Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 21. Dezember 2016 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/1641 zu Drucksache 17/1430 22. 11. 2016 A n t w o r t des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Gabriele Wieland und Dr. Susanne Ganster (CDU) – Drucksache 17/1430 – Bürokratische Belastungen für rheinland-pfälzische Unternehmen Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/1430 – vom 26. Oktober 2016 hat folgenden Wortlaut: Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat aus Anlass des zehnjährigen Inkrafttretens des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes (AGG) eine sogenannte Evaluation des Gesetzes vorgenommen. Staatsministerin Anne Spiegel hat sich am 16. August 2016 in einer Pressemeldung ihres Hauses offiziell zu den dort dargelegten Ergebnissen wie folgt geäußert: „Sie (gemeint ist Staatsministerin Anne Spiegel) fordert unter anderem die Erweiterung des Gesetzes um ein Verbandsklagerecht sowie die Verlängerung der Frist, innerhalb derer eine Diskriminierung geltend gemacht werden muss, von zwei auf sechs Monate: ‚Ein Verbandsklagerecht kann verhindern, dass Betroffene nicht mehr durch das finanzielle Risiko und die psychische Belastung einer gerichtlichen Auseinandersetzung von der Durchsetzung ihrer Rechte abgehalten werden. Eine längere Frist ist außerdem notwendig, da Betroffene oft mehr Zeit brauchen, um eine Diskriminierung als solche überhaupt zu erkennen und dagegen vorzugehen.‘“ Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie bewertet das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau – insbesondere im Hinblick auf die bürokratische Belastung von kleinen und mittleren Unternehmen in Rheinland-Pfalz – eine Ausweitung des AGG bezüglich des von Staatsministerin Anne Spiegel geforderten Verbandsklagerechts sowie der Verlängerung der Frist, innerhalt derer eine Diskriminierung geltend gemacht werden muss? 2. Sieht das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau – insbesondere im Hinblick auf die bürokratische Belastung von kleinen und mittleren Unternehmen in Rheinland-Pfalz – die Notwendigkeit, das AGG, entsprechend der Vorschläge von Staatsministerin Anne Spiegel, auf der Bundesebene zu novellieren? 3. Wenn ja, warum? 4. Wenn nein, warum nicht? Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 14. November 2016 wie folgt beantwortet: Vor gut zehn Jahren, am 18. August 2006, ist das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) durch eine Große Koalition im Bund in Kraft gesetzt worden. Es sollte die Situation von Menschen verbessern, die aus Gründen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität z. B. im Arbeitsleben, bei der Wohnungsanmietung oder bei Rechtsgeschäften des Alltags benachteiligt werden. Gleichzeitig war es Zielsetzung des Gesetzes, die Gesellschaft zu sensibilisieren und so einen diskriminierungsfreien Umgang miteinander zu fördern. Dass eine Regelung zehn Jahre nach ihrem Bestehen daraufhin überprüft wird, ob sie ihre Zielsetzung erreicht hat, ist nachvollziehbar und sinnvoll. Eine Bilanzierung wird in diesem Fall in Bezug auf das Verhältnis von Unternehmen zu Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auch veränderte gesellschaftliche Verhältnisse vorfinden: Beim Erlass des Gesetzes war in Teilen der Wirtschaft die Furcht groß, durch die Regelungen in der Vertragsfreiheit eingeschränkt zu werden. Dies wird inzwischen gelassener gesehen. Befürchtungen in Bezug auf vielfachen Missbrauch der Regelungen haben sich nicht bestätigt. Die neue Situation auf dem Arbeitsmarkt, gekennzeichnet durch einen weiter wachsenden Fachkräftebedarf, hat zudem zu mehr Offenheit geführt und deutlich gemacht, dass ein diskriminierungsfreier Umgang innerhalb der Gesellschaft zum Vorteil aller ist. Wirtschaftsverbände und Unternehmen werben um Fachkräfte, die Betriebe erkennen zunehmend, dass sie sich als attraktiver Arbeitgeber präsentieren müssen, um auch zukünftig wettbewerbsfähig zu bleiben. Benachteiligungen aufgrund der ethnischen Herkunft, des Geschlechts oder der Weltanschauung kann sich die Wirtschaft nicht leisten. Sie spielt vielmehr – wie es auch die Flüchtlingsfrage zeigt – eine wichtige Rolle bei der Integration. Drucksache 17/1641 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Angesichts der Tatsache, dass der Geltungsbereich des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes sich auf mehr Bereiche als den des Arbeitslebens erstreckt, hängt die Beurteilung dieser Forderung von den konkreten Vorschlägen zur Umgestaltung ab. Sie liegen zunächst in der Ressortzuständigkeit des Ministeriums für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz. Zu den Fragen 2 bis 4: Die Prüfung, ob ein Gesetz noch zielführend ist, ist nach zehn Jahren grundsätzlich sinnvoll. Eine viel diskutierte und ja auch genutzte Alternative, eine solche Prüfung zu sichern, ist die Befristung von Gesetzen. Ob und wenn ja, welche Veränderungen dabei umzusetzen sind, wird das Ergebnis eines parlamentarischen Prozesses sein. Vonseiten der Wirtschaft können dabei wichtige Belange und Erfahrungen in einen solchen Prozess einfließen. Dabei liegt es im Interesse der Landesregierung, Regulierungen auf das Notwendige zu begrenzen und bürokratische Belastungen für die Unternehmen zu vermeiden. Dr. Volker Wissing Staatsminister