Drucksache 17/111 zu Drucksache 17/14 14. 06. 2016 A n t w o r t des Ministeriums des Innern und für Sport auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Thomas Weiner (CDU) – Drucksache 17/14 – Neuzuschnitt der Wahlkreise Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/14 – vom 18. Mai 2016 hat folgenden Wortlaut: In der Koalitionsvereinbarung haben die regierungstragenden Fraktionen auf S. 137 f. eine Überarbeitung des Landeswahlgesetzes angekündigt, die „vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden demografischen Entwicklung […] für die Landtagswahl im Jahr 2021 eine Neuordnung der Landtagswahlkreise über das ganze Land hinweg“ vorsehen soll. Dabei soll „nicht abgewartet werden, bis der Bericht der Landesregierung zur Wahlkreisentwicklung vorliegt, sondern in geeigneter Form bereits vor Mitte der Legislaturperiode“ die „Vorarbeiten für eine Optimierung der Wahlkreiszuschnitte“ geleistet werden. Ziel sei „eine verfassungsgemäße, demografiefeste Neuordnung der Wahlkreise und Wahlbezirke, die auch langfristige regionale Zuordnungen berücksichtigt“. Bei solchen Neuzuschnitten gilt es, nach früheren Rechtsprechungen des Bundesverfassungsgerichtes zu beachten, – dass die parlamentarische Mehrheit sich nicht vom eigenen Machterhalt leiten lassen darf, – dass jeder Wahlkreis ein zusammengehörendes und abgerundetes Ganzes bilden muss, – dass die Verwaltungsgrenzen nach Möglichkeit mit den Wahlkreisgrenzen deckungsgleich sein sollen, – dass eine ständige Änderung der Wahlkreisgrenzen der demokratischen Legitimation zuwiderlaufe. Ich frage die Landesregierung: 1. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass es vor diesem Hintergrund geboten ist, die von ihr angekündigte kommunale Gebietsreform und den Neuzuschnitt der Wahlkreise aufeinander abzustimmen? 2. Bis wann müsste das neue Landtagswahlgesetz verabschiedet sein, damit eine Neueinteilung der Wahlkreise schon zur Wahl 2021 in Kraft treten kann und bis wann müsste zuvor die kommunale Gebietsreform beschlossen sein, damit die neuen kommunalen Grenzen als Grundlage für die Neueinteilung der Wahlkreise berücksichtig werden können? 3. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit von Gerichten aufgehobenen Gebietszuschnitten – welche angemessenen Zeiträume müssen für eine rechtliche Überprüfung eingeplant werden? 4. Wie sieht dafür der abgestimmte Gesamtzeitplan der Landesregierung aus? 5. Was ist unter „in geeigneter Form“ zu verstehen? Hält es die Landesregierung für angemessen, dass alle Fraktionen des Landtags an einer Neuordnung der Wahlkreise und Wahlbezirke mitwirken – oder – sollen die Wahlkreise erneut so zugeschnitten werden, wie es die Regierungsparteien für opportun halten? 6. Welches Gremium sollte nach Auffassung der Landesregierung das Konzept für einen grundlegenden Neuzuschnitt beraten – der Landtag und seine zuständigen Ausschüsse bzw. eine Unterkommission, also offizielle und öffentlich tagende Gremien, in denen alle Fraktionen vertreten sind, oder eine nicht öffentlich tagende Runde aus Personen, die womöglich auch noch ausschließlich von den Koalitionsfraktionen bestimmt wird? Das Ministerium des Innern und für Sport hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 13. Juni 2016 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Das seit dem Jahr 1989 bei Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz geltende personalisierte Verhältniswahlsystem hat sich bei sechs Landtagswahlen (1991, 1996, 2001, 2006, 2011 und 2016) bewährt. Dies gilt auch für die mit der Einführung dieses Wahlsystems erfolgte Einteilung des Landes in vier Bezirke und 51 Wahlkreise. Hervorzuheben ist mit Blick auf das Erfordernis der Wahlrechtsgleichheit vor allem, dass seither bei keiner dieser Landtagswahlen Überhangmandate angefallen sind. Allerdings zeigte sich in der letzten Wahlperiode, dass es vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen – insbesondere der regionalen Bevölkerungsentwicklung, der Kommunal- und Verwaltungsreform und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Berücksichtigung von Wahlberechtigten bei der Wahlkreiseinteilung – erforderlich ist, die Bestimmungen über die Wahlkreiseinteilung fortzuentwickeln. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 29. Juni 2016 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/111 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode 2 Der Landtag hat mit dem Siebten Landesgesetz zur Änderung des Landeswahlgesetzes vom 23. Oktober 2014 (GVBl. S. 232) hierzu die ersten notwendigen Schritte unternommen. Die Grenzen mehrerer Wahlkreise wurden zur Einhaltung der gesetzlichen Toleranzgrenze für Bevölkerungsabweichungen unter Berücksichtigung im Zuge der Kommunal- und Verwaltungsreform bereits vorgenommener kommunaler Änderungen angepasst. Ferner wurde ab der 17. Wahlperiode des Landtags als Bemessungsgrundlage für die Größe der Wahlkreise die Anzahl der Stimmberechtigten eingeführt und die absolute gesetzliche Toleranzgrenze für Wahlkreisabweichungen von 33 1/3 v. H. auf 25 v. H. abgesenkt. Darüber hinaus hat der Landtag am 15. Oktober 2014 folgenden Beschluss gefasst: „Überarbeitung des Landeswahlgesetzes fortsetzen Das Gesetz zur Änderung des Landeswahlgesetzes ermöglicht eine verfassungsgemäße Durchführung der bevorstehenden Landtagswahl im Jahr 2016. Vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden demografischen Entwicklung – insbesondere der Bevölkerungszuwächse an der Rheinschiene und in der Landeshauptstadt Mainz im Gegensatz zu Bevölkerungsrückgängen in anderen Regionen des Landes – erachten wir es darüber hinaus allerdings als zwingend erforderlich, für die Landtagswahl im Jahr 2021 eine Neuordnung der Landtagswahlkreise über das ganze Land vorzunehmen. Hierzu soll nicht abgewartet werden, bis der Bericht der Landesregierung zur Wahlkreisentwicklung vorliegt, sondern bereits vor Mitte der Legislaturperiode Gespräche zwischen den im Landtag vertretenen Fraktionen und der Landesregierung durchgeführt werden mit dem Ziel einer verfassungsgemäßen und demografiefesten konsensualen Neuordnung der Wahlkreise und Wahlbezirke.“ *) Das Thema Landtagswahlkreise wurde auch im Koalitionsvertrag von SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für die laufende Wahlperiode berücksichtigt. In dem Koalitionsvertrag ist Folgendes ausgeführt: „Vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden demografischen Entwicklung sehen es die Koalitionspartner als zwingend erforderlich an, für die Landtagswahl im Jahr 2021 eine Neuordnung der Landtagswahlkreise über das ganze Land hinweg vorzunehmen . Hierzu soll nicht abgewartet werden, bis der Bericht der Landesregierung zur Wahlkreiseinteilung vorliegt, sondern in geeigneter Form bereits vor Mitte der Legislaturperiode Vorarbeiten für eine Optimierung der Wahlkreiszuschnitte geleistet werden. Ziel ist eine verfassungsgemäße, demografiefeste Neuordnung der Wahlkreise und Wahlbezirke, die auch langfristige regionale Zuordnungen berücksichtigt.“ Die Landesregierung beabsichtigt, sich an den Arbeiten zur Fortentwicklung der Landtagswahlkreise aktiv zu beteiligen. In dem Koalitionsvertrag haben SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ebenfalls vereinbart, die erste Stufe der Kommunalund Verwaltungsreform, auf der die Gebietsstrukturen der Ebene der verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden optimiert werden sollen, fortzusetzen. Nach dem Koalitionsvertrag wird sich die zweite Stufe der Kommunal- und Verwaltungsreform auf der Grundlage der bereits in Auftrag gegebenen Gutachten anschließen. Die wissenschaftlichen Untersuchungen dafür – auf die sich in der vergangenen Wahlperiode des Landtags alle drei Landtagsfraktionen, auch was die Untersuchungsfelder anbelangt, verständigt haben – sind vor kurzem angelaufen. Derzeit wird von einem Untersuchungszeitraum von etwa 18 Monaten ausgegangen. Auf der Basis der Untersuchungsergebnisse gilt es, über die weiteren Maßnahmen der Kommunal- und Verwaltungsreform politisch zu befinden. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die einzelnen Fragen wie folgt: Zu Frage 1: Die Landesregierung ist der Auffassung, dass bei der angestrebten Fortentwicklung der Wahlkreiseinteilung die im Zuge der Kommunal- und Verwaltungsreform bereits beschlossenen sowie die im Verfahren befindlichen kommunalen Gebietsänderungen möglichst weitgehend berücksichtigt werden sollten. Zu Frage 2: § 37 Abs. 3 Satz 5 des Landeswahlgesetzes schreibt vor, dass die Wahlen der Wahlkreisbewerberinnen und -bewerber frühestens 45 Monate und die Wahlen für die Vertreterversammlungen frühestens 42 Monate nach Beginn der Wahlperiode des Landtags stattfinden dürfen. Von daher sollte im November 2019 die Wahlkreiseinteilung für die Landtagswahl im Jahr 2021 möglichst feststehen . Die Kommunal- und Verwaltungsreform wird bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen sein, sodass nicht auszuschließen ist, dass die Kommunal- und Verwaltungsreform auch in der kommenden Wahlperiode zu Prüfungsbedarf bei der Wahlkreiseinteilung führt. *) Landtagsdrucksache 16/4090. Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/111 Zu Frage 3: Die Grenzen rheinland-pfälzischer Landtagswahlkreise sind bisher von Gerichten nicht beanstandet worden. In seinem Beschluss vom 30. Oktober 2015 – VGH B 14/25 – hat der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz festgestellt, dass die Einteilung der Wahlkreise , wie sie der Gesetzgeber mit dem Landesgesetz vom 23. Oktober 2014 (GVBl. S. 232) vorgenommen hat, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Zu den Fragen 4, 5 und 6: Nach dem vorzitierten Beschluss des Landtags vom 15. Oktober 2014 sollen bereits vor der Mitte der Legislaturperiode Gespräche zwischen den im Landtag vertretenen Fraktionen und der Landesregierung über die Wahlkreiseinteilung geführt werden. Die Landesregierung hält es für angezeigt, dass diese Gespräche im Jahr 2017 geführt und möglichst abgeschlossen werden, damit auf der Grundlage dieser Gespräche der Wahlkreisbericht erarbeitet werden kann, der von ihr bis November 2018 dem Landtag vorzulegen ist. Roger Lewentz Staatsminister 3