Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 17. Januar 2017 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/1852 zu Drucksache 17/1667 15. 12. 2016 A n t w o r t des Ministeriums der Justiz auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Matthias Lammert (CDU) – Drucksache 17/1667 – Nachfrage zu Drucksache 17/921 „Einreise einer syrischen Großfamilie Teil 1“ Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/1667 – vom 23. November 2016 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie erklärt sich die Landesregierung die Diskrepanz was die Anzahl der Ehe frauen und den Kindern und den Zahlen aus den Medien und dem vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angeht? 2. Welchen monatlichen Anspruch auf Sozialleistungen könnte eine Familie beste hend aus vier Erwachsenen und 13 Kindern haben? 3. Wie wird geprüft, ob bei der Beantragung von Leistungen für Arbeitssuchende der Anspruchsteller über Vermögen im Ausland verfügt? 4. Wird die Landesregierung eine Bundesratsinitiative einbringen, mit dem Ziel, dass die im Ausland geschlossenen Mehrehen nicht in Deutschland anerkannt werden? Wenn nein, warum nicht? 5. Wie viele Ermittlungsverfahren wurden in den Jahren 2014, 2015 und 2016 in Rheinland-Pfalz wegen Doppelehe nach § 172 StGB eingeleitet (bitte aufgeglie dert nach Staatsangehörigkeiten)? 6. In wie vielen Fällen kam es tatsächlich auch wegen eines Verstoßes gegen § 172 StGB zu einer Verurteilung (bitte aufgegliedert nach Staatsangehörigkeiten)? 7. Vertritt die Landesregierung die Auffassung, wenn eine Person gegen ihren Willen im Keller eingesperrt wird, dass dies den Straftatbestand der Freiheitsbe raubung nach § 239 StGB erfüllt? Wenn nein, warum nicht? Das Ministerium der Justiz hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 15. Dezember 2016 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Die Quellen der Medienberichterstattung über die syrische Großfamilie sind der Landesregierung nicht bekannt. Die Diskrepanz zwischen den Angaben zur Anzahl der Familienmitglieder kann daher von hier aus nicht geklärt werden. Zu Frage 2: Die Höhe der Leistungen ist abhängig vom individuellen Bedarf der hilfesuchenden Person, von der Größe der Bedarfsgemeinschaft sowie vom zu berücksichtigenden Einkommen. Ein möglicher – theoretischer – Anspruch für eine Familie, bestehend aus vier Erwachsenen und 13 Kindern, könnte daher nur als Beispielsberechnung erstellt werden. Eine solche Darstellung hätte jedoch keinerlei Aussagekraft, da sowohl auf der Bedarfsseite als auch beim Einkommen die notwendigen persönlichen (zum Beispiel Alter der Erwachsenen und der Kinder) und wirtschaftlichen Daten (zum Beispiel Höhe der Kosten der Unterkunft, Kindergeldansprüche ) gesetzt werden müssten. Nähere Informationen zur Bedarfsermittlung können den nachstehenden Ausführungen entnommen werden. Der Bedarf einer Bedarfsgemeinschaft ermittelt sich aus der Summe der maßgebenden Regelbedarfe der Mitglieder der Gemeinschaft, plus eventueller Mehrbedarfe, plus Kosten der Unterkunft und Heizung und möglicher einmaliger Leistungen. Der Regelbedarf deckt laufende und in unregelmäßigen beziehungsweise in großen Abständen anfallende Bedarfe pauschal ab (zum Beispiel Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Bedarfe des täglichen Lebens etc.). Drucksache 17/1852 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode 2 Seit 1. Januar 2016 gelten folgende Regelbedarfe zur Sicherung des Lebensunterhalts: – Alleinstehende, Alleinerziehende, Volljährige mit minderjährigen Partnern: 404 Euro, – Volljährige Partner: 364 Euro, – Volljährige bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, Personen unter 25 Jahre, die ohne Zusicherung des kommunalen Trägers umziehen: 324 Euro, – Kinder beziehungsweise Jugendliche im 15. Lebensjahr bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, minderjährige Partner: 306 Euro, – Kinder ab Beginn des 7. Lebensjahres bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres: 270 Euro, – Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres: 237 Euro. Eine Anpassung dieser Beträge zum 1. Januar 2017 ist vorgesehen. Für Bedarfe, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt werden, kann zusätzlich ein sogenannter Mehrbedarf berücksichtigt werden . Diese Mehrbedarfe erhalten folgende Personengruppen: Werdende Mütter ab der 13. Schwangerschaftswoche, Alleinerziehende von Minderjährigen, Menschen mit Behinderungen, die bestimmte Leistungen nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch beziehungsweise dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch erhalten, oder Leistungsberechtigte, die aus medizinischen Gründen kosten - aufwändigere Ernährung benötigen (wenn diese nachweislich erforderlich ist). Nicht erwerbsfähige Personen mit Behinderungen, die einen Ausweis mit Merkzeichen „G“ besitzen, können einen Mehrbedarf erhalten, wenn ihnen bisher kein anderer Mehrbedarf wegen Behinderung zusteht. Bedarfe für Unterkunft und Heizung (Miete) werden in Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen übernommen, soweit diese angemessen sind. Die Angemessenheit richtet sich nach den jeweiligen lokalen kommunalen Richtlinien und Richtwerten. Bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen können ferner einmalige Leistungen gewährt werden, etwa wenn ein Haushalt zu gründen ist, die Geburt eines Kindes bevorsteht oder die Anschaffung und Reparatur von orthopädischen Schuhen erforderlich ist. Bei der Berechnung des Anspruchs wird das Einkommen und Vermögen der Antragstellerin oder des Antragstellers sowie das der Partnerin oder des Partners berücksichtigt, soweit es die Freibeträge übersteigt. Das Einkommen und Vermögen der Kinder wird nur für ihren eigenen Bedarf, jedoch nicht für den Bedarf der Eltern berücksichtigt. Bei den minderjährigen, unverheirateten Kindern sowie denjenigen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und im Haushalt der Eltern leben, wird bei der Feststellung des Bedarfs neben dem eigenen Einkommen und Vermögen auch das der Eltern berücksichtigt (Ausnahme: Das Kind ist schwanger oder erzieht selbst ein Kind unter sechs Jahren). Zum Einkommen, das bei der Berechnung berücksichtigt wird, zählen beispielsweise Einkünfte aus selbstständiger oder nicht selbstständiger Arbeit, Unterhaltszahlungen und das Kindergeld. Zu Frage 3: Wer Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch beantragt oder erhält, hat gemäß § 60 Abs. 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Jobcenters der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen. Daher wird bei der Antragstellung auch nach vorhandenem Vermögen gefragt. Bei Bekanntwerden von Vermögen im Ausland ist unter Einbeziehung aller zumutbaren Erkenntnisquellen eine Klärung des Sachverhaltes herbeizuführen. Hierzu können ggf. auch Nachweise der deutschen Auslandsvertretungen vor Ort dienen. Insbesondere ist darauf zu achten, dass die Nachweise aussagekräftig und nachvollziehbar sind. Bei antragstellenden Personen ist dabei zu berücksichtigen, dass Immobilien in Kriegs- oder Krisenregionen in absehbarer Zeit faktisch nicht verwertbar sind. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob bei theoretischer Wiedereinreise in die Herkunftsregion eine Verwertung tatsächlich möglich wäre, sofern eine solche Wiedereinreise unzumutbar ist. Dies ist bei Asylberechtigten, Flüchtlingen und Schutzbedürftigen regelmäßig der Fall. Zudem kann die Verwertbarkeit von Immobilien im Ausland einheitlich für alle Leistungsberechtigten aus deutscher Marktperspektive heraus dahingehend bewertet werden, dass eine Nachfrage nach Immobilien und deren Verwertungsmöglichkeiten, etwa in Syrien, aktuell in Deutschland nicht besteht. Zu Frage 4: Zahlreiche ausländische Rechtsverordnungen gestatten auch heute noch dem Mann die Mehrehe. Die Haltung des deutschen inter - nationalen Eheschließungsrechts zu den ausländischen Rechtsordnungen ist in der Landtagsdrucksache 17/1200 zu Frage 4 dargestellt (zu den Einzelheiten vgl. Staudinger, BGB, Art. 13 EGBGB, Rdnr. 233 bis 258; Münchner Kommentar zum BGB, Art. 13 EGBGB, Rdnr. 60 bis 79, jeweils mit weiteren Nachweisen). Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/1852 Die Landesregierung beabsichtigt aktuell keine Gesetzesinitiative zur Änderung des deutschen internationalen Eheschließungsrechts hinsichtlich der Behandlung von Mehrehen. Die deutsche Rechtsordnung hat sich in den letzten Jahrzehnten in angemessener Weise auf diese im Ausland begründeten ehelichen Statusverhältnisse eingestellt (vgl. nur Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. April 1985 – 1 C 33/81 –, abgedruckt in NJW 1985, 2097 ff.). Zu Frage 5: Ermittlungsverfahren wegen Doppelehe (§ 172 StGB) werden statistisch nicht gesondert erfasst. Nach Mitteilung der Staatsanwaltschaften , die zum Teil auf der Erinnerung der Dezernentinnen und Dezernenten beruht, waren in Rheinland-Pfalz folgende Verfahren anhängig: Zu Frage 6: In keinem der von den Staatsanwaltschaften mitgeteilten Verfahren erfolgte eine Verurteilung. Die Verfahren wurden vielmehr eingestellt , überwiegend weil eine Straftat nach § 172 StGB im Ergebnis nicht vorlag oder bereits Verjährung eingetreten war. Zu Frage 7: Ob ein Handeln den Straftatbestand der Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) erfüllt, richtet sich grundsätzlich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls und kann nicht allgemein beantwortet werden. Er setzt voraus, dass jemand einen anderen Menschen ohne oder gegen dessen Willen einsperrt oder auf andere Weise der Freiheit beraubt. Dem Opfer muss die Möglichkeit genommen werden, sich nach seinem Willen fortzubewegen, insbesondere einen Raum zu verlassen. Eine bestimmte Dauer ist nicht erforderlich , jedoch reicht eine zeitlich nur unerhebliche Beeinträchtigung der Fortbewegungsfreiheit nicht aus. Herbert Mertin Staatsminister 3 Jahr Anzahl der Verfahren Staatsangehörigkeit der Beschuldigten 2014 4 – deutsch – syrisch – tunesisch – iranisch – US-amerikanisch (Anmerkung: Eines der Verfahren wurde gegen zwei Personen geführt.) 2015 4 – deutsch – deutsch-polnisch – nigerianisch – marokkanisch 2016 (bis zum Zeitpunkt der Abfrage) 2 – pakistanisch – algerisch