Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 15. Februar 2017 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/2162 zu Drucksache 17/2011 31. 01. 2017 A n t w o r t des Ministeriums für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Timo Böhme (AfD) – Drucksache 17/2011 – Vielfacher Sozialbetrug durch Asylbewerber Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/2011 – vom 6. Januar 2017 hat folgenden Wortlaut: Nach Aussage des niedersächsischen Vorsitzenden des Bundes Deutscher Kriminalbeamter e. V. hat es in der Bundesrepublik Deutschland vielfachen Sozialbetrug durch Asylbewerber gegeben. So verfolge etwa eine Sonderkommission in Braunschweig allein mehr als 300 Fälle in Niedersachsen, in denen sich Asylbewerber offenbar mehrfach registrieren ließen, um sich Sozialleistungen zu erschleichen. Die Täter seien bundesweit aktiv gewesen. So würden bei der Registrierung lediglich Porträtfotos aufgenommen , nicht jedoch Fingerabdrücke genommen. Dies habe es möglich gemacht, dass sich Täter mehrfach registrieren ließen, sich dabei fiktive Vor- und Zunamen ausdachten, andere Geburtstage angaben, ihr Äußeres veränderten und so Scheinidentitäten schafften. Anschließend seien diese „Personen“ unterschiedlichen Gemeinden zugeteilt worden, und hätten mehrfach Sozialleistungen erhalten. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung zu eventuellem Sozialbetrug durch Asylbewerber? 2. Wie viele Verurteilungen wegen Sozialbetrugs gab es nach Kenntnis der Landesregierung in den vergangenen zwölf Monaten in Rheinland-Pfalz, gegebenenfalls aufgeschlüsselt nach Art des Sozialbetrugs und damit in Zusammenhang stehenden Straftaten, Schadenssumme, Strafmaß und Herkunft der Straftäter? 3. Wie viele Ermittlungsverfahren in Bezug auf Sozialbetrug durch Asylbewerber sind nach Kenntnis der Landesregierung in Rheinland -Pfalz derzeit anhängig, gegebenenfalls aufgeschlüsselt nach Art des Sozialbetrugs und damit in Zusammenhang stehenden Straftaten, Schadenssumme, soweit bekannt, und Herkunft der Beschuldigten? 4. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung zur Verhinderung von Sozialbetrug durch Asylbewerber in der Vergangenheit getroffen bzw. welche Maßnahmen beabsichtigt die Landesregierung, hier künftig zu treffen? 5. Welche Maßnahmen zur Aufklärung von Sozialbetrug durch Asylbewerber sind in der Vergangenheit getroffen worden bzw. welche Maßnahmen beabsichtigt die Landesregierung, hier künftig zu treffen, ist insbesondere eine vergleichbare Sonderkommission bereits gebildet bzw. soll eine entsprechende Sonderkommission gebildet werden und wie ist diese personell ausgestattet? 6. Wie stellt sich nach Kenntnis der Landesregierung in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden auf Landesebene dar? 7. Wie stellt sich nach Kenntnis der Landesregierung in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden in anderen Bundesländern bzw. auf Bundesebene dar? Das Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 31. Januar 2017 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: In den Fällen, in denen Ermittlungen wegen Leistungsbetrugs aufgenommen wurden, ging es überwiegend darum, dass Asylbegehrende ihre Vermögenswerte bei der Beantragung von Sozialleistungen verschwiegen haben oder an verschiedenen Stellen unterschiedliche Identitäten angegeben hatten. Daneben stellte die Polizei in geringem Umfang auch nicht erlaubte Erwerbstätigkeit von Asylbegehrenden oder das Verfälschen eines Sozialleistungsschecks fest. Zu Frage 2: Strafrechtliche Verurteilungen werden statistisch in der sog. Strafverfolgungsstatistik erfasst. Bei „Sozialbetrug“ handelt es sich nicht um einen eigenständigen Tatbestand des Strafgesetzbuches (StGB). Entsprechende Fälle dürften regelmäßig den Tatbestand des § 263 StGB (Betrug) erfüllen. Die Strafverfolgungsstatistik zählt die Anzahl der Verurteilungen nach § 263 StGB, differenziert jedoch nicht zwischen den zahlreichen unterschiedlichen Handlungsformen, durch die der Tatbestand des § 263 StGB verwirklicht werden kann. Der Landesregierung liegen daher keine statistischen Erkenntnisse über die Anzahl von gerichtlichen Verurteilungen wegen „Sozialbetrugs“ vor. Drucksache 17/2162 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Zu Frage 3: Aussagen zur Kriminalitätsentwicklung erfolgen regelmäßig auf der Grundlage der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). Diese ist bundesweit gültig, unterliegt einheitlichen Erfassungskriterien und wird qualitätsgeprüft. Unterjährige Daten aus der PKS sind aufgrund noch laufender Prüfungen stets vorläufiger Natur. Dies ist bei den Angaben für 2016 zu berücksichtigen, die sich auf den Zeitraum von Januar bis einschließlich September beziehen. Die Jahreszahlen müssen noch aufbereitet werden. In der PKS wird der Sozialbetrug als Sozialleistungsbetrug erfasst. Dabei handelt es sich um einen Summenschlüssel, der alle Betrugsarten erfasst, die sich auf durch Täuschung der vergebenden öffentlichen Stellen erlangte Geld- oder Sachleistungen von Sozialleistungsträgern beziehen. Eine weitere Differenzierung wird nicht vorgenommen. Der Hauptanwendungsfall des Sozialleistungsbetruges von Asylbegehrenden dürfte das Asylbewerberleistungsgesetz betreffen. Auch hierfür existiert in der PKS kein eigenständiger Erfassungsschlüssel. Diese Art des Sozialleistungsbetruges wird strafrechtlich unter § 263 StGB (Betrug) subsumiert und findet als solcher – als eine von mehreren Fallgestaltungen – Eingang in die PKS. Die Polizei hat von Januar bis September 2016 insgesamt 46 Fälle des Sozialleistungsbetrugs gemäß § 263 StGB mit 49 tatverdächtigen Asylbewerberinnen und -bewerbern registriert. Der dadurch verursachte Schaden belief sich auf rund 104 500 Euro. Von den 49 tatverdächtigen Asylbewerberinnen und -bewerbern hatten zwölf Personen eine somalische Staatsangehörigkeit, sieben Personen waren syrische Staatsbürger und fünf Personen besaßen die pakistanische Staatsbürgerschaft. Die Staatsangehörigkeiten der übrigen 25 Personen verteilen sich auf 16 verschiedene Herkunftsländer. Zu Frage 4: Die Landesregierung hat gemeinsam mit den Kommunen in Rheinland-Pfalz im Laufe des vergangenen Jahres die noch nicht erkennungsdienstlich behandelten Schutzsuchenden erfasst und nachträglich der erkennungsdienstlichen Behandlung zugeführt. Durch die Erfassung von Fingerabdrücken im Kerndatensystem des Ausländerzentralregisters ist die mehrfache Registrierung derselben Person unter verschiedenen Identitäten nun nicht mehr möglich. Durch das im Februar 2016 in Kraft getretene Datenaustauschverbesserungsgesetz hat der Bundesgesetzgeber zudem gesetzlich geregelt, dass die Leistungsbehörden auf die im Kerndatensystem hinterlegten Daten, darunter die Identitätsangaben, zugreifen können . Sie sind somit in der Lage, selbst die Identität der Antragstellerinnen und Antragsteller und gegebenenfalls bekannte Aliasidentitäten zu prüfen. Die Landesregierung hat den Kommunen bereits die Nutzung des automatisierten Datenabrufs durch die in ihrer Eigenverantwortung stehenden Sozialbehörden nahegelegt. Es wird weiterhin demnächst das System „ASYLCON“ für den Datenabgleich in den Aufnahmeeinrichtungen eingeführt, das es ermöglichen wird, die Identitätsabgleiche zwischen den verschiedenen Systemen des Bundes zu verbessern. Zu Frage 5: Bei der Polizei erfolgt die abschließende Bearbeitung von Straftaten des Sozialleistungsbetruges grundsätzlich bei den Kriminalinspektionen . Diese treffen alle im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen. Die Notwendigkeit zur Einrichtung einer Sonderkommission bestand bislang nicht und ist gegenwärtig auch nicht vorgesehen. Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), die das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes (§ 44 Abs. 1 Asylgesetz) vollzieht, hat alle Verdachtsfälle, die auf einen Sozialleistungsbetrug innerhalb ihrer Zustän - digkeit hinweisen, konsequent zur Anzeige gebracht und wird in Zukunft weiterhin so verfahren. In den Jahren 2015 und 2016 waren dies insgesamt sieben Strafanzeigen. Zu Frage 6: Die Polizei arbeitete mit den jeweils zuständigen Behörden auf der Grundlage der geltenden Rechtslage sachbezogen und unproble - matisch zusammen. Dies gilt auch für die ADD. Zu Frage 7: Sofern die Polizei im Einzelfall zu ihrer Aufgabenerfüllung mit Behörden in anderen Bundesländern bzw. dem Bund auf der Grundlage der geltenden Rechtslage zusammenarbeitete, gestaltete sich diese reibungslos. Dies gilt auch für die ADD. Anne Spiegel Staatsministerin