Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 15. November 2016 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/1277 zu Drucksache 17/1104 12. 10. 2016 A n t w o r t des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Hans-Josef Bracht (CDU) – Drucksache 17/1104 – Abstufung von Kreisstraßen zu Gemeindestraßen Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/1104 – vom 26. September 2016 hat folgenden Wortlaut: Unter Bezugnahme auf ein Urteil des OLG Rheinland-Pfalz vom 11. November 2010, Az. 1A 10645/10.OLG und unter Bezug auf Forderungen des Landesrechnungshofs Rheinland-Pfalz betreibt der Landesbetrieb Mobilität (LBM) derzeit landesweit die Abstufung von Kreis- zu Gemeindestraßen, indem er die Förderung des Ausbaus mit einer zu erfolgenden Abstufung verknüpft. Verschärfend kommt nach dem obigen Urteil für Gruppen- oder Einheitsgemeinden hinzu, dass – nach der Interpretation von Landes - regierung und LBM – eine Straße, die lediglich einen von der Hauptortslage getrennten Ortsteil an diesen oder an das überörtliche Verkehrsnetz verbindet, nicht mehr die Verkehrsbedeutung einer Kreisstraße gemäß § 3 Satz 1 Nr. 2 Landesstraßengesetz hat. Vielmehr genügt es danach, dass die Kerngemeinde ausreichend mit dem überörtlichen Verkehrsnetz, z. B. einer Landesstraße, verknüpft ist. Einer entsprechenden Anbindung einzelner, auch räumlich weit getrennt liegender Ortsteile bedarf es danach nicht. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche konkreten Kreisstraßen müssten nach den Gesetzesvorgaben und dem genannten Urteil abgestuft werden (bitte konkret mit Streckenlänge auflisten)? 2. Bezüglich welcher dieser Kreisstraßen betreibt die Landesregierung bzw. der LBM derzeit die Abstufung in Verbindung mit einem Ausbau? 3. Welche Kreisstraßen in Einheits- oder Gruppengemeinden sind von der jetzigen Gesetzesauslegung, wonach nur die Kerngemeinde , nicht aber die einzelnen Ortsteile, mit dem überörtlichen Straßennetz verbunden sein müssen, betroffen (bitte konkret mit Streckenlänge auflisten)? 4. Wie bewertet die Landesregierung diesen für ländliche Räume gänzlich unbefriedigenden Umstand? 5. Wie sind die diesbezüglichen weiteren Planungen der Landesregierung? Strebt sie eine Gesetzesänderung an? Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 11. Oktober 2016 wie folgt beantwortet: Zu den Fragen 1 und 2: Eine Straßenumstufung (Ab- und Aufstufung) hat nach § 38 Abs. 1 Landesstraßengesetz (LStrG) – ohne Ermessenspielraum – dann zu erfolgen, wenn sich die Verkehrsbedeutung der Straße nach § 3 LStrG geändert hat oder die Straße unzutreffend eingestuft ist. Für die Abstufung von Straßen ist gemäß § 38 Abs. 2 LStrG in erster Linie der künftige und derzeitige Baulastträger zuständig. Bei einer Abstufung einer Kreisstraße zu einer Gemeindestraße sind dies die Gemeinde und der Landkreis. Es ist eine Pflichtaufgabe der kommunalen Gebietskörperschaften, ihr Straßennetz auf zutreffende Einstufungen zu überprüfen und ggf. umzustufen. Da es sich um kommunale Aufgaben handelt, können daher von der Landesregierung keine konkreten und abschließenden Abstufungs - und Ausbauvorhaben von Kreisstraßen genannt werden. Zu den Fragen 3 und 4: Die Gesetzesauslegung des § 3 Nr. 2 LStrG ist seitens der Straßenbauverwaltung des Landes seit Inkrafttreten des Gesetzes im Jahr 1963 unverändert geblieben, zumal die Rechtsprechung seitdem wiederholt festgestellt hat, dass sich die Anschlussfunktion einer Kreisstraße auf die Gemeinde (Gemeindegebiet i. S. v. § 1 Abs. 2 Gemeindeordnung – GemO) erstreckt. Einer Anbindung einzelner – auch getrennt von der (Haupt-)Ortslage gelegener – Ortsteile (durch Kreisstraßen) bedarf es nicht. Eine Straße, die nur einen räumlich getrennt liegenden Ortsteil an die (Haupt-)Ortslage oder an das überörtliche Verkehrsnetz anbindet, hat daher nicht die Verkehrsbedeutung einer Kreisstraße. Drucksache 17/1277 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Bei der Formulierung des Gesetzes war dem Gesetzgeber die Siedlungsstruktur in Rheinland-Pfalz durchaus geläufig, denn er wollte die Anbindungsverpflichtung des Kreises lediglich auf die Gemeinde beschränken und nicht auf die Ortsteile ausdehnen. Ihm waren die in weiten Landesteilen (Eifel, Westerwald etc.) anzutreffenden verschiedenen Siedlungsformen, darunter vielfach Ortsgemeinden, die gar aus mehreren zerstreut liegenden Ortsteilen bzw. Splittersiedlungen ohne eigenen Ortskern bestehen, bekannt. Auf die Erwähnung /Benennung des Begriffes „Ortsteile“ in der seitdem existierenden Vorschrift des § 3 Nr. 2 LStrG wurde daher verzichtet. Auch bei der letzten kommunalen Gebietsreform in den 1970er Jahren wurde daran festgehalten, wohl wissend, dass in Einzelfällen selbständige Gemeinden zu Ortsteilen werden und die Anbindungsverpflichtung des Kreises entfallen wird. Seit dem Beginn der Kommunalreform wurden ca. 600 Gemeinden aufgelöst und werden meist als Ortsteile geführt, ohne dass sich das Straßenrecht insoweit als Hemmnis erwiesen hat. Zu Frage 5: In der überwiegenden Zahl der alten Länder wird – wie in Rheinland-Pfalz – in den jeweiligen Landesstraßengesetzen eine Anbindungsverpflichtung von Ortsteilen durch Kreisstraßen ausgeschlossen. Wie bei der Antwort zu Frage 4 bereits ausgeführt, wurde die Gesetzeslage bewusst herbeigeführt und ist unverändert geblieben. In Hessen und Niedersachsen wird eine entsprechende Anbindungsverpflichtung in Ausnahmenfällen dann gesehen, wenn eine Anbindung von räumlich getrennten Ortsteilen als unentbehrlich festgestellt wird. Eine obergerichtliche Entscheidung zur „Unentbehrlichkeit “ hat das sächsische Oberverwaltungsgericht aktuell – soweit hier bekannt – getroffen und festgestellt, dass ein vom Hauptort entfernt gelegener Ortsteil anzubinden ist, wenn in diesem für die „Gesamtgemeinde“ bedeutende infrastrukturelle Einrichtungen mit erheblichem Verkehrsaufkommen ansässig sind. Es liegen dann gewichtige Gründe vor, um die „Unentbehrlichkeit “ und damit die Ausnahme von der Regel begründen zu können. Die neuen Länder haben die Ortsteilanbindung zwar vorgesehen , sehen aber auch in dieser Regelung eine Ausnahme von der grundsätzlichen Zuständigkeit der Gemeinde, für den Anschluss ihres Straßennetzes an überörtliche Verkehrswege zu sorgen. Dessen ungeachtet steht das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau im Zusammenhang mit der Forderung nach einer eventuellen Änderung der Rechtslage mit dem Landkreistag in Kontakt. Eine eventuelle Änderung der Regelungen zur Ortsteilanbindung bedarf allerdings einer sorgfältigen Prüfung hinsichtlich möglicher Auswirkungen z. B. auf die Baulastträgerschaft der Kreise und eventueller Aufstufungsbegehren von Ortsgemeinden. Daher wurden mit dem Landkreistag ein Informationsaustausch und eine Datenübermittlung vereinbart. Danach soll ein Gespräch mit den Kommunalen Spitzenverbänden, dem Rechnungshof und den zuständigen Ressorts der Landesregierung geführt werden. Dr. Volker Wissing Staatsminister