Drucksache 16/972 28. 02. 2012 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 6. März 2012 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Alexander Licht (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Finanzielle Darlehen und Zuschüsse an die Landesgesellschaft Nürburgring GmbH Die Kleine Anfrage 611 vom 1. Februar 2012 hat folgenden Wortlaut: Das Land Rheinland-Pfalz hat eine halbe Milliarde Euro in die Anlagen am Nürburgring investiert. Mit der Privatisierung im Jahr 2010 behauptete die damalige Regierung, von nun an werde mit dem neuen Freizeitpark Geld verdient. In der Parlamentsdebatte vom 19. Januar 2012 erklärte demgegenüber der Minister des Innern, für Sport und Infrastruktur, das Land werde der Nürburgring GmbH in den Jahren 2012 und 2013 weitere 19,4 Millionen Euro an Gesellschafterdarlehen und Zuschüssen gewähren. Ich frage die Landesregierung: 1. Warum benötigt die Immobilienbesitzgesellschaft Nürburgring GmbH jedes Jahr weitere Millionen Euro an Darlehen und Zu- schüssen? 2. Hat die Landesregierung bzw. hat die Nürburgring GmbH von der Wirtschaftsberatungsgesellschaft Ernst & Young vor Ab- schluss des Pachtvertrages für die Nürburgring GmbH einen langfristigen Businessplan erstellen lassen? 3. Wenn ja, zu welchen Ergebnissen kommen die Wirtschaftsberater in ihren Szenarien für die einzelnen Gesellschaften Nürburg - ring GmbH, Motorsportresort Nürburgring GmbH und Congress- und Motorsporthotel Nürburgring GmbH? 4. Wie hoch beziffert die Regierung den zu erwartenden zusätzlichen Finanzbedarf der Nürburgring GmbH aus Mitteln des Landes bis 2020 und wie sollen die zu erwartenden Verluste finanziert werden? 5. In welchem Jahr erwartet die Landesregierung einen deckungsgleichen Schulden- und Tilgungsdienst der von der Nürburgring GmbH bereitgestellten Finanzierungsdarlehen für das Projekt „Nürburgring 2009“? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 28. Februar 2012 wie folgt beantwortet: Am 7. Februar 2012 haben die Nürburgring GmbH und ihre Tochtergesellschaften Motorsport Resort Nürburgring GmbH (MSR) und Congress- und Motorsport Hotel Nürburgring GmbH (CMHN) als Verpächter den Betriebspachtvertrag mit der Nürburgring Automotive GmbH (NAG) außerordentlich gekündigt. Hierzu hat die Landesregierung in der außerordentlichen Sitzung des Innen - ausschusses am 13. Februar 2012 ausführlich berichtet. Vor diesem Hintergrund beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Die Verpächter haben ein Finanzierungsvolumen von 330,0 Mio. EUR für das „Projekt Nürburgring 2009“ zu refinanzieren. Die Einnahmemöglichkeiten dieser Gesellschaften beschränkten sich im Wesentlichen auf Pachterlöse aus dem am 7. Februar 2012 gekündigten Betriebspachtvertrag mit der NAG. Sowohl im Kombinierten Businessplan der Nürburgring-Gesellschaften vom 1. Dezember 2009 als auch in der Konsolidierten Mittelfristplanung für die Besitzgesellschaften am Nürburgring vom 9. September 2010 wurden für die ersten Jahre nach Verpachtung weitere bilanzielle Verluste und Liquiditätsbedarfe (im Folgenden: Zwischenfinanzierung), deren vollständige Rückführung vorgesehen war, aufgezeigt. Drucksache 16/972 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Diese sind Folge der sogenannten Einschwungphase, in der ausgehend von einer (Mindest-)Pacht „Null“ im ersten Pachtjahr steigende (Mindest-)Pachterlöse eingeplant waren. Die Planung berücksichtigte bereits, dass diese Pachten in den ersten Pachtjahren bis 2016 nicht ausreichten, um neben den operativen Kosten der Nürburgring-Besitzgesellschaften vollständig den Zins- und Kapital - dienst zu erbringen. Nach Maßgabe der Planung war eine vollständige Rückführung der hiernach erforderlichen Zwischenfinanzierung bis 2021 möglich. Hierzu wurde bereits in der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr am 18. Januar 2011 und in der Sitzung des Haushalts - und Finanzausschusses am 20. Januar 2011 berichtet. Zu Frage 2: Ernst & Young hat mit dem oben genannten Businessplan die von den jeweiligen Geschäftsführungen der Nürburgring GmbH, Cash Settlement & Ticketing GmbH (CST), MSR und Grüne Hölle Betriebsgesellschaft GmbH vorgelegten Unternehmensplanungen analysiert und auf Plausibilität untersucht, eine rechnerische Zusammenfassung der Einzelplanungen vorgenommen sowie Szenariorechnungen erstellt. Die Einzelplanungen dieser Gesellschaften reflektierten dabei den Kenntnisstand und die Einschätzungen der jeweiligen Geschäftsführungen von November 2009. Insbesondere die Planung der Nürburgring GmbH wurde bis November 2009 aufgrund neuerer Erkenntnisse mehrfach hinsichtlich einzelner Prämissen (u. a. Besucherzahlen) angepasst. Im Rahmen der Untersuchung von Ernst & Young wurde auch die Planung der CST angepasst. Auch hierzu wurde bereits in der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr am 18. Januar 2011 und in der Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses am 20. Januar 2011 berichtet. Zu Frage 3: Die im Bericht Ernst & Young dargestellten Szenariobetrachtungen wurden nicht auf Ebene der Einzelgesellschaften vorge nommen, sondern auf Gruppenebene, um den Überlegungen zu einer einheitlichen und koordinierten Neuausrichtung der Gesellschaften unter einheitlicher operativer und strategischer Führung Rechnung zu tragen. Dabei wurden auf Basis des verfügbaren Daten - materials und der vorgelegten Unternehmensplanungen drei Szenarien dargestellt (worst case, real case und „new case“). Auf eine Betrachtung eines „best case“ wurde verzichtet. Der „new case“ basierte dabei auf der Einschätzung, dass zumindest in den ersten Jahren die Eintrittswahrscheinlichkeit des „worst case“ höher zu bewerten sei als der Eintritt des „real case“, dies insbesondere vor dem Hintergrund der noch nicht abgeschlossenen Baumaßnahmen und bestehender Mängel. In diesem Szenario ergab sich ein Zwischen finanzierungsbedarf in der Spitze von bis zu 32,0 Mio. EUR. Ein ähnliches Ergebnis zeigte auch der langfristige Businessplan („Konsolidierte Mittelfristplanung der Nürburgring Besitzgesellschaften für den Zeitraum 2010 bis 2030“). Unter Berücksichtigung der geplanten Pachteinnahmen sollte der Cashflow erstmals in 2016 positiv sein. Bis 2015 wurde unter Berücksichtigung der zu leistenden Zins- und Tilgungsleistungen ein Zwischenfinanzierungsbedarf von ca. 35,0 Mio. EUR erwartet, dessen vollständige Rückführung vorgesehen war. Hierzu wurde bereits in der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr am 18. Januar 2011 und in der Sitzung des Haushalts - und Finanzausschusses am 20. Januar 2011 berichtet. Zu den Fragen 4 und 5: Aufgrund der Kündigung des Betriebspachtvertrages ist eine verlässliche Aussage über die zukünftige Ertragskraft und daraus abgeleitet einen möglichen Liquiditätsbedarf derzeit nicht möglich, da dieser nicht mehr von Pachtzahlungen, sondern zumindest in einer Übergangszeit von der tatsächlichen Ertragskraft des Rings abhängt. Roger Lewentz Staatsminister