Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 14. November 2016 b. w. LAnDTAG rHEinLAnD-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/1257 zu Drucksache 17/1002 10. 10. 2016 A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Bernhard Braun und Andreas Hartenfels (BünDnis 90/DiE GrünEn) – Drucksache 17/1002 – Vorfälle mit der hochgiftigen Chemikalie Phosgen bei der BAsF in Ludwigshafen Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/1002 – vom 16. September 2016 hat folgenden Wortlaut: Im Stammwerk Ludwigshafen der BASF gab es laut Rheinpfalz vom 8. September 2016 am 15. Juni 2016 einen Vorfall mit der hochgiftigen Chemikalie Phosgen. In einem Sicherheitsraum trat die Chemikalie aus während sich zwei Mitarbeiter in diesem Raum befanden. Die Chemikalie Phosgen gilt als extrem gefährlich. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. In wie vielen Anlagen am Standort Ludwigshafen wird Phosgen als Zwischenprodukt verwendet? 2. Welche Menge Phosgen wird in der BASF Ludwigshafen im Rahmen des Produktionsprozesses anderer Stoffe gelagert? 3. Wie groß war die ausgetretene Menge Phosgen? 4. Welches Sicherheitskonzept verfolgt die BASF, um solche Vorfälle zu verhindern? 5. Welche Maßnahmen werden von der BASF nun ergriffen, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Zukunft vor einem Kontakt mit Phosgen zu schützen? Das Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 7. Oktober 2016 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: In dem von der Kleinen Anfrage aufgegriffenen Vorfall vom 15. Juni 2016 handelte es sich nach den uns vorliegenden Erkenntnissen nicht um ein meldepflichtiges Ereignis. An die Handhabung von hochgiftigen Stoffen wie Phosgen in industriellen Anlagen ist jedoch eine besondere Verantwortung für ein Unternehmen und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geknüpft. Vor dem Hintergrund der aktuellen Berichterstattung nimmt die Landesregierung die aufgeworfenen Fragen sehr ernst und steht hierzu mit den Beteiligten bereits im Gespräch. Um den konsequenten Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der Anwohnerinnen und Anwohner und der Umwelt zu jeder Zeit zu erreichen, arbeiten die Aufsichtsbehörden konstruktiv mit der BASF und anderen Unternehmen zusammen. Diese Zusammenarbeit ist auf ein ungetrübtes Vertrauensverhältnis angewiesen. Vor diesem Hintergrund beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Phosgen wird in drei Produktionsanlagen der BASF SE in Ludwigshafen als Zwischen- bzw. Einsatzstoff verwendet. Zu Frage 2: Eine Lagerung von Phosgen findet in den Produktionsanlagen der BASF nicht statt, es wird allerdings im Rahmen der Produktionsprozesse vorgehalten. Phosgen wird in den Produktionsanlagen aus Chlor und Kohlenmonoxid gewonnen und nach der Synthese umgesetzt. Nach den Genehmigungsunterlagen beträgt die maximal genehmigte Menge an Phosgen in der TDI-Anlage ca. 90 Tonnen, in den beiden anderen Anlagen 7,5 bzw. 0,02 Tonnen. Im bestimmungsgemäßen Betrieb der TDI-Anlage wird, abhängig von der zukünftigen Auslastung der Anlage, nach Schätzungen der BASF ca. 40 Tonnen Phosgen gehandhabt werden. Zu Frage 3: Bei dem Vorfall am 15. Juni 2016 trat nach Auskunft der BASF bei Druckprüfungen mit Stickstoff von zuvor entleerten Leitungen ein Gasgemisch aus, das Spuren an Phosgen enthielt, dessen Mengenanteil sich nicht quantifizieren ließ. Die von den Mitarbeitern getragenen Phosgen-Indikatorplaketten, bei denen die Phosgen-Dosis durch Vergleich der exponierten Plakette mit einem Farbskala Drucksache 17/1257 Landtag rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode bestimmt wird und deren Anzeige bei 10 ppm * min beginnt, wiesen laut Auskunft der BASF keine Verfärbungen auf, sodass sie von sehr geringen Mengen ausgeht. Zu Frage 4: Für die BASF-Anlagen, die mit Phosgen umgehen, wurden spezielle Sicherheitskonzepte entwickelt. Wichtigste Maßnahme sind Sicherheitskammern, in der sich alle Aggregate zur Phosgen-Herstellung und Weiterverarbeitung befinden . Die Raumluft innerhalb der Kammer wird mit einer Vielzahl empfindlicher Sensoren überwacht, die bereits extrem geringe Phosgen-Konzentrationen von 20 ppb detektieren können. Damit wird eine Leckage früh erkannt und die Kammerluft ggf. auf eine Wascheinrichtung geleitet, in der Phosgen chemisch zerstört wird. Ab einer Raumluftkonzentration von 10 ppm (= 10 000 ppb) wird zudem automatisch die Werksfeuerwehr alarmiert. Zusätzlich sind auch außerhalb der Kammern Phosgen-Sensoren als Frühwarnsystem installiert. Weiterhin ist die Prozessführung so ausgelegt, dass bestimmte Sektionen durch Schnellschlussventile blockiert werden können, sodass der Reaktionsinhalt in Ablassbehälter gesammelt werden kann. Auch werden für alle Phosgen führenden Anlagenteile besonders hochwertige Materialien und Werkstoffe eingesetzt. Durch Minimierung der Anzahl von Flanschen wurden mögliche Leckagestellen reduziert. Die Beschäftigten, die intensiv geschult und ausgebildet wurden, tragen innerhalb der Sicherheitskammern Atemschutzmasken mit Filter oder auch separater Frischluftversorgung sowie Phosgen-Indikatorplaketten. Das Sicherheitskonzept ist Bestandteil des nach der Störfall-Verordnung zu erstellenden Sicherheitsberichtes, der zum Schutz der Nachbarschaft und der Umwelt auch die Beurteilung von Störungsszenarien, z. B. Leckagen, beinhaltet. Dieser wurde im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens durch einen externen Sachverständigen geprüft. Zu Frage 5: Die dauerhafte Umsetzung der in dem Sicherheitskonzept festgehaltenen Maßnahmen zur Anlagensicherheit und Arbeitnehmerschulung ist Bestandteil der Anlagengenehmigung und ist von der BASF sicherzustellen. In einer anberaumten Inspektion der TDI-Anlage durch die Aufsichtsbehörden wird dies kurzfristig überprüft werden. Dabei wird von der zuständigen Aufsichtsbehörde die Anlagensicherheit, der Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie die Genehmigungskonformität geprüft werden. Ulrike Höfken Staatsministerin