Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 12. Dezember 2016 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/1532 zu Drucksache 17/1354 09. 11. 2016 A n t w o r t des Ministeriums für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Matthias Lammert (CDU) – Drucksache 17/1354 – Bericht Integriertes Rückkehrmanagement Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/1354 – vom 18. Oktober 2016 hat folgenden Wortlaut: Deutsche Behörden beklagen nach SPIEGEL-Informationen massive Probleme bei der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber. Das geht aus einem bisher unter Verschluss gehaltenen Bericht für die Innenminister von Bund und Ländern hervor. Die angeführten Zitate stammen aus einer Anlage zum Bericht der Bund-Länder-Koordinierungsstelle „Integriertes Rückkehrmanagement“ (BLK-IRM) zur Frühjahrssitzung 2016 der Konferenz der Innenminister und -senatoren von Bund und Ländern (IMK). Demnach scheiterten Abschiebungen häufig an fehlenden Papieren. Die Experten glauben, dass in vielen Fällen „Dokumentenlosigkeit gezielt als Strategie eingesetzt“ werde, um „im Falle einer Ausreisepflicht deren Durchsetzung zu erschweren oder unmöglich zu machen“. In dem Bericht an die Innenminister wird deshalb vorgeschlagen, einen eigenen Strafparagraphen für „Identitätsverschleierung“ einzuführen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Werden die Mitglieder des rheinland-pfälzischen Innenausschusses den bisher unter Verschluss gehaltenen Bericht der Bund- Länder-Koordinierungsstelle „Integriertes Rückkehrmanagement“ erhalten? Wenn nein, warum nicht? 2. Ist der Landesregierung bekannt, dass Dokumentenlosigkeit gezielt als Strategie eingesetzt wird, um im Falle einer Ausreisepflicht deren Durchsetzung zu erschweren oder unmöglich zu machen? 3. Wie viele Abschiebungen scheiterten in Rheinland-Pfalz aufgrund von fehlenden Dokumenten und was wird unternommen, um diesen Missstand zu beheben? 4. Wie viele Ermittlungsverfahren wurden gegen Migranten, die ihre Identität verschleierten, in den Jahren 2014, 2015 und 2016 eingeleitet und in wie vielen Fällen kam es zu einer Verurteilung oder einer Einstellung des Verfahrens? 5. Wie bewertet die Landesregierung den Vorschlag, einen eigenen Strafparagraphen für „Identitätsverschleierung“ einzuführen? 6. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, wie viele Asylbewerber oder Flüchtlinge in Rheinland-Pfalz geduldet werden, weil keine Ausweispapiere vorliegen bzw. die Identität nicht festgestellt werden kann? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? 7. Findet eine Zusammenarbeit mit der Bundespolizei bei der Passersatzbeschaffung statt? Wenn nein, warum nicht? Das Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 9. November 2016 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Der Bericht der Bund-Länder-Koordinierungsstelle „Integriertes Rückkehrmanagement“ (BLK-IRM) ist als Verschlusssache (VS-Nur für den Dienstgebrauch) gekennzeichnet. Er kann auf Antrag gemäß Nr. 48 VS-Anweisung Rheinland-Pfalz der VS-Registratur des Landtags übersandt werden. Die Anlage zu dem Bericht der BLK-IRM an die Konferenz der Innenminister und -senatoren von Bund und Ländern kann den Mitgliedern des Innenausschusses auf Anfrage verfügbar gemacht werden, sie ist zudem im Internet abrufbar.1) Zu Frage 2: Es ist der Landesregierung bekannt, dass Ausländerinnen und Ausländer teilweise angeben, keine Identitätsdokumente zu besitzen, wodurch Abschiebungen zumindest erschwert werden, da zur Vorbereitung der Abschiebung zunächst Pass- oder Passersatzpapiere beschafft werden müssen. 1) https://fragdenstaat.de/files/foi/29570/bericht-unterarbeitsgruppe-vollzugsdefizite-april2015.pdf Drucksache 17/1532 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Zu Frage 3: Es liegen keine statistischen Erhebungen dazu vor, in wie vielen Fällen eine Ausreisepflicht wegen fehlender Ausweisdokumente nicht durchgesetzt werden konnte. Zur Vermeidung dieser Fälle sind ausreisepflichtige Ausländerinnen und Ausländer dazu verpflichtet, bei der Beschaffung von Passoder Passersatzpapieren mitzuwirken. Zudem ist der Aufenthalt ohne die erforderlichen Papiere nach § 95 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG strafbewehrt. Die Passbeschaffung sowie die Beschaffung von Passersatzpapieren hängen neben der Mitwirkungsbereitschaft der Ausländerin oder des Ausländers allerdings auch von der Kooperation der Herkunftsstaaten ab. Der Austausch mit den Herkunftsstaaten ist Aufgabe der Bundesregierung. Um den Umgang der rheinland-pfälzischen Ausländerbehörden mit Fällen fehlender Ausweispapiere effektiver zu gestalten, gründete die Landesregierung bereits 1994 die Clearingstelle für Passbeschaffung und Flugabschiebung, die bei der Stadtverwaltung Trier angesiedelt ist und von der Landesregierung finanziert wird. 2016 wurde die Clearingstelle in die Zentralstelle für Rückführungsfragen umgewandelt und die personelle Ausstattung verdoppelt. Die Zentralstelle unterstützt die Ausländerbehörden, indem sie in Amtshilfe die Identitätsklärung (Zielgruppe: Personen, die ihre Identität verschleiern) und Passbeschaffung durchführt. Sie bearbeitet zudem zentral die Rückübernahmeabkommen mit Drittstaaten. Außerdem koordiniert sie die Teilnahme der rheinland -pfälzischen Ausländerbehörden an bundesweiten und EU-Rückführungsflügen. Rheinland-Pfalz hat zudem bereits seit mehreren Jahren den Vorsitz der bundesweiten Clearingstellen-Tagung inne. Außerdem wirkt das Land in der Arbeitsgemeinschaft Rückführung von Bund und Ländern mit, in der sich diese auch zu der Frage der Dokumentenbeschaffung abstimmen. Zu Frage 4: Die Polizei in Rheinland-Pfalz führt keine spezifische Statistik, die Rückschlüsse auf die Anzahl von Personen zulässt, die ihre Identität verschleiern. Eine diesbezügliche Auswertung ist mit den Erfassungsparametern in der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht möglich. Zu Frage 5: Das Strafrecht ist vom Ultima-Ratio-Gedanken geprägt. Vor diesem Hintergrund bedarf es einer intensiven Abwägung, ob ein zusätzlicher Straftatbestand erforderlich ist. Die diesbezügliche Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. Zu Frage 6: Der Aufenthalt von Ausländern, die einen Asylantrag stellen, ist erlaubt. Sie erhalten eine Aufenthaltsgestattung, sodass eine Duldung wegen fehlender Reisedokumente für diese Gruppe nicht erteilt wird. Im Ausländerzentralregister waren zum 30. September 2016 in 461 Fällen Duldungen wegen fehlender Reisedokumente vermerkt. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die tatsächliche Zahl dieser Fälle höher ist, da Personen aus unterschiedlichen kumulativ vorliegenden Gründen eine Duldung erteilt werden kann, ohne dass jeder Grund gesondert statistisch erfasst wird. Dazu, wie viele dieser Personen einen Asylantrag gestellt hatten, liegen keine Angaben vor. Zu Frage 7: Die Behörden in Rheinland-Pfalz arbeiten bei der Passbeschaffung mit der Bundespolizei zusammen. Die Bundespolizei übernimmt bundesweit in Amtshilfe die Passbeschaffung für 15 westafrikanische Staaten. Darüber hinaus übernimmt sie die Passbeschaffung für acht weitere Staaten, wenn diese trotz Identitätsbeweis kein Heimreisedokument ausstellen. Anne Spiegel Staatsministerin