Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 24. November 2016 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/1334 zu Drucksache 17/1225 14. 10. 2016 A n t w o r t des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Denis Alt und Benedikt Oster (SPD) – Drucksache 17/1225 – EU-Kommission verklagt Deutschland wegen der Pkw-Maut Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/1225 – vom 6. Oktober 2016 hat folgenden Wortlaut: Wie am 29. September 2016 bekannt wurde, verklagt die EU-Kommission Deutschland wegen der Pkw-Maut vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Die von Bundesverkehrs minister Alexander Dobrindt geplante Pkw-Maut sei nicht europarechtskonform , da sie ausländische Autofahrer diskriminiere. Die Planungen des Bundesverkehrsministers sehen die Einführung einer Pkw- Maut für alle Autofahrer vor. Auch rheinland-pfälzische Autofahrer würden eine betragsmäßig entsprechende Ermäßigung bei der Kfz-Steuer erhalten. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass die EU-Kommission ein Vertrags verletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet hat? 2. Wie bewertet die Landesregierung den zu erwartenden zeitlichen Rahmen im jetzt an stehen den Entscheidungsprozess? 3. Wie bewertet die Landesregierung die finanziellen Verpflichtungen, die das Bundes verkehrs ministerium mit der Einführung der Pkw-Maut in ihrer geplanten Form eingehen würde, insbesondere vor dem Hintergrund der damit verbundenen administrativen Kosten und des Kosten-Nutzen-Verhältnisses? 4. Wie bewertet die Landesregierung alternative Modelle zur Finanzierung von Infrastruktur-Ausgaben wie die Lkw-Maut im Vergleich zur geplanten Pkw-Maut? Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 13. Oktober 2016 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Der Bundesrat hat bereits in seiner am 6. Februar 2015 mit Unterstützung des Landes Rheinland-Pfalz beschlossenen Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Pkw-Maut grundsätzliche Bedenken hinsichtlich der Frage vorgebracht, ob die gleichzeitige Einführung einer Infrastrukturabgabe in Deutschland und eines Freibetrags bei der Kfz-Steuer in gleicher Höhe mit dem europäischen Recht vereinbar ist. Er hat schon damals auf die Gefahr eines EU-Vertragsverletzungsverfahrens hingewiesen . Die Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens im Juni 2015 und die jetzt angekündigte Klage vor dem Europäischen Gerichtshof haben die seinerzeitige Position des Bundesrates bestätigt, die wie dargestellt auch von der rheinland-pfälzischen Landesregierung mitgetragen wurde. Zu Frage 2: Für die Behandlung von Vertragsverletzungssachen durch den Europäischen Gerichtshof gibt es keine verfahrensmäßigen Festlegungen , die konkrete Aussagen zur Verfahrensdauer zulassen. Eine statistische Auswertung der Verfahrensdauern durch die EU-Kommission ergab für den Berichtszeitraum von November 2013 bis Mai 2014 einen Wert von rund 28 Monaten ab dem Versand des Aufforderungsschreibens am Beginn des ersten Verfahrensschrittes, der im vorliegenden Fall im Juni 2015 erfolgte. Da die EU-Kommission nur die durchschnittliche Verfahrensdauer angegeben hat, kann vonseiten der Landesregierung kein Termin für den Abschluss des Vertragsverletzungsverfahrens genannt werden. Zu Frage 3: Die Bundesregierung selbst hat im Gesetzentwurf sowohl einmalige als auch jährliche Erfüllungsaufwände veranschlagt. Neben den Mautabgaben der Kfz-Halter umfasst dies die Vorhaltung des neuen Zentralen Infrastrukturregisters sowie die Verwaltung, die Erhebung , Kontrolle und Abrechnung der Maut. Der einmalige (379 Millionen Euro) und der jährliche Erfüllungsaufwand (202,5 Mil - lio nen Euro) sowie die aus dem Regelungsvorhaben des BMF zur Aufnahme des Steuerentlastungsbetrages (Kraftfahrzeugsteuer) Drucksache 17/1334 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode resultierenden Kosten (einmalig 76,6 Millionen Euro, jährlich 2,9 Millionen Euro) sollen durch die Einnahmen der Infrastrukturabgabe gedeckt werden. Die zusätzlichen Erträge durch die Infrastrukturabgabe veranschlagt das Bundesverkehrsministerium dagegen auf lediglich 700 Millionen Euro jährlich. Sie stehen damit in einem sehr ungünstigen Verhältnis zu dem hierfür erforderlichem Aufwand. Zu Frage 4: Der Anteil der Fahrleistungen ausländischer Lkw im Güterkraftverkehr liegt bei rund 40 Prozent. Schwerlast-Lkw sind wegen der großen Tankreichweite nicht gezwungen, beim Transit oder bei Quell- und Zielverkehren in Deutschland zu tanken. Eine Mitfinanzierung des Netzes über Energiesteuern findet dann nicht statt. Nur mithilfe der Lkw-Maut war es möglich, eine angemessen Beteiligung ausländischer Lkw an den Kosten der Vorhaltung des deutschen Straßennetzes zu erreichen. Demgegenüber liegt der Anteil der Fahrleistungen ausländischer Pkw bei lediglich 7 Prozent. Gleichzeitig ist wegen der gegenüber dem Lkw deutlich geringeren Tankreichweiten davon auszugehen, dass ausländische Pkw oft in Deutschland betankt werden. Insoweit tragen sie über die Energiesteuern auf Kraftstoffe in ähnlichem Umfang in Deutschland zur Straßenfinanzierung bei wie deutsche Pkw. Aus der Sicht der Landesregierung ist die Pkw-Maut allein für Halter im Ausland zugelassener Pkw schon aus den vorgenannten Gründen nicht geboten. Gegen die Pkw-Maut sprechen darüber hinaus die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen auf Gastgewerbe und Einzelhandel in den Grenzregionen, das ungünstige Verhältnis von Aufwand und Ertrag sowie die vermutliche Diskriminierung der Halter im Ausland zugelassener Pkw gegenüber Haltern in Deutschland zugelassener Fahrzeuge. In Vertretung: Andy Becht Staatssekretär