Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 21. Dezember 2016 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/1691 zu Drucksache 17/1486 24. 11. 2016 A n t w o r t des Ministeriums für Bildung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Joachim Paul (AfD) – Drucksache 17/1486 – Deutschenfeindlichkeit an Schulen in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/1486 – vom 3. November 2016 hat folgenden Wortlaut: Die Bloggerin Tuba Sarica mit türkischem Migrationshintergrund erklärt am 28. Oktober 2016 im Kölner Stadtanzeiger: „Rassismus ist nicht besser, wenn er aus der muslimischen Ecke kommt.“ Sie konkretisiert: „Junge Menschen mitten in Deutschland werden anti-deutsch, anti-christlich und anti-semitisch erzogen.“ Und sie ergänzt: „Die meisten Deutschtürken aus meinem Umfeld und darüber hinaus sind deutschenfeindlich.“ Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Fälle von Mobbing und Mikro-Aggressionen an Schulen in Rheinland-Pfalz seitens Personen mit türkischem oder muslimischem Migrationshintergrund gegenüber Deutschen ohne Migrationshintergrund mit dem Motiv der Deutschenfeindlichkeit sind bekannt? 2. Falls keine Fälle bekannt sind: Werden solche Vorfälle erfasst? 3. Falls Fälle bekannt sind: Wie äußern sich diese Vorfälle? 4. Wie werden diese Vorfälle bewertet? 5. Was wird unternommen, um Schulleiter und Lehrer für solche Vorfälle zu sensibilisieren bzw. Schüler vor solchen Mikro- Aggressionen zu schützen? 6. Gibt es Bestrebungen, Einrichtungen wie zum Beispiel die Landeszentrale für politische Bildung für das Motiv der Deutschenfeindlichkeit zu sensibilisieren? Das Ministerium für Bildung hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 24. November 2016 wie folgt beantwortet: Zu den Fragen 1 bis 3: Die Bloggerin Tuba Sarica ist nach eigenen Angaben Studentin der Germanistik und Medienkulturwissenschaften an der Universität zu Köln und in Nordrhein-Westfalen aufgewachsen. Ihre in der Kleinen Anfrage zitierten Aussagen zu einer angeblichen Deutschenfeindlichkeit unter Deutschtürken stehen in keinerlei Zusammenhang mit der Situation an rheinland-pfälzischen Schulen. Dies vorausgeschickt, gilt Folgendes: Zu den erfragten Fallzahlen liegen keine Informationen vor. Einer statistischen Erfassung der Motive von Mobbing und Mikroaggressionen in der Schule steht eine Reihe von sachlichen Hindernissen im Wege. Die Erscheinungsformen sind nicht eindeutig abgrenzbar, weil sie ein weites Feld von rein verbalen und nonverbalen Äußerungen bis hin zu leichtesten Verletzungshandlungen bei Raufereien umfassen. Diese sind in aller Regel so niederschwellig, dass eine Erfassung weder statistisch noch hinsichtlich der Motivlage möglich ist. Zu den Fragen 4 bis 6: Die Landesregierung hält aggressive Akte zwischen Schülerinnen und Schülern, unabhängig von deren Motivation, für nicht hinnehmbar und unternimmt eine Vielzahl von Anstrengungen auf dem Gebiet der Gewaltprävention, in der Regel in Zusammenarbeit mit dem Pädagogischen Landesinstitut. Hierzu gehören unter anderem die Programme „ICH und DU und WIR“ zur Primärprävention an Grundschulen, „Programm zur Primärprävention“ (ProPP) zur Förderung der Selbst- und Fremdwahrnehmung der Schülerinnen und Schüler und zur Verbesserung des Klimas in der Klasse, „PIT – Prävention im Team“ als Bestandteil eines Gesamtpräventionsprogramms in Klassenstufe 7 in Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt sowie „Schulische Lern- und Lebenswelten“ zur Förderung der Persönlichkeit, der sozialen Kompetenz und des Lernens von Schülerinnen und Schülern. Drucksache 17/1691 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Das Pädagogische Landesinstitut steht Lehrkräften und Schulleitungen beratend zur Seite, die in ihrem beruflichen Alltag Situationen erleben, in denen sie Bedrohung oder Verunsicherung erfahren. Neben der Teilnahme an Supervisionsgruppen besteht die Möglichkeit einer Individualberatung. Auch Teams können in Konfliktsituationen Beratung bzw. Moderation anfragen. Ansprechpartner sind die landesweit 14 Schulpsychologischen Beratungszentren. Darüber hinaus werden vom Pädagogischen Landesinstitut Fortbildungsveranstaltungen angeboten. So gibt es seit dem Schuljahr 2010/2011 regelmäßig mehrtägige regionale Fortbildungen zum Programm „Mobbingfreie Schule – Gemeinsam Klasse sein“. Das Projekt wird unterstützt von der Techniker Krankenkasse Rheinland-Pfalz. Das Ziel der Fortbildung, die von Schulpsychologinnen und Schulpsychologen durchgeführt wird, besteht darin, Lehrkräfte für das Thema Mobbing zu sensibilisieren und Möglichkeiten zur Prävention bzw. Intervention aufzuzeigen. Ein wesentlicher Bestandteil des Programms ist ein Materialkoffer, der neben Hilfen zur Unterrichtsvorbereitung und der Durchführung von Interaktionsübungen auch Filmmaterialien zur Illustration des Entstehens von Mobbingprozessen beinhaltet. Bisher haben 585 Lehrkräfte sowie Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter von 71 Schulen an den mehrtägigen Fortbildungen teilgenommen. In Netzwerktreffen wird ein Teil der ausgebildeten Lehrkräfte in Kooperation mit externen Referentinnen und Referenten weiter begleitet und fortgebildet. Im Schuljahr 2015/2016 fanden darüber hinaus 18 weitere Fortbildungsveranstaltungen mit dem Ziel statt, Lehrkräften auf der Interventionsebene Handlungsmöglichkeiten in der Bearbeitung von Mobbingvorfällen („no blame approach“) aufzuzeigen. Die Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz wendet sich mit ihrem Angebot gegen jede Form von Vorurteilen, Diskriminierung und Rassismus – unabhängig von der Nationalität. In ihren Veranstaltungen, wie z. B. Argumentationstraining gegen Stammtischparolen oder Zivilcouragetraining, werden unterschiedliche strukturelle Diskriminierungsformen reflektiert. Die Thematik ist auch Gegenstand des Projektes „Schule ohne Rassismus. Schule mit Courage“. Sowohl im Publikationsangebot der Landeszentrale als auch in der Bibliothek finden sich Bücher und Broschüren, die sich mit den angesprochenen Themen befassen. Dr. Stefanie Hubig Staatsministerin