detaillierte und damit mitunter auch streitanfällige und im Vollzug für alle Beteiligten arbeitsintensive Einzelregelungen auskommen kann. Es darf auch nicht übersehen werden , dass insbesondere die Umsatzsteuer völlig von den unionsrechtlichen Harmonisierungsvorschriften abhängt, die in der Interpretation des Europäischen Gerichtshofs der Verwaltung oftmals keinen eigenen Interpretationsspielraum zur Erzielung eines einfachen Vollzugs lassen. Durch umfangreiche Fortbildungsangebote an die Bediensteten der Steuerverwaltung wird der einheitliche Vollzug sichergestellt. Die Innenrevision der Oberfinanzdirektion Koblenz kontrolliert die Beachtung der Vorschriften durch die Finanzämter. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse fließen in die Fortbildungsmaßnahmen ein. Die Herausgabe bundeseinheitlicher Weisungen durch die sogenannten BMF-Schreiben gem. § 21 a Finanzverwaltungsgesetz, an denen das Ministerium der Finanzen ebenso wie alle anderen obersten Finanzbehörden der Länder mitwirkt, dient der Gewährleistung des gleichmäßigen Vollzugs und sorgt so für eine Senkung des Verwaltungsaufwandes, die sich vor allem in einer Minimierung der von den Steuerbürgern eingelegten Rechtsmittel zeigt. Dr. Carsten Kühl Staatsminister