Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 30. Januar 2017 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/1941 zu Drucksache 17/1755 23. 12. 2016 A n t w o r t des Ministeriums für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Martin Louis Schmidt (AfD) – Drucksache 17/1755 – Landeszentrale für politische Bildung Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/1755 – vom 1. Dezember 2016 hat folgenden Wortlaut: Im aktuellen Programm der Landeszentrale für politische Bildung (November 2016 bis April 2017) werden unter „Gedenkarbeit“ 26 Veranstaltungen aufgeführt, die sich alle mit dem Nationalsozialismus beschäftigen. Auf Seite 3 heißt es: „Demokratie ist unsere Leidenschaft.“ Eine Bedrohung für eine Demokratie sind allerdings sämtlich totalitäre Ideologien. In Rheinland-Pfalz leben viele Donauschwaben und Russlanddeutsche, die im Kommunismus in Ungarn, Rumänien, Jugoslawien und der Sowjetunion viel Leid erfuhren. Nun stehen von November 2017 bis Mai 2018 folgende Jubiläen an: 70 Jahre Lagerauflösung in Jugoslawien, 100 Jahre Oktoberrevolution in Russland, 200 Jahre Karl Marx in Trier. Ich frage die Landesregierung: 1. Gibt es Überlegungen, für das Programm 2017/2018 bzgl. der „Gedenkarbeit“ einen Kommunismus-Schwerpunkt zu setzen? 2. Falls ja: Welche Themen sind geplant? 3. Mit welchen Kooperationspartnern werden die Veranstaltungen geplant? 4. Werden die Opfer, die zahlreich in Rheinland-Pfalz leben, miteinbezogen und beispielsweise die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, die Donaudeutsche Landsmannschaft oder die Ungarisch-Deutsche Gesellschaft in Trier als Partner angesprochen? 5. Falls nein: Warum eignen sich diese Jubiläen nach Auffassung der Landesregierung nicht für eine programmatische Schwerpunktbildung seitens der Landeszentrale für politische Bildung? 6. Wie sehen die Teilnehmerzahlen der Veranstaltungen der Landeszentrale für politische Bildung in den letzten drei Jahren aus (für jede Veranstaltung ist die Teilnehmerzahl gesondert auszuweisen)? Das Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 22. Dezember 2016 wie folgt beantwortet: Zu den Fragen 1 bis 5: Gemäß § 3 Abs. 3 der Anordnung der Landesregierung vom 13. Dezember 1993 über die Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz hat die Landeszentrale u. a. die Aufgabe, „auch die Gedenkstättenarbeit in Rheinland-Pfalz zu behandeln“. In der Unterrichtung des Landtags durch die Landesregierung zum Beschluss des Landtags vom 27. März 1992 wurde am 16. Januar 1993 festgestellt, dass die von der Landeszentrale für politische Bildung 1991/1992 entwickelte Gedenkstättenkonzeption in mehreren Schritten umgesetzt werden soll. In der Konzeption hieß es, „dass es im Lande Rheinland-Pfalz zwei zentrale Gedenkstätten geben soll: – NS-Dokumentationszentrum Rheinland-Pfalz/Gedenkstätte KZ Osthofen, – Gedenkstätte ehemaliges SS-Sonderlager/KZ Hinzert. In Osthofen könnten nach diesen Vorstellungen die Anfänge des 3. Reiches, in Hinzert die Endphase der NS-Diktatur eindringlich geschildert werden. Beide Gedenkorte bilden Eckpunkte für die NS-Zeit in dem Gebiet des heutigen Rheinland-Pfalz (Drucksache 12/2519). Die Umsetzung der damaligen Konzeption ist inzwischen weitgehend erfolgt. In einer Entschließung des Landtags vom 9. Dezember 2008 (Drucksache 15/2946) zur Gedenkarbeit heißt es: „Im Rahmen der Gedenkstättenkonzeption des Landes Rheinland-Pfalz hat das Land der Landeszentrale für politische Bildung die Trägerschaft für die beiden besonders wichtigen Gedenkstätten KZ Osthofen und SS-Sonderlager/KZ Hinzert übertragen. Diese Orte der Erinnerungskultur sollen in besonderer Weise die deutsche Vergangenheit mithilfe von Ausstellungen, Vorträgen oder kulturellen Ver- Drucksache 17/1941 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode anstaltungen, die sich an Besucherinnen und Besucher insbesondere auch aus den europäischen Nachbarländern richten, vergegenwärtigen . Gedenken und Erinnern wird an diesen Lern-Orten immer auch als Beitrag zum Kampf gegen alte und neue Vorurteile und zum Einsatz für die Achtung der Menschenwürde und der Menschenrechte und die Grundlagen des Miteinanders in einer freiheitlich -demokratischen Gesellschaft verstanden.“ Um die ihr übertragenen Aufgaben leisten zu können, hat die Landeszentrale für politische Bildung ein Referat Gedenkarbeit gebildet , das sich vor allem um Programm und Betrieb der landeseigenen KZ-Gedenkstätten in Osthofen und Hinzert kümmert. Es führt auch Projekte zur NS-Geschichte im Bereich des heutigen Landes Rheinland-Pfalz durch. Sie kooperiert dabei oft mit verschiedenen Partnern der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten- und Erinnerungsinitiativen zur NS-Zeit in Rheinland-Pfalz, die seit 2001 besteht. Bei diesen Maßnahmen steht der Landesbezug der Projekte im Vordergrund, d. h. Recherchen zu Opfern des NS-Regimes und Aufklärung über Verbrechen und Täter, die zwischen 1933 und 1945 auf dem Gebiet des heutigen Landes Rheinland -Pfalz zu verzeichnen waren. Anders als in anderen Ländern gab es in Rheinland-Pfalz nach Kriegsende keine kommunistische Diktatur. Die Landesgeschichte weist zu dieser Thematik keine Gedenkorte im Hinblick auf Geschehnisse in Rheinland-Pfalz auf. Daher hat sich die Gedenkarbeit in Rheinland-Pfalz der Auseinandersetzung mit kommunistischen Diktaturen oder anderen totalitären Systemen in den Gedenkstätten nicht gewidmet. Die Auseinandersetzung mit Themen zu kommunistischen Diktaturen und Ideologien ist Bestandteil der Arbeit der Landeszentrale für politische Bildung im Rahmen von Veranstaltungen, Publikationen und Medien, aber nicht der von ihr betriebenen KZ-Gedenkstätten . Im Hinblick auf die in der Anfrage genannten historischen Vorgänge, die aus Sicht der Landesregierung und der Landeszentrale für politische Bildung nicht als „Jubiläen“, sondern eher als Jahrestage angesehen werden, sind die Planungen für 2017/2018 nicht abgeschlossen . Schnittmengen mit den angesprochenen Themen beinhaltet bespielhaft eine für den 11. und 18. Januar 2017 terminierte Veranstaltungsreihe zum Thema Flucht und Vertreibung, die in Kooperation mit der Johannes Gutenberg-Universität Mainz durchgeführt wird. Der 200. Geburtstag des Trierers Karl Marx im Jahr 2018 bildet den Anlass für eine kulturhistorische Ausstellung in Trägerschaft des Landes Rheinland-Pfalz und der Stadt Trier. Neben einer Ausstellung an zwei Standorten, welche die Einbettung des Marx- Werkes in die gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Veränderungen des 19. Jahrhunderts sowie die Lebensstationen und Weggefährten von Marx zeigen sollen, wird gemeinsam mit zahlreichen Akteuren ein Rahmenprogramm organisiert. Ebenso wie die Ausstellung soll es der kritischen Auseinandersetzung mit Marx durch Kunst, Wissenschaft und politische Diskussion dienen. Zu Frage 6: Für die Teilnahmezahlen der Veranstaltungen wird auf die auf der Website der Landeszentrale für politische Bildung abrufbaren Jahresberichte 2013 bis 2015 verwiesen (www.politische-bildung-rlp.de/wir-ueber-uns/jahresberichte.html). Prof. Dr. Konrad Wolf Staatsminister