Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 28. November 2016 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/1356 zu Drucksache 17/1139 18. 10. 2016 A n t w o r t des Ministeriums des Innern und für Sport auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Heribert Friedmann (AfD) – Drucksache 17/1139 – Traumatisierte Polizistinnen und Polizisten Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/1139 – vom 27. September 2016 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Polizistinnen und Polizisten wurden, aufgeschlüsselt nach Jahren, seit 2006 im Dienst oder im Zusammenhang mit dem Dienst traumatisiert? 2. Welche Vorfälle waren die Auslöser für die Traumata? 3. Bekommen traumatisierte Polizistinnen und Polizisten besondere medizinische Leistungen, die über die Leistungen der Beihilfe oder Freien Heilfürsorge hinausgehen? 4. Gibt es eine Nachsorge und wie sieht die ggf. aus? 5. Sind derzeit alle im genannten Zeitraum traumatisierten Polizistinnen und Polizisten wieder voll einsatzbereit? Wenn nicht, wie viele befinden sich noch im Krankheitsstand oder nicht mehr im Polizeidienst? Das Ministerium des Innern und für Sport hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 14. Oktober 2016 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Grundsätzlich erfolgt bei den Behörden und Einrichtungen der rheinland-pfälzischen Polizei keine umfassende statistische Erfassung von Verletzungen und Erkrankungen der Polizeibeamtinnen und -beamten. Bekannt sind die bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion – Schadenregulierungsstelle – (ADD-SRS) angezeigten Dienstunfälle, die im Zusammenhang mit einer seelischen Verletzung stehen können. Davon ausgehend, dass sich die Fragestellung auf Traumata im Sinne von seelischen Verletzungen richtet, hat die ADD-SRS die angezeigten Dienstunfälle nach den Diagnosen Posttraumatische Belastungsstörung, Posttraumatische Belastungsreaktion , akute Belastungsreaktion, Anpassungsstörung und Depression ausgewertet. Nach Mitteilung der ADD-SRS ergeben sich danach folgende Fallzahlen: Jahr Fallzahl 2006 4 2007 5 2008 4 2009 7 2010 10 2011 15 2012 5 2013 6 2014 5 2015 7 2016 (Stand: 1. Oktober) 1 Drucksache 17/1356 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Zu Frage 2: Die auslösenden Ereignisse werden nach Mitteilung der ADD-SRS statistisch nicht erfasst. Gemäß Rundschreiben des Ministerium des Innern und für Sport „Krisenintervention in der Polizei Rheinland-Pfalz“ (KIT-Pol) vom 1. Dezember 2007 (Az. 18 305:346) sind als dienstliche Erlebnisse, die zu einer hohen psychischen Belastung führen können, die schwerwiegende Verletzung oder Tötung durch Polizeibeamtinnen oder Polizeibeamte (z. B. beim Schusswaffengebrauch gegen Personen), die schwerwiegende Verletzung oder Tötung von Polizeibediensteten, der Suizid (-versuch) von Polizeibediensteten, Ereignisse mit mehreren Toten oder Sterbenden, der Suizid vor den Augen der Polizeibediensteten, die gescheiterte Reanimation durch Polizeibedienstete und größere Schadenslagen angegeben. Zu Frage 3: Soweit ein traumatisierendes Ereignis vorliegt und als Dienstunfall anerkannt wird, werden Leistungen nach dem Landesbeamtenversorgungsgesetz gewährt. Diese können umfassender als die Leistungen der Beihilfe oder Freien Heilfürsorge sein. Zu Frage 4: Bei betroffenen Polizeibediensteten, die nach dienstlichen Erlebnissen in herausragende akute situative Krisen geraten sind oder geraten können, erfolgt gemäß Rundschreiben des Ministeriums des Innern und für Sport „Krisenintervention in der Polizei Rheinland -Pfalz“ (KIT-Pol) vom 1. Dezember 2007 (Az. 18 305:346) eine Krisenintervention durch aufsuchende Hilfe. Die Krisenintervention richtet sich an die unmittelbar betroffenen Polizeibediensteten und kann ihr dienstliches und privates Umfeld miteinbeziehen. Sie beinhaltet grundsätzlich eine erste zeitnahe Kontaktaufnahme und Maßnahmen zur Stressreduzierung (Psychische Erste Hilfe), in Absprache am Tage nach dem Ereignis weitere unterstützende Maßnahmen an einem ruhigen und sicheren Ort (Akutintervention) und wenige Tage nach dem Erlebnis die Erarbeitung längerfristiger Bewältigungsstrategien (Psycho - logische Aufarbeitung). Das Kriseninterventionsteam stellt Erstkontakt mit dem Betroffenen und/oder dem Vorgesetzten her und vereinbart die Inanspruchnahme weiterer Hilfsangebote. Psychische Erste Hilfe und Akutintervention erfolgen durch Polizeipsychologinnen und -psychologen, psychosoziale Fachkräfte, Polizeiseelsorgerinnen und -seelsorger bzw. Polizeiärztinnen und -ärzte. Ist eine weitere Betreuung erforderlich, unterstützen die hauptamtlichen Sozialberaterinnen und Sozialberater bei späteren Maßnahmen der Nachsorge gegebenenfalls auch bei der Suche von ambulanten oder stationären Behandlungsangeboten externer medizinischer oder psychologischer Fachkräfte. Für Polizeibeamtinnen und -beamte, die in einen Schusswaffengebrauch involviert waren und deren Angehörige, gibt es seit 1996 zudem eine von Psychologen und Seelsorgern moderierte Selbsthilfegruppe, die sich in regelmäßigen Abständen trifft. Zu Frage 5: Die ADD-SRS ist zuständig für die Anerkennung eines Dienstunfalls. Die Personalstellen der Polizeibehörden und -einrichtungen haben keinen Einblick in Akten, ärztliche Gutachten o. Ä. zu laufenden Dienstunfallverfahren. Die ADD-SRS informiert die Personalstellen, wenn ein Unfallgeschehen als Dienstunfall anerkannt wird oder wenn ein Dienstunfall eine Einschränkung der (Polizei-) Dienstfähigkeit oder eine (Polizei-) Dienstunfähigkeit zur Folge hat. Dabei werden nähere Informationen zu Ursachen oder medizinischen Diagnosen nicht gegeben. Die Personalstellen können deshalb die Beamtinnen und -beamten keiner bestimmten Erkrankung – hier einer Traumatisierung – zuordnen. In Vertretung: Günter Kern Staatssekretär