Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 24. November 2016 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/1345 zu Drucksache 17/1151 17. 10. 2016 A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Daniel Köbler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Drucksache 17/1151 – Sozialpädiatrische Zentren Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/1151 – vom 28. September 2016 hat folgenden Wortlaut: In Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ) werden Kinder und Jugendliche mit Behinderungen, Entwicklungsstörungen und psychischen Krankheiten interdisziplinär gesundheitlich betreut. Sie bieten den jungen Patientinnen und Patienten sowie deren Familie wertvolle Unterstützung und Hilfe an. Mit dem Erreichen der Altersgrenze von 18 Jahren ist eine Behandlung für gesetzlich Versicherte in SPZ nicht mehr möglich. Der Bundesgesetzgeber hat deshalb den Aufbau medizinischer Zentren für erwachsene behinderte Menschen (MZEB) in das SGB V aufgenommen. Im rheinland-pfälzischen Koalitionsvertrag wurde ein Ausbau der Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgung von chronisch kranken und behinderten Kindern und Jugendlichen, die Fortsetzung der Unterstützung der Arbeit der Sozialpädiatrischen Zentren und der Aufbau eines Netzes medizinischer Zentren für erwachsene Menschen mit Behinderung nach § 119 c SGB V vereinbart . Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie sind die Sozialpädiatrischen Zentren in Rheinland-Pfalz organisatorisch und örtlich strukturiert? 2. Wie bewertet die Landesregierung die Arbeit der Sozialpädiatrischen Zentren? 3. Welche Medizinischen Zentren für erwachsene behinderte Menschen (MZEB) nach § 119 c SGB V wurden in Rheinland-Pfalz bereits für eine Teilnahme an der Versorgung zugelassen bzw. ermächtigt, und wie ist der Beratungs- und Entscheidungsstand über weitere MZEB? 4. In welcher Weise unterstützt die Landesregierung die Sicherstellung der speziellen medizinischen Versorgung behinderter Menschen im Erwachsenenalter und den Aufbau der MZEB? 5. Was unternimmt die Landesregierung, damit der Übergang von den Sozialpädiatrischen Zentren in die MZEB gewährleistet wird? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 17. Oktober 2016 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Eine wichtige Adresse für Eltern eines Kindes mit Behinderungen und/oder chronischer Erkrankung sind die Zentren für Sozialpädiatrie und Frühförderung. Der Schwerpunkt der Arbeit in den Zentren liegt bei der frühzeitigen Erkennung, Förderung und Behandlung von Entwicklungsstörungen, drohenden Behinderungen und bestehenden Behinderungen bei Kindern und Jugendlichen . Ein integraler Bestandteil der Behandlung ist die Beratung der Eltern, die auch die soziale Situation der Familie berücksichtigen soll. In den Zentren für Sozialpädiatrie und Frühförderung können Kinder und Jugendliche mit Auffälligkeiten in allen Entwicklungsbereichen , chronischen Erkrankungen, Behinderungen und drohenden Behinderungen vorgestellt werden. In Rheinland-Pfalz bieten derzeit acht Zentren für Sozialpädiatrie und Frühförderung mit insgesamt 31 Außenstellen (Stand Ende 2015) dieses umfassende Angebot an. Dadurch ist eine wohnortnahe Versorgung der Kinder mit Behinderungen gewährleistet. Die acht Zentren für Sozialpädiatrie und Frühförderung befinden sich in Bad Kreuznach, Göllheim, Mainz, Landau, Landstuhl, Ludwigshafen, Neuwied und Trier. Die rheinland-pfälzischen Zentren sind so organisiert, dass sie Leistungen der Sozialpädiatrie und der Frühförderung unter einem Dach unter ärztlicher Leitung durch ein interdisziplinäres Team anbieten. Um der Gesamtentwicklung des Kindes in ihrer Komplexität gerecht zu werden, arbeiten hier die Fachdisziplinen der Kinderheilkunde, der medizinischen Therapie sowie der Psychologie und Heilpädagogik/Sozialpädagogik nach einem interdisziplinären Konzept zusammen. Drucksache 17/1345 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode 2 Die Inanspruchnahme der Leistungen in den Zentren für Sozialpädiatrie und Frühförderung erfolgt nach Überweisung eines niedergelassenen Vertragsarztes. Nach der Eingangsdiagnostik durch den Kinderarzt und von ihm beauftragten weiteren Fachkräften wird ein individueller Förder- und/oder Behandlungsplan aufgestellt, aus dem sich die erforderlichen Leistungen ergeben. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Berufsgruppen wird durch regelmäßige Besprechungen der in die Behandlung involvierten Berufsgruppen (inklusive Ärztlicher Dienst) sichergestellt. Hierfür gibt es festgelegte wöchentliche Besprechungszeiten. Neben der guten und effektiven Zusammenarbeit in den Teams dient auch die Zusammenarbeit mit externen Fachgruppen, Fachdiensten und Einrichtungen (zum Beispiel Ärztinnen und Ärzte, Kliniken, Kinder- und Jugendpsychiatrische Ambulanzen, Gesundheitsämter , andere medizinisch-therapeutische Dienste, Kindertagesstätten, integrative Kindertagesstätten und Förderkindergärten , Einrichtungen der Behindertenhilfe, Sozial- und Jugendämter, Erziehungsberatungsstellen und andere soziale und medizinische Dienste) der optimalen Förderung des Kindes. Zu 2.: Die rheinland-pfälzische Politik für Menschen mit Behinderung wird von drei Leitgedanken getragen: Teilhabe, Gleichstellung und Selbstbestimmung. Das Motto für die Umsetzung dieser Leitgedanken lautet: „Leben wie alle – mittendrin von Anfang an.“ Gerade das „von Anfang an“ hat für die Zentren für Sozialpädiatrie und Frühförderung eine ganz entscheidende Bedeutung. Für die Landesregierung gilt: Je früher eine Behinderung erkannt und behandelt wird, desto größer sind die Chancen einer Rehabilitation . Der Früherkennung und Frühförderung von Kindern mit Behinderung und von Behinderung bedrohter Kinder kommt damit eine ganz wichtige präventive, aber auch eine Funktion als „Weichensteller“ zu. Die Zentren für Sozialpädiatrie und Frühförderung leisten mit ihrer Arbeit einen wertvollen Beitrag, damit Inklusion und Selbstbestimmung funktionieren können. Die rheinland-pfälzischen Zentren für Sozialpädiatrie und Frühförderung arbeiten ganzheitlich und fachbereichsübergreifend unter ärztlicher Leitung und tragen damit zur optimalen Förderung der Kinder und Jugendlichen mit Behinderung unter Einbeziehung der Eltern bei. Durch die enge Verzahnung von Sozialpädiatrie und Frühförderung unter einem Dach ist sichergestellt, dass die Frühförderung als Komplexleistung erbracht wird. Durch das dichte Netz der acht Zentren für Sozialpädiatrie und Frühförderung mit ihren Außenstellen existiert landesweit eine gut ausgebaute diagnostische und therapeutische Infrastruktur. Zu 3.: Die Zulassungsausschüsse der Ärzte und Krankenkassen in Rheinland-Pfalz haben bislang fünf solcher Zentren in Rheinland-Pfalz zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt. Die medizinischen Zentren für erwachsene behinderte Menschen (MZEB) befinden sich in Mainz in der Trägerschaft des Landeskrankenhauses , in Bad Kreuznach in der Trägerschaft der Kreuznacher Diakonie, in Trier in der Trägerschaft des Zentrums für Sozialpädiatrie und Frühförderung Trier und des Zentrums für Erwachsene mit Behinderung Trier gGmbH und in Neuwied in der Trägerschaft des Heinrich-Hauses MVZ GmbH sowie in der Trägerschaft der MZEB RLP Nord gGmbH. Die Geschäftsstelle der Zulassungsausschüsse hat mitgeteilt, dass den Zulassungsausschüssen derzeit keine weiteren Anträge vorliegen . Zu 4. und 5.: Die in den medizinischen Zentren für erwachsene behinderte Menschen erbrachten ambulanten ärztlichen Leistungen werden wie bei sozialpädiatrischen Zentren unmittelbar von den Krankenkassen vergütet. Die Landesregierung ist an der Vereinbarung der Vergütungen nicht beteiligt, sie obliegt allein den Vertretern der Selbstverwaltung, das heißt den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen mit den Hochschulen oder Hochschulkliniken, den Krankenhäusern oder den sie vertretenden Vereinigungen im Land, der Landeskrankenhausgesellschaft. Bei den Vergütungsverhandlungen sind wie bei den sozialpädiatrischen Zentren nach der Gesetzesbegründung auch die in Kooperation mit Ärztinnen und Ärzten und anderen Stellen erbrachten nichtärztlichen Leistungen angemessen zu berücksichtigen. Die vereinbarte Vergütung muss die Leistungsfähigkeit der medizinischen Zentren für erwachsene behinderte Menschen bei wirtschaftlicher Betriebsführung gewährleisten (§ 120 Abs. 2 Satz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch). Die Vergütung kann pauscha - liert werden. Medizinische Zentren für erwachsene behinderte Menschen sind von ihrer Organisationsstruktur ähnlich aufgebaut wie Sozialpädiatrische Zentren. Neben dieser Parallele macht die Anbindung der medizinischen Zentren für erwachsene behinderte Menschen an Sozialpädiatrische Zentren auch insofern Sinn, dass im Sozialpädiatrischen Zentrum vorhandene Personalstrukturen und Professionen auch im medizinischen Zentrum für erwachsende behinderte Menschen genutzt werden können und eine vernetzte Arbeit erfolgen kann. Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/1345 Vom Grundsatz her ist das medizinische Zentrum für erwachsene behinderte Menschen jedoch ein eigenständiges Angebot. Bei Weitem nicht alle Kinder und Jugendliche, die die Unterstützung eines Sozialpädiatrischen Zentrums benötigen, sind im Erwachsenenalter auf ein medizinisches Zentrum für erwachsene behinderte Menschen angewiesen. Viele von ihnen benötigen ein Sozialpädiatrisches Zentrum nur temporär. Lediglich Kinder und Jugendliche mit chronischen Mehrfachbehinderungen, die auch im Erwachsenenalter behandelt werden müssen, brauchen die Angebote eines medizinischen Zentrums für behinderte Erwachsene. Es gibt jedoch darüber hinaus eine Gruppe von Menschen, die erst im Erwachsenenalter eine Behinderung erwerben, hier insbesondere Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen und die auf das breite Angebotsspektrum der Leistungen eines medizinischen Zentrums für erwachsene Behinderte angewiesen sein werden. Somit ist das medizinische Zentrum für erwachsende Behinderte als eine von den Sozialpädiatrischen Zentren getrennte Institution zu betrachten, allerdings macht die Anbindung an die Sozialpädiatrischen Zentren durch die ähnliche Organisationsstruktur Sinn. In Vertretung: David Langner Staatssekretär 3