Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 15. November 2016 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/1285 zu Drucksache 17/1021 11. 10. 2016 A n t w o r t des Ministeriums für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Damian Lohr (AfD) – Drucksache 17/1021 – Prävention Islamisierung Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/1021 – vom 19. September 2016 hat folgenden Wortlaut: Laut SWR-Bericht geben Bund und Land insgesamt 481 000 Euro für ein Konzept aus, das sich gegen die „Gefahr einer islamistischen Radikalisierung junger Leute“ richten soll. Gerade einmal 28 Menschen seien seit März dieses Jahres beraten worden, wobei sich dabei ausschließlich Angehörige, Lehrer oder Sozialarbeiter gemeldet hätten. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Erfolgschancen bemisst die Landesregierung dem Projekt, wenn bislang kein Islamist es in Anspruch genommen hat? 2. Findet ein Austausch zwischen dem Träger „Institut zur Förderung von Bildung und Integration“ und den Sicherheitsbehörden statt, um einen größeren Schutz der Bevölkerung sicherzustellen? 3. Welche besonderen Kompetenzen besitzt das „Institut zur Förderung von Bildung und Integration“, mit der islamische Menschen von einer Abkehr der Radikalisierung überzeugt werden sollen? Das Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 11. Oktober 2016 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Kleine Anfrage ist überschrieben mit „Prävention Islamisierung“. Islam ist die Bezeichnung der Religion von mehr als drei Millionen Menschen in Deutschland. Der Islam gehört zu unserer Gesellschaft wie andere Religionen auch. Die Formulierung „Prävention Islamisierung“ unterstellt, dass grundsätzlich die Ausübung des Islam problematisch ist. Das ist nicht richtig. In Verbindung mit der Formulierung in Frage 3, in der „islamische Menschen von einer Abkehr der Radikalisierung überzeugt werden sollen“, werden die Mitglieder dieser Religionsgemeinschaft unter einen Generalverdacht gestellt. Damit wird muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern Unrecht getan. Im Übrigen sei auf unser Grundgesetz und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verwiesen , das gerade Teil und Ausdruck unserer Werteordnung ist, die es vor gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit jeder Art wie Rassismus, Rechtsextremismus oder islamischer Radikalisierung zu schützen gilt. Zu den Fragen 1 und 3: Das Institut zur Förderung von Bildung und Integration (INBI) ist Träger der Beratungsstelle Salam gegen islamistische Radikalisierung in Rheinland-Pfalz. In der Beratungsstelle gibt es eine umfassende Beratung für Angehörige und das weitere soziale Umfeld islamistisch radikalisierter oder von Radikalisierung bedrohter junger Menschen. Ferner gibt es ein Beratungsangebot für die jungen Menschen selbst sowie Ausstiegshilfen für jene, die sich bereits für diesen Schritt geöffnet haben. Die Beratungsstelle hat vor einem halben Jahr ihre Arbeit aufgenommen. Zum jetzigen Zeitpunkt wurden bereits in 23 Fällen 37 Personen beraten. Bei 85 Prozent der zu beratenden Personen gab es mehr als ein Gespräch und bei 75 Prozent der Beratungsfälle handelt es sich um Personen, die seit der Erstberatung über mehrere Monate begleitet werden. Deradikalisierungsprozesse erfordern kontinuierliche Arbeit und Begleitung der Betroffenen und ihres Umfeldes, teilweise über Jahre. Erfolg in der Deradikalisierungs- und Distanzierungsarbeit bedeutet, dass Betroffene den Weg zur Beratung finden und die persönliche Notwendigkeit einer Umkehr erkennen. Die Beratungsstelle ist wichtiger erster Ansprechpartner, der regional präsent ist. Erfolgreich sind all diejenigen Fälle, in denen die Beziehungen des Betroffenen mit den Eltern, Angehörigen und dem sozialen Drucksache 17/1285 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Umfeld durch die Arbeit der Beratungsstelle verbessert werden konnten und ein Abgleiten bzw. weiteres Abgleiten in eine extremistische Szene verhindert werden konnte. Zur Beratungs- und Interventionsarbeit gehört, den Betroffenen ein tragfähiges Gegen - angebot zur Unterstützung ihrer persönlichen Entwicklung sowie zur Orientierung in der Gesellschaft anzubieten und sie zur gesellschaftlichen Teilhabe zu befähigen. INBI als Träger der Beratungsstelle verfügt aufgrund seiner langjährig versierten Arbeit und nachhaltiger Netzwerkstrukturen in Rheinland-Pfalz über beste Voraussetzungen und Kontakte für diese Beratungsarbeit. Die ehrenamtlichen und kommunalen Strukturen in Rheinland-Pfalz sind dem Träger ebenso vertraut wie die Anforderungen einer diversitätsorientierten und an den Potenzialen der jungen Menschen orientierten Handlungspraxis. Das Konzept von INBI überzeugte inhaltlich mit seinem Interventionsund Deradikalisierungsansatz; das von INBI eingesetzte Personal verfügt über die für diese Beratungstätigkeit notwendigen Qualifikationen , dazu zählen auch die Mehrsprachigkeit der Fachkräfte und deren Islamkenntnisse. Außerdem verfügt das Institut über zahlreiche ausgewiesene Erfahrungen im Bereich der Jugendsozialarbeit und in der sozialpädagogischen Beratung in Alltagsund Integrationsfragen, die für die Zielgruppe der Beratungsstelle – gefährdete junge Menschen, die neue Perspektiven erarbeiten müssen und sich in die Gesellschaft reintegrieren sollen –, relevant sind. Zu Frage 2: Zu sicherheitsrelevanten Aspekten kann in diesem Rahmen nicht Stellung genommen werden. In Vertretung: Dr. Christiane Rohleder Staatssekretärin