Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 1. Dezember 2016 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/1438 zu Drucksache 17/1228 27. 10. 2016 A n t w o r t des Ministeriums für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Pia Schellhammer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Drucksache 17/1228 – Coming Out Day Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/1228 – vom 6. Oktober 2016 hat folgenden Wortlaut: Am 11. Oktober wird international der Coming Out Day begangen. An diesem Tag soll auf die Situation von Menschen, insbesondere Jugendlichen, aufmerksam gemacht werden, die sich in der Familie, im Freundeskreis, am Arbeitsplatz oder auch öffentlich als Schwule, Lesben, Bisexuelle, Transsexuelle, Transgender oder Intersexuelle (LSBTTI) bekennen wollen. Noch immer müssen diese Menschen in solchen Situationen stark ablehnende Reak tio nen fürchten, die sie vor große innere Konflikte stellen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Welche Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten gibt es in Rheinland-Pfalz für Jugend liche, die vor ihrem Coming Out als LSBTTI stehen? 2. Wie fördert die Landesregierung Vereine und Initiativen, die Jugendliche in solchen Situa tionen unterstützen und beraten? 3. Wie fördert die Landesregierung allgemein die Erhöhung der Akzeptanz von LSBTTI und den Kampf gegen Homophobie? Das Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 27. Oktober 2016 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Das Coming-Out besteht in der Regel aus zwei Phasen. Die erste Phase ist das „innere Coming-Out“, das aus dem eigenen Entdecken, der Bewusstwerdung und der inneren Akzeptanzbildung des Schwul- bzw. Lesbisch-Seins, der Transidentität oder Intersexualität eines Menschen besteht. Diese Phase kann mehrere Jahre andauern, bereits in jungen Jahren oder erst im Alter auftreten. Die zweite Phase ist die Öffnung nach außen („äußeres Coming-Out“). Freunde, Familienmitglieder oder Personen des sozialen Umfelds wie beispielsweise Arbeitskolleginnen und -kollegen werden über die sexuelle Orientierung bzw. geschlechtliche Identität unterrichtet. Das äußere Coming-Out wiederholt sich immer wieder in neuen Lebenssituationen. Der Coming Out Day wird seit 1988 jedes Jahr am 11. Oktober begangen. Die Idee kommt ursprünglich aus den USA. Mit dem Tag soll ein Zeichen gesetzt werden gegen wahrgenommene ablehnende Haltungen gegenüber Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen , Transgender und Intersexuellen (LSBTTI). Auch wenn sich in den letzten Jahrzehnten ein Wertewandel hin zu einer liberaleren, offeneren Gesellschaft vollzogen hat, gibt es nach wie vor Vorbehalte gegenüber Menschen, die nicht der gesellschaftlichen Norm (Heteronormativität) entsprechen. Die Teilnehmenden an der Online-Umfrage zur Lebenssituation von LSBTTI in Rheinland-Pfalz haben 2013 sich zum Coming- Out wie folgt geäußert: – Fast 80 Prozent der Befragten haben angegeben, dass sie im engeren Familienkreis geoutet sind und rund 45 Prozent haben angegeben, dass sie im weiteren Familienkreis umfassend geoutet sind. – Allerdings haben rund 60 Prozent der ca. 500 befragten Personen von Diskriminierungserfahrungen aufgrund der sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität berichtet. Dies vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: In Rheinland-Pfalz besteht ein breites Netz an Beratungsangeboten zum Coming-Out. Zunächst bieten alle 60 Lebensberatungsstellen eine Erstberatung bei Fragen zum Coming-Out für Betroffene wie auch für Angehörige an. Darüber hinaus wünschen sich viele Betroffene Beratung und Begleitung durch Personen, die selbst Erfahrung mit dem Coming- Out haben (Peer-to-Peer-Beratung). Sie wünschen sich damit eine Form der Beratung, die für Frauen, Menschen mit Behinderung oder auch Migratinnen und Migranten längst zur selbstverständlichen Professionalität des Angebots gehört. Ein solches Angebot Drucksache 17/1438 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode macht QueerNet Rheinland-Pfalz e. V., das Netzwerk für LSBTTI, in seinen Kommunikations- und Beratungseinrichtungen in Mainz (Bar jeder Sicht), Trier (Schmit-Z), Koblenz (Rat und Tat e. V.) und Kaiserslautern (Aids-Hilfe). Die Angebote bestehen beispielsweise aus Einzelbegleitung und -beratung, Fachveranstaltungen oder Stammtischen für Betroffene und Angehörige. Spezielle Peer-Beratungen für transgeschlechtliche und intersexuelle Menschen führt unter anderem auch die Deutsche Gesellschaft für Transsexualität und Intersexualität e. V. (dgti), Arbeitskreis Rheinland-Pfalz, durch. Zu Frage 2: Die Landesregierung fördert Beratungsangebote und Veranstaltungen von QueerNet Rheinland-Pfalz e. V., die sich unter anderem auch mit dem Coming-Out befassen (Landesförderung rund 34 000 Euro im Jahr 2016). Darüber hinaus wirbt das Projekt „Familienvielfalt“ von QueerNet Rheinland-Pfalz e. V. für die Akzeptanz von LSBTTI (Landesförderung rund 140 000 Euro im Jahr 2016). Das Projekt verfolgt das Ziel, Akteurinnen und Akteure der Kinder- und Jugendhilfe , der Familien- und Bildungseinrichtungen, Fachkräfte der Seniorenarbeit sowie kommunale Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt zu informieren und für die Belange queerer Lebensweisen zu sensibilisieren, unter anderem im Hinblick auf Coming-out. Zu Frage 3: Die Landesregierung setzt seit 2013 den Landesaktionsplan „Rheinland-Pfalz unterm Regenbogen“ mit seinen acht Handlungsfeldern um. Der Landesaktionsplan hat das Ziel, die Menschenrechtsarbeit im Bereich sexuelle Identität und Geschlechtsidentität zu intensivieren, Diskriminierung zu bekämpfen sowie die rechtliche Gleichstellung und die gesellschaftliche Akzeptanz von LSBT- TI zu fördern. Aktuelle Schwerpunkte sind unter anderem: – Öffentlichkeitsarbeit und Gespräche zur Förderung eines gesellschaftlichen Klimas ohne Vorurteile, Ausgrenzung und Diskriminierung , – Durchführung eines landesweiten Runden Tisches LSBTTI zum Dialog mit Betroffenen als Expertinnen und Experten in eigener Sache, – Verbesserung der Lebenssituation von transgeschlechtlichen und intersexuellen Menschen, – Unterstützung von LSBTTI-Geflüchteten und – Umsetzung des Landtagsbeschlusses zur Aufarbeitung der Verfolgung von Homosexualität in Rheinland-Pfalz durch einen Forschungsbericht sowie eine mobile Ausstellung zur politischen Bildungsarbeit, um homophoben und transphoben Tendenzen entgegenzuwirken. Anne Spiegel Staatsministerin