Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 26. Januar 2017 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/1933 zu Drucksache 17/1739 23. 12. 2016 A n t w o r t des Ministeriums des Innern und für Sport auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Matthias Lammert (CDU) – Drucksache 17/1739 – Nicht vollstreckte Haftbefehle in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/1739 – vom 1. Dezember 2016 hat folgenden Wortlaut: Nach Informationen der Presse werden derzeit tausende Haftbefehle in Deutschland nicht vollstreckt. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie viele Haftbefehle werden derzeit in Rheinland-Pfalz nicht vollstreckt (Stichtag 30. November 2016)? 2. Was sind die jeweiligen Gründe für die fehlende Vollstreckung? 3. Wie lang liegt der Erlass der Haftbefehle durchschnittlich zurück? 4. Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass Haftbefehle in der ge nannten Größenordnung in Rheinland-Pfalz nicht vollstreckt werden? Das Ministerium des Innern und für Sport hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 20. Dezember 2016 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Der Erlass von Haftbefehlen obliegt den Justizbehörden. Ihre Vollstreckung wird in Strafverfahren den Polizeibehörden übertragen . Die Justiz führt keine Statistiken über die Anzahl der nicht vollstreckten Haftbefehle. Das nationale Informationssystem der Polizei (INPOL-Zentral) erfasst unter anderem Ausschreibungen zur Personenfahndung auf der Grundlage noch nicht vollstreckter Haftbefehle. Die Polizei Rheinland-Pfalz verfügt, wie andere Länder auch, über kein Fahndungsarchiv , sodass eine retrograde Auswertung zu den Fragestellungen nicht möglich ist. Grundlage der Beantwortung der Kleinen Anfrage ist eine aktuelle INPOL-Erhebung von Fahndungsnotierungen zu offenen Haftbefehlen durch das Landeskriminal - amt Rheinland-Pfalz zum Stichtag 6. Dezember 2016. Die Landesregierung weist darauf hin, dass es sich bei den Erhebungsergebnissen jeweils um Momentaufnahmen handelt, die ständigen Änderungen unterliegen und sich daher nicht für einen Vergleich eignen. So werden Haftbefehle, die z. B. zum Stichtag bereits vollstreckt sind oder sich anderweitig erledigt haben, aus dem Fahndungssystem gelöscht und stehen für eine Auswertung nicht mehr zur Verfügung. Weiterhin vollstrecken die Polizeidienststellen eine nicht zu quantifizierende Anzahl an Haftbefehlen, bei denen die rechtlichen Voraussetzungen für eine Ausschreibung zur Fahndung (noch) nicht vorliegen. Diese Haftbefehle sind daher nicht Bestandteil dieser Erhebung. Zu Frage 1: INPOL-Zentral weist zum Stichtag 6. Dezember 2016 4 599 Ausschreibungen rheinland-pfälzischer Polizeidienststellen zur Festnahme aufgrund eines Haft- oder Unterbringungsbefehls aus. Davon entfallen auf – Haftbefehle zur Strafvollstreckung: 3 675 Fahndungen, – Haftbefehle zur Sicherung des Strafverfahrens: 910 Fahndungen, – Haftbefehle zur Unterbringung: 4 Fahndungen, – Haftbefehle aufgrund des Asyl- bzw. Aufenthaltsgesetzes: 10 Fahndungen. Drucksache 17/1933 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Zu Frage 2: Die Polizei Rheinland-Pfalz verfolgt das Ziel, jeden Haftbefehl unverzüglich zu vollstrecken. Damit soll unter anderem auch eine mögliche Begehung weiterer Straftaten der Gesuchten unterbunden werden. Voraussetzung für die Vollstreckung ist jedoch, dass der Polizei der aktuelle Wohn- oder Aufenthaltsort der Festzunehmenden bekannt ist. Verlassen mit Haftbefehl gesuchte Personen die Bundesrepublik Deutschland vorübergehend oder auf Dauer, wechseln sie ihren Wohnort, ohne ihrer melderechtlichen Verpflichtung nachzukommen, sich an der neuen Wohnanschrift anzumelden oder verfügen sie über keinen festen Wohnsitz, gestalten sich Aufenthaltsermittlungen der Polizei in der Regel schwierig und langwierig. Zu Frage 3: Da die Polizei Rheinland-Pfalz nicht über ein Fahndungsarchiv verfügt, sind Auswertungen zum Zeitpunkt des Erlasses von Haftbefehlen nicht möglich. Zur Beantwortung der Frage wird daher hilfsweise das Datum der Ausschreibung der Personenfahndung in INPOL-Zentral herangezogen. Zum Stichtag 6. Dezember 2016 liegt von den in der Antwort zu Frage 1 aufgeführten 4 599 Ausschreibungen das Ausschreibungsdatum bezüglich – 2 092 Fahndungen in 2016, – 783 Fahndungen in 2015, – 514 Fahndungen in 2014, – 303 Fahndungen in 2013 und – 907 Fahndungen in 2012 oder früher. Zu Frage 4: Die rheinland-pfälzischen Strafverfolgungsbehörden ergreifen die zur zeitnahen Vollstreckung von Haftbefehlen notwendigen und zulässigen Maßnahmen. So schreibt die für die Vollstreckung eines Haftbefehls zuständige Polizeidienststelle nach justizieller Anordnung die Gesuchten im nationalen polizeilichen Fahndungssystem aus. Damit ist gewährleistet, dass die Fahndung zur Festnahme im Rahmen allgemeiner oder zielgerichteter polizeilicher Kontrollen erkannt und der Haftbefehl in der Folge vollstreckt wird. Zur Ermittlung des aktuellen Aufenthaltsorts von Personen, nach denen zur Festnahme gefahndet wird, tauscht die rheinland-pfälzische Polizei die notwendigen Informationen mit den Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden des Bundes und anderer Länder aus. Dabei wird auch die allgemeine Verwaltung (z. B. Ausländer-, Meldebehörden) miteinbezogen. Liegen darüber hinaus Erkenntnisse für einen möglichen Aufenthalt der gesuchten Person im europäischen Ausland vor, erwirken die zuständigen Justizbehörden – sofern die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen – einen Europäischen Haftbefehl. In diesen Fällen erfolgt eine Ausschreibung im Schengener Informationssystem. Ist für die Vollstreckung von Haftbefehlen ein besonderer Fahndungs- und/oder Ermittlungsaufwand erforderlich, werden neben den Polizeibeamtinnen und Beamten des Wechselschicht-, Kriminal- und Bezirksdienstes der Polizeiinspektionen auch die Kräfte des Sachgebiets „Fahndung“ in den Kommissariaten „Gemeinsame operative Täterorientierung“ der Kriminalinspektionen eingesetzt. Für die intensive Suche nach Personen, die wegen besonders schwerwiegender Straftaten und der Gefahr der Begehung weiterer Taten eine Bedrohung für die Allgemeinheit darstellen, kommt auch ein Einsatz der Zielfahndung des Landeskriminalamts Rheinland-Pfalz in Betracht. Als Ergebnis dieser Anstrengungen vollstrecken die Strafverfolgungsbehörden fortlaufend Haftbefehle. Da die Justizbehörden parallel weitere Haftbefehle ausstellen, wird auch zukünftig eine gewisse Anzahl an offenen Haftbefehlen nicht zu vermeiden sein. Roger Lewentz Staatsminister