Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 19. Dezember 2016 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/1576 zu Drucksache 17/1389 15. 11. 2016 A n t w o r t des Ministeriums des Innern und für Sport auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Martin Brandl und Matthias Lammert (CDU) – Drucksache 17/1389 – Reichsbürgerbewegung in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/1389 – vom 20. Oktober 2016 hat folgenden Wortlaut: Wir fragen die Landesregierung: 1. Inwiefern werden Aktivitäten der Reichsbürgerbewegung, ihrer Mitglieder und Unterorganisationen in Rheinland-Pfalz von staatlicher Seite beobachtet? 2. Wie viele Mitglieder werden in Rheinland-Pfalz der Reichsbürgerbewegung zugerechnet? 3. Wie viele Straftaten welcher Art werden diesen Mitgliedern der Reichsbürgerbewegung zugeordnet? 4. Inwiefern waren bei diesen Straftaten Flüchtlinge betroffen? 5. Inwiefern wird die Reichsbürgerbewegung als politische Bewegung oder als Sekte eingestuft? 6. Inwiefern sieht die Landesregierung Handlungsbedarf, ein Verbot der Reichsbürgerbewegung zu prüfen? Das Ministerium des Innern und für Sport hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 14. November 2016 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Die Verfassungsschutzbehörde Rheinland-Pfalz prüft regelmäßig, ob im Einzelfall die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beobachtung gegeben sind. Ungeachtet dessen hat sie das Spektrum der „Reichsbürger“ im Blick und wertet Informationen aus öffentlich zugänglichen Quellen aus. Gleiches gilt mit Blick auf die dem Verfassungsschutz seitens anderer staatlicher Stellen zur Verfügung gestellten Unterlagen. Ferner werden Einzelpersonen, die ordnungsrechtlich oder polizeilich in Erscheinung treten, im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen überprüft. Eine Beobachtung mit nachrichtendienstlichen Mitteln ist immer dann möglich, wenn Gruppierungen politisch bestimmt und zielgerichtet die freiheitlich demokratische Grundordnung beseitigen wollen. Bei einer entsprechenden Beobachtung von Einzelpersonen muss noch hinzukommen, dass diese gewalttätig auf die Abschaffung der freiheitlich demokratischen Grundordnung hinwirken . Die Polizei wertet fortlaufend die Erkenntnisse aus, die sie im Rahmen der Bearbeitung strafrechtlicher Ermittlungen oder Verfahren zur Abwehr konkreter Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zum sogenannten „Reichsbürger“-Spektrum erhebt. Die rheinland-pfälzischen Sicherheitsbehörden tauschen die jeweiligen Erkenntnisse zeitnah im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten aus. Zu Frage 2: Die Heterogenität der Szene, die sich in Rheinland-Pfalz vornehmlich aus Einzelpersonen zusammensetzt, erschwert eine belastbare Bestimmung der genauen Personenzahl des „Reichsbürger“-Spektrums. Darüber hinaus unterliegt die Bewertung der Sicherheitsbehörden mit zunehmender Verdichtung der Erkenntnislage zum Umfang des Personenpotenzials einer ständigen Veränderung. Derzeit rechnen Polizei und Verfassungsschutz der rheinland-pfälzischen „Reichsbürger“-Szene etwa 230 Personen zu. Drucksache 17/1576 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Zu Frage 3: Seit 2015 führte die Polizei Rheinland-Pfalz 383 strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Beschuldigte, die dem „Reichsbürger“- Spektrum zuzurechnen sind. Die im Betrachtungszeitraum am häufigsten registrierten Delikte waren – Beleidigung 40, – Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte 31, – Missbrauch von Notrufen 29, – Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz 29, – Bedrohung 27, – Verstöße gegen das Pflichtversicherungsgesetz 26. Bei 24 der 383 strafrechtlichen Verfahren handelten die Beschuldigten nach dem Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen aufgrund einer politischen Motivation. Zu Frage 4: Seit 2015 registrierte die Polizei eine Straftat von Angehörigen des sogenannten „Reichsbürger“-Spektrums gegen Asylsuchende in Rheinland-Pfalz. Hierbei äußerte sich der Beschuldigte volksverhetzend in einem sozialen Netzwerk. Zu Frage 5: Angesichts der Heterogenität der sich in Rheinland-Pfalz vornehmlich aus Einzelpersonen zusammensetzenden „Reichsbürger“- Szene ist eine belastbare Bewertung nicht möglich. Zu Frage 6: Eine einheitliche „Reichsbürgerbewegung“ im Sinne des Vereinsgesetzes gibt es nach den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden in Rheinland-Pfalz nicht. Vielmehr existiert ein heterogenes Spektrum von Einzelpersonen, Kleinst- und Pseudogruppen sowie einer unüberschaubaren Zahl von Internetpräsenzen. Ein Vereinsverbot kommt daher derzeit aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht. In Vertertung: Günter Kern Staatssekretär