Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 17. Januar 2017 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/1782 zu Drucksache 17/1585 06. 12. 2016 A n t w o r t des Ministeriums der Justiz auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Christian Baldauf (CDU) – Drucksache 17/1585 – Personelle Besetzung der Landeszentralstelle Cybercrime (LZC) Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/1585 – vom 14. November 2016 hat folgenden Wortlaut: Zum 1. Oktober 2014 wurde bei der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz die Landeszentral stelle Cybercrime (LZC) eingerichtet, die für das gesamte Land Rheinland-Pfalz be stimmte Aufgaben im Bereich der Bekämpfung der Computerkriminalität wahrnimmt. Sie hat seit ihrem Bestehen etwa 1 500 Ermittlungsverfahren bearbeitet. Hierzu frage ich die Landesregierung: 1. In welchen anderen Bundesländern gibt es nach Kenntnis der Landesregierung vergleichbare bei den Staatsanwaltschaften angesiedelte Zentralstellen zur Be kämpfung von Computerkriminalität und mit wie vielen Stellen sind diese jeweils besetzt? 2. Wie viele Verfahren haben diese Zentralstellen nach Kenntnis der Landesregierung jeweils im Vergleichszeitraum (seit 1. Oktober 2014) bearbeitet? Das Ministerium der Justiz hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 6. Dezember 2016 wie folgt beantwortet: Frage 1: Soweit in anderen Ländern Zentralstellen zur Bekämpfung von Computerkriminalität eingerichtet sind, liegen hierzu folgende Erkenntnisse vor: In Baden-Württemberg wurde bei der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart eine Zentralstelle zur Bekämpfung der Informations- und Kommunikationskriminalität eingerichtet. Diese nimmt ausschließlich Querschnittsaufgaben (Wissensmanagement, Aus- und Fortbildung , zentrale Ansprechstelle u. a.) wahr. Die Zentralstelle ist mit einem Vollzeitäquivalent ausgestattet. In Bayern wurde zum 1. Januar 2015 bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg die Zentralstelle Cybercrime Bayern (ZCB) eingerichtet . Die ZCB ist bayernweit zuständig für die Bearbeitung besonders bedeutender Ermittlungsverfahren im Bereich der Cyberkriminalität. Daneben fungiert die ZCB auch als zentrale Ansprechstelle für Cyberkriminalität für die bayerischen Staatsanwaltschaften sowie für die Zentralstellen anderer Bundesländer. Außerdem unterstützt die ZCB in Abstimmung mit dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz die Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter der Bayerischen Staatsanwaltschaften im Bereich der Cyberkriminalität. Die ZCB nahm ihre Tätigkeit zunächst mit einem Oberstaatsanwalt und einem Staatsanwalt als Gruppenleiter auf. Aufgrund der deutlichen Zunahme der zu bearbeitenden Verfahren wurde die ZCB zum 1. November 2015 und zum 1. September 2016 jeweils um einen R1-Staatsanwalt personell verstärkt. Die Bayerische Staatsregierung hat darüber hinaus im Rahmen des Ende Juli 2016 anlässlich der Ministerratsklausur in St. Quirin verabschiedeten Sicherheitskonzepts „Sicherheit durch Stärke“ eine weitere deutliche personelle Verstärkung der ZCB in den kommenden beiden Haushaltsjahren beschlossen. In Berlin ist bei der Staatsanwaltschaft eine Spezialabteilung für Cyber-Kriminalität eingerichtet. Diese zum 1. August 2015 gegründete Abteilung bearbeitet Verfahren der Cyber-Kriminalität im engeren Sinne in eigener Zuständigkeit, soweit es sich insbesondere um organisiert begangene Straftaten oder um Pilotverfahren handelt. In den Aufgabenbereich der Abteilung fallen darüber hinaus Beratungs-, Prüfungs- und Schulungsaufträge für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte der anderen Abteilungen der Staatsanwaltschaft Berlin. Die Abteilung ist mit 3,625 Vollzeitäquivalenten besetzt. In Brandenburg ist die Staatsanwaltschaft Cottbus unter anderem als Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Datennetzkriminalität tätig. Über den Personaleinsatz ist nichts bekannt. In Hamburg werden Verfahren aus dem Bereich der Computerkriminalität bei der Staatsanwaltschaft Hamburg in einer Sonderabteilung bearbeitet. Weitere Erkenntnisse liegen nicht vor. Drucksache 17/1782 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode 2 In Hessen ist als Außenstelle der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main mit Dienstsitz Gießen die „Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT)“ eingerichtet. Die ZIT führt bei Cybercrime-Delikten im Rahmen einer Einzelzuweisung nach § 145 GVG hessenweit komplexe Verfahren und entlastet damit die landgerichtlichen Staatsanwaltschaften. Daneben ist die ZIT fachlicher Ansprechpartner für die örtlich zuständigen Staatsanwaltschaften in sonstigen Fällen der Computer- und Internetkriminalität . Weitere wesentliche Aufgabe der ZIT ist die Aus- und Fortbildung der Dezernentinnen und Dezernenten der örtlichen Staatsanwaltschaften. Die ZIT ist derzeit mit fünf Dezernentinnen und Dezernenten besetzt (1 x R2, 4 x R1). Ab dem 1. Januar 2017 wird die Anzahl der Stellen um einen weiteren R1-Dienstposten auf insgesamt sechs Vollzeitstellen erhöht. In Mecklenburg-Vorpommern besteht bei der Generalstaatsanwaltschaft eine Zentralstelle für die Bekämpfung der IuK-Kriminalität, welche mit einem Dezernenten besetzt ist, der jedoch auch weitere Aufgaben wahrzunehmen hat, wie u. a. die Leitung der Zentralstelle für die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und weitere Generalreferate. Anders als in der Landeszentralstelle Cybercrime (LZC) in Rheinland-Pfalz werden in der dortigen Zentralstelle keine Ermittlungsverfahren geführt. Die Bearbeitung herausgehobener Ermittlungsverfahren im Bereich der IuK-Kriminalität ist der IuK-Schwerpunktstaatsanwaltschaft bei der Staatsanwaltschaft Rostock zugewiesen. Für die Wahrnehmung der Aufgaben ist dort eine Abteilung geschaffen worden, welche derzeit mit einem Abteilungsleiter und zwei Dezernenten besetzt ist. Eine Zuständigkeit besteht dort für alle Verfahren, die Delikte der Computerkriminalität im engeren Sinn betreffen (§§ 202 a bis c, 303 a bis b StGB) sowie für Verfahren, welche zwar andere Tatbestände zum Gegenstand haben, in denen die weiteren Ermittlungen jedoch besondere Kenntnisse der Computertechnik erfordern und die erfolgversprechend sind. Alle Verfahren der IuK-Kriminalität, deren weitere Bearbeitung keine besonderen technischen Kenntnisse voraussetzt oder die mangels weiterer Ermittlungsansätze einzustellen sind, werden von den örtlichen Staatsanwaltschaften bearbeitet. Dort sind jeweils Computerdezernate eingerichtet. In Niedersachsen bestehen landesweit Schwerpunktstaatsanwaltschaften für die Bekämpfung der Kriminalität auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnik (IuK). In jedem Bezirk der drei niedersächsischen Generalstaatsanwaltschaften Braunschweig, Celle und Oldenburg gibt es seit dem 1. Januar 2012 eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft. Standorte sind Göttingen, Verden und Osnabrück. Die sachliche Zuständigkeit der Schwerpunktstaatsanwaltschaften ist begründet, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorhandensein schwerer Computer- oder Internetkriminalität oder Kriminalität im Zusammenhang mit Informations- und Kommunikationstechnik vorliegen und wenn zur Strafverfolgung ein besonders hohes Maß an technischem Verständnis oder zur Beweisführung besondere Kenntnisse der Informations- und Kommunikationstechnologie erforderlich sind. Die IuK-Zentralstelle Verden ist mit drei, die IuK-Zentralstelle Göttingen mit zwei und die IuK-Zentralstelle in Osnabrück mit fünf Stellen besetzt. Die bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle angesiedelte Zentrale Stelle Organisierte Kriminalität und Korruption (ZOK) nimmt für Niedersachsen auch auf dem Gebiet der der IuK-Kriminalität zentrale Beratungs-, Koordinierungsund Unterstützungsaufgaben wahr. So steht die ZOK allen Ermittlungsbehörden Niedersachsens als Ratgeber bei tatsächlichen Fragen und bei Koordinierungsbedarf unterstützend zur Seite. Sie ist Ansprechpartner für sämtliche Staatsanwaltschaften, aber auch für Polizeibehörden. Die ZOK ist ferner Ansprechpartner für grundsätzliche, verfahrensunabhängige Fragestellungen aus dem Bereich der Cyberkriminalität. Daneben werden bei der ZOK Einzelverfahren aus dem Bereich der anlassunabhängigen Recherche des LKA Niedersachsen geführt. Die ZOK ist insgesamt mit zwei Stellen ausgestattet. In Nordrhein-Westfalen wurde am 1. April 2016 bei der Staatsanwaltschaft Köln die Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime für Nordrhein-Westfalen – ZAC NRW – eingerichtet. Die ZAC NRW führt ausschließlich Ermittlungsverfahren von besonderer Bedeutung bei Straftaten der Cyberkriminalität aus den Bezirken der nordrhein-westfälischen Generalstaatsanwaltschaften Düsseldorf, Hamm und Köln. Darüber hinaus fungiert sie hinsichtlich grundsätzlicher verfahrensunabhängiger Fragestellungen aus dem Bereich der Cyberkriminalität als zentrale Ansprechstelle und stimmt sich mit anderen Zentralstellen und Einrichtungen der Justiz zur Cybercrime-Bekämpfung im In- und Ausland ab. Aktuell ist die ZAC NRW mit einem Leiter und fünf Dezernentinnen und Dezernenten besetzt. Im Saarland wird ab dem 1. Januar 2017 bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken ein Sonderdezernat eingerichtet. In Sachsen besteht bei der Generalstaatsanwaltschaft Dresden seit 15. März 2016 die sächsische Zentralstelle zur Bekämpfung von Cybercrime (ZCS). Sie ist zentrale Ansprechstelle für Cybercrime. Außerdem wirkt sie bei regionalen und überregionalen Ausund Fortbildungsmaßnahmen mit und bearbeitet besonders herausgehobene Ermittlungsverfahren. Die Zentralstelle ist mit drei Vollzeitäquivalenten besetzt. In Thüringen wurde zum 1. Januar 2011 bei der Staatsanwaltschaft Mühlhausen eine Schwerpunktabteilung zur Bekämpfung der Kriminalität im Bereich der Informationstechnologie (IT-Schwerpunktabteilung) errichtet. Diese Abteilung ist in der Regel thüringenweit sachlich zuständig, sofern zur Beurteilung des Sachverhalts oder für die durchzuführenden Ermittlungen besondere technische oder rechtliche Kenntnisse erforderlich sind. Ihr obliegt ferner die Weitergabe von Kenntnissen zur Bearbeitung von Ermittlungsverfahren aller Straftaten, bei denen Elemente der elektronischen Datenverarbeitung in den Tatbestandsmerkmalen enthalten sind, durch Ausbildung von Multiplikatoren und Organisation entsprechender Fortbildungen. Die Anzahl der Dezernentinnen und Dezernenten, die in der IT-Schwerpunktabteilung mit IT-Verfahren befasst waren, ergibt sich aus nachstehender Übersicht: seit 1. Oktober 2014: 2, seit 15. Dezember 2014: 1, seit 1. März 2015: 2, seit 1. März 2016: 3 mit 2,65 Pensen, seit 1. April 2016: 4 mit 3,65 Pensen. Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/1782 Frage 2: Soweit Erkenntnisse aus anderen Ländern vorliegen, stellt sich die Situation wie folgt dar: In Bayern wurden im Jahr 2015 – dem ersten Jahr des Bestehens der ZCB – 502 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Im laufenden Jahr 2016 zeigt sich eine stark steigende Tendenz. Im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 23. November 2016 wurden bereits 1 419 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die bei der Staatsanwaltschaft Berlin angesiedelte Spezialabteilung hat seit ihrer Gründung 420 Verfahren bearbeitet. In Brandenburg waren bei der Schwerpunktstaatsanwaltschaft Cottbus in den Jahren 2014 und 2015 insgesamt ca. 3 900 Verfahrenseingänge zu verzeichnen. Auf die Deliktsbereiche Betrug und Computerbetrug sowie Pornografie und Kinderpornografie entfielen jeweils weit über 20 Prozent der Verfahren. Stark zugenommen hatten im Jahr 2015 auch die strafrechtlich relevanten Äußerungen im Bereich der politisch motivierten Internetkriminalität. In Hessen hat die Zentralstelle ZIT seit 1. Oktober 2014 insgesamt 2 787 Verfahren geführt. In Mecklenburg-Vorpommern sind im Jahr 2015 bei der IuK-Schwerpunktstaatsanwaltschaft 1 880 Ermittlungsverfahren neu eingegangen. Im ersten Halbjahr 2016 wurden 1 388 neue Verfahren registriert. In Niedersachsen hat die IuK-Zentralstelle in Verden seit dem 1. Oktober 2014 7 924 Verfahren, die IuK-Zentralstelle in Göttingen insgesamt 1 385 Verfahren und die IuK-Zentralstelle in Osnabrück ca. 4 200 Verfahren bearbeitet. In Nordrhein-Westfalen sind seit Einrichtung der landesweit zuständigen Zentralstelle ZAC NRW zum 1. April 2016 etwa 150 Ermittlungsverfahren erfasst worden. Bei der ZCS in Sachsen sind seit ihrer Gründung zwei Ermittlungsverfahren anhängig geworden. Der Schwerpunkt der Zentralstelle liegt dabei jedoch nicht auf eigener Ermittlungstätigkeit, sondern auf der Zentralstellenfunktion sowie der Organisation von Aus- und Fortbildungsmaßnahmen. In Thüringen wurden in der IT-Schwerpunktabteilung der Staatsanwaltschaft Mühlhausen von Oktober bis Dezember 2014 514, 2015 2 188 und von Januar bis September 2016 1 971 Verfahren bearbeitet. Herbert Mertin Staatsminister 3