Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 26. Januar 2017 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/1910 zu Drucksache 17/1702 20. 12. 2016 A n t w o r t des Ministeriums für Bildung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Frisch (AfD) – Drucksache 17/1702 – Information und Aufklärung über die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit ungeborener Kinder in der Schule Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/1702 – vom 25. November 2016 hat folgenden Wortlaut: Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil zum Schwangerschaftsabbruch vom 28. Mai 1993 festgestellt, dass das Grundgesetz den Staat verpflichtet, auch das ungeborene Leben zu schützen. Daraus ergebe sich, so die Richter, insbesondere auch die staatliche Aufgabe, den rechtlichen Schutzanspruch des ungeborenen Lebens im allgemeinen Bewusstsein zu erhalten und zu beleben. Die Organe des Staates in Bund und Ländern müssten deshalb erkennbar für den Schutz des Lebens eintreten. Wörtlich heißt es: „Das betrifft auch und gerade die Lehrpläne der Schulen.“ Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. In welchen Unterrichtsfächern wird laut Lehrplan nicht nur über das Thema Schwangerschaftsabbruch gesprochen, sondern den Schülern der Schutzanspruch des ungeborenen Lebens ausdrücklich vermittelt? Inwieweit ist dies jeweils ein verpflichtender bzw. optionaler Aspekt? 2. Welche konkreten Unterrichtsinhalte dienen laut Lehrplan der Umsetzung des vom Bundesverfassungsgericht formulierten Anspruchs in den einzelnen Unterrichtsfächern (Auflistung nach Schulformen und Klassenstufen mit der Angabe, ob es sich um verpflichtende oder optionale Inhalte handelt)? 3. Auf welche Weise wird sichergestellt, ob und inwieweit diese Inhalte – soweit sie verpflichtend sind – tatsächlich unterrichtet wurden? 4. Im Rahmen der schulischen Sexualaufklärung wird häufig mit außerschulischen Partnern wie etwa „Pro Familia“ kooperiert. Wird auch von diesen Partnern das Thema „Lebensschutz“ explizit in die Arbeit mit den Schülern einbezogen? Falls ja, wie geschieht dies konkret? Das Ministerium für Bildung hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 20. Dezember 2016 wie folgt beantwortet: Zu den Fragen 1 bis 3: Zum Auftrag der Schule gehört nach § 1 Absatz 3 Schulgesetz auch die Sexualerziehung. Ein wesentliches Ziel ist der verantwortungs -volle Umgang mit der eigenen Sexualität. Dabei hat die Sexualerziehung die vom Grundgesetz und von der Verfassung für Rheinland-Pfalz vorgegebenen Wertentscheidungen für Ehe und Familie zu achten und dem Gebot der Toleranz Rechnung zu tragen . Die 2009 in Kraft getretenen Richtlinien zur Sexualerziehung konkretisieren die gesetzlichen Vorgaben im Hinblick auf eine altersund entwicklungsgemäße Sexualerziehung der Schülerinnen und Schüler. Dort sind die zentralen Inhalte benannt. Die Zuordnung der Inhalte zu einzelnen Fächern und Jahrgangsstufen erfolgt in den Rahmenplänen bzw. den Rahmenlehrplänen der jeweiligen Fächer oder der Lernbereiche. Die Lehrpläne geben dabei einen verbindlichen Rahmen mit einer Auswahl an Inhalten vor, anhand derer Schulen eigenverantwortlich schuleigene Arbeitspläne entwickeln. Information und Aufklärung über Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit ungeborener Kinder finden sich in unterschiedlichen Lehrplänen verschiedener Schularten und Schulstufen wieder. Anknüpfungspunkte gibt es im Lehrplan Gesellschaftslehre an Integrierten Gesamtschulen für die Klassenstufen 7 bzw. 8 bei den Themen „Mädchen und Jungen“, „Recht und Gerechtigkeit“ sowie „Gesellschaft der Zukunft“ (dort im Inhaltsbereich „Werte und Normen im Wandel“). Im Lehrplan Sozialkunde (an Realschulen plus und Gymnasien) sind die Themen „Familie in Gesellschaft und Staat“ sowie „Recht und Rechtsprechung“ (Sekundarstufe I) von Bedeutung. Entsprechendes gilt für „Gesellschaft im Wandel“ (Sekundarstufe II). Drucksache 17/1910 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Der Lehrplan für die Naturwissenschaftlichen Fächer der weiterführenden Schulen in Rheinland-Pfalz (Biologie-Physik-Chemie 7 bis 10) ermöglicht eine Behandlung im Themenfeld 6: „Erwachsen werden“. Im Fach Biologie (Sekundarstufe II) gehört der Inhaltsbaustein „Manipulation der Fortpflanzung“ zum Thema „Vererbung und Selbstorganisation lebender Systeme“. Im Lehrplan Ethik für die Sekundarstufe I wird konkret im Kapitel „Intentionen des Ethikunterrichts“ auf die Thematik Bezug genommen. Von Bedeutung ist hier insbesondere das Lernziel „Die Schüler/innen zur gleichberechtigten und partnerschaftlichen Verantwortung für das ungeborene Leben erziehen“. Der Lehrplan Evangelische Religionslehre (Sekundarstufe I) verortet den Schwangerschaftsabbruch im anthropologisch-ethischen Bereich, dort im Themenfeld „Liebe, Partnerschaft, Sexualität“. In der Sekundarstufe II gibt es beim Thema „Christ sein in Verantwortung“ das Lernziel „Die Menschenwürde als Grundwert in aktuellen ethischen Konflikten zur Geltung bringen“. Im Lehrplan Katholische Religionslehre (Sekundarstufe I) wird der Gegenstand im Oberthema „Das Leben verantworten – Grundfragen medizinischer Ethik“ behandelt (Thema „Die Rechtslage § 218“; Lernziel: „Die Schüler/innen nehmen die Tötung ungeborenen Lebens als moralisches Problem wahr“). In der Sekundarstufe II ist das Thema „Gutes Handeln unter dem Anspruch des Christseins“ (Sekundarstufe II) vorgesehen. Dort werden die Schwerpunkte „Bio-, Gen- und Medizintechnik aus der Perspektive eines ethischen Modells“ sowie „Medizinische Technik und die Würde des Menschen“ behandelt. Eine wichtige Schutzfunktion kommt darüber hinaus der vorbeugenden Arbeit im Hinblick auf Verhütung und Familienplanung zu. Diese Inhalte finden sich schwerpunktmäßig im Lehrplan für die Naturwissenschaftlichen Fächer der weiterführenden Schulen in Rheinland-Pfalz (Biologie-Physik-Chemie 7 bis 10) im Themenfeld 6: „Erwachsen werden“. Zu Frage 4: Die Zusammenarbeit mit außerschulischen Kooperationspartnern ist ausdrücklich gewünscht und im § 19 Schulgesetz geregelt. Die Entscheidung, mit welchen Partnern kooperiert wird, trifft jede Schule in eigener pädagogischer Verantwortung auf der Basis der genannten Vorgaben. Die Verantwortung für den jeweiligen Unterricht bleibt immer bei der zuständigen Lehrkraft. Diese muss sicherstellen, dass den Schülerinnen und Schülern keine Auffassungen oder Konzepte von Sexualität aufgedrängt werden (Indoktrinationsverbot und Toleranzgebot). Dr. Stefanie Hubig Staatsministerin