Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 21. Dezember 2016 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/1677 zu Drucksache 17/1467 23. 11. 2016 A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Jan Bollinger (AfD) – Drucksache 17/1467 – Entsorgungskapazitäten von HBCD-beinhaltenden Abfällen der rheinland-pfälzischen Abfallentsorgungsanlagen Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/1467 – vom 2. November 2016 hat folgenden Wortlaut: HBCD (Hexabromcyclododecan) wurde als additives Flammschutzmittel in Dämmstoffen aus Polystyrol eingesetzt. Die Chemikalie ist gesundheitsschädlich. Mit der Änderung der Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) gelten Abfälle, die HBCD in einer Konzentration von mindestens 1 000 mg/kg enthalten, seit dem 30. September 2016 als gefährlich. Die EU-POP-Verordnung über persistente organische Schadstoffe verlangt, dass HBCD bei der Abfallentsorgung in einer dafür zugelassenen Verbrennungsanlage unumkehrbar zerstört oder umgewandelt werden muss. Dachdecker- und Fassadenbaubetriebe klagen seit der AVV-Änderung jedoch über einen Entsorgungsengpass und steigende Entsorgungskosten. Ralf Winn, Obermeister der Dachdeckerinnung im Kreis Neuwied, sagte der Rhein-Zeitung, dass die Betriebe manche Aufträge deshalb nicht mehr annehmen und kalkulieren könnten. Daher frage ich die Landesregierung: 1. Welche Abfallentsorgungsanlagen in Rheinland-Pfalz können gefährliche Abfälle mit einer HBCD-Konzentration von mindes - tens 1 000 mg/kg unumkehrbar zerstören oder umwandeln (eine Auflistung ist erwünscht)? 2. Wie hoch sind die Entsorgungskapazitäten von HBCD-beinhaltenden Abfällen der rheinland-pfälzischen Abfallentsorgungsanlagen (kann in der Beantwortung der Frage 1 mit aufgelistet werden)? 3. Wie hoch ist das Abfallaufkommen von HBCD-beinhaltenden Abfällen in Rheinland-Pfalz? 4. Welche Schritte unternimmt die Landesregierung (zur Unterstützung der Kommunen), um den Entsorgungsengpass abzubauen und den steigenden Entsorgungskosten Einhalt zu gebieten? Das Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 23. November 2016 wie folgt beantwortet: Zu den Fragen 1 und 2: Auflistung der insoweit in Betracht kommenden Abfallentsorgungsanlagen 1. Müllheizkraftwerk Mainz: Die Betreiber schätzen den zu bewältigenden Anteil von Polystyrol-Dämmstoffen (Abfallschlüssel 17 06 03*, 17 09 03*, 15 01 10* und ggf. in 19 02 04*, 19 12 11* enthalten) auf 0,5 bis 1 Gewichtsprozent bei einer Jahreskapazität von 360 000 Tonnen. 2. Industrieheizkraftwerk Andernach: Die Anlage verfügt über eine Jahreskapazität von 140 000 Tonnen an Ersatzbrennstoffen bzw. nicht gefährlichen Abfallgemischen. Darin können einige hundert Tonnen HBCD-haltige Dämmstoffabfälle enthalten sein. 3. Müllheizkraftwerk Ludwigshafen: Die Betreiberin nimmt nur Monochargen (Abfallschlüssel 17 06 03*) der bei ihr angeschlossenen Kommunen an, maximal 2 080 Tonnen pro Jahr. 4. Müllheizkraftwerk Pirmasens: Diese Abfallentsorgungsanlage nimmt nicht gefährliche Abfallgemische mit maximal 10 Gewichtsprozent HBCD-haltigen Dämmstoffen an. Daraus lässt sich eine maximale Annahmemenge von 3 500 Tonnen pro Jahr abschätzen. Der Betreiber behält sich vor, den Gewichtsanteil aus betrieblichen Gründen (z. B. wegen hoher Heizwerte) weiter zu begrenzen. 5. Sonderabfallverbrennungsanlage der BASF SE in Ludwigshafen: Eine Entsorgung von Schüttgut ist nicht möglich. Von daher müssen die Abfälle in Fässer gepackt werden, was einen hohen Aufwand erfordert und die Entsorgung sehr verteuert. Zu Frage 3: Da diese Abfälle bisher nicht als gefährlich eingestuft waren, sind derzeit keine belastbaren Angaben möglich. Eine der Landesregierung vorliegende Studie eines Ingenieurberatungsbüros aus dem Jahr 2014 schätzt die Menge an HBCD-haltigen Polystyrolabfällen aus dem Baubereich auf ca. 0,5 kg pro Einwohner und Jahr. Dies würde einer Entsorgungsmenge an HBCD-haltigen Polystyrolabfällen von ca. 2 000 Tonnen pro Jahr entsprechen. Drucksache 17/1677 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Zu Frage 4: Das Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten hat mit einem an die insoweit zuständigen Abfallbehörden gerichteten Erlass vom 27. Oktober 2016 die Entsorgung HBCD-haltiger Dämmstoffe aus Polystyrol in unserem Bundesland eingehend geregelt. Danach ist eine Getrennthaltung von Baumischabfällen vor Ort nicht zwingend erforderlich, wenn im anfallenden Abfall nur eine geringe Menge an HBCD-haltigem Dämmstoff vorhanden ist und der Abfall final in einer dafür zugelassenen Abfallverbrennungsanlage entsorgt wird. Zudem zeigt der Erlass Entsorgungsalternativen für getrennt gesammelte HBCD-haltige Abfälle in nach BImSchG zugelassenen Vorbehandlungsanlagen zur späteren Verbrennung in einer dafür zugelassenen Anlage auf. Darüber hinaus habe ich die Vertreter der betroffenen Handwerksbetriebe und der rheinland-pfälzischen Abfallverbrennungsanlagen für Anfang Dezember 2016 zu einem Gespräch eingeladen. In dem Gespräch soll zwischen den Marktbeteiligten vermittelt werden, um gemeinsam eine für alle Beteiligten befriedigende Lösung herbeizuführen. Ulrike Höfken Staatsministerin