Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 15. Februar 2017 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/2163 zu Drucksache 17/2013 31. 01. 2017 A n t w o r t des Ministeriums für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Gabriele Bublies-Leifert (AfD) – Drucksache 17/2013 – Adoptionen durch gleichgeschlechtliche Paare Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/2013 – vom 6. Januar 2017 hat folgenden Wortlaut: Die Landesregierung setzt sich für die Adoption von Kindern durch eingetragene Lebenspartner ein. Sie begründet dies damit, dass „Kinder in gleichgeschlechtlichen Beziehungen genauso geborgen aufwachsen wie Kinder in ‚klassischen‘ Familien“ und mit der „gesellschaftlichen Entwicklung“ mitgegangen werden müsste. Zugleich stellt sie dar, dass es weit mehr potenzielle Adoptiveltern als zur Adoption vorgemerkte Kinder gibt; im Jahr 2015 lag das Verhältnis in Rheinland-Pfalz bei 19:1. Nach Auskunft der Landesregierung werden die Bewerber für Adoptionen streng geprüft. Die Fachkräfte der Adoptionsvermittlungsstellen suchten „für jedes zur Adoption freigegebene Kind die richtige Familie und nicht für jede adoptionswillige Familie ein Kind“. Neben der physischen und psychischen Fähigkeit zur Versorgung und Erziehung der Kinder sollten Adoptiveltern auch über ein „reflektiertes Selbstkonzept“ verfügen, ihr Alter sollte im Verhältnis zu den Kindern einem natürlichen Altersabstand entsprechen und die Partnerschaftsverhältnisse Stabilität aufweisen. Ich frage die Landesregierung: 1. Warum werden die bereits bestehenden Adoptionsmöglichkeiten für eingetragene Lebenspartner (Stiefkindadoption/Sukzessiv - adoption) als unzureichend angesehen? 2. Worauf gründet sich die Behauptung, dass Kinder in gleichgeschlechtlichen Beziehungen „genauso geborgen aufwachsen“ wie in klassischen Familien? 3. Welche Erkenntnisse gibt es über sog. „Regenbogenfamilien“, die Stabilität dieser Beziehungen und die Entwicklung ihrer Kinder, insbesondere im Blick auf Gesundheitslage, psychische Entwicklung, Schulerfolg und Partnerschaften? 4. Was ist bekannt über die Zahl der an Adoptionen interessierten gleichgeschlechtlichen Paare und ihre Motivation? 5. Welche Aussichten auf die Adoption eines Kindes hätten adoptionswillige eingetragene Lebenspartner angesichts der oben erwähnten Verhältnisse/der Überzahl adoptionswilliger Eltern? Das Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 31. Januar 2017 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 19. Januar 2013 (1 BvL 1/11, 1 BvR 3247/09) eingetragene Lebenspartnerinnen und Lebenspartner bei der Sukzessivadoption gleichgestellt. Das Bundesverfassungsgericht hat in der genannten Entscheidung festgestellt : „Es ist davon auszugehen, dass die behüteten Verhältnisse einer eingetragenen Lebenspartnerschaft das Aufwachsen von Kindern ebenso fördern können wie die Ehe [...]“. Daher ist die Situation, dass Ehegatten nur gemeinschaftlich aber nicht einzeln, Lebenspartnerinnen und Lebenspartner dagegen nur einzeln, nicht aber gemeinschaftlich ein Kind adoptieren können, zumindest widersprüchlich. Die Folge ist, dass eingetragene Lebenspartnerinnen und Lebenspartner mit Kosten und der längeren Dauer von zwei Verfahren belastet werden, was eine zusätzliche Belastung für die Familie und damit für das Kindeswohl darstellen kann. Zudem ist ein Kind bis zum Abschluss des Adoptionsverfahrens bei eingetragenen Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern nicht in gleicher Weise rechtlich abgesichert, wie bei Eheleuten, die ein Kind gemeinsam adoptieren könnten, was ebenfalls dem Kindeswohl widerspricht. Zum Wohle des Kindes ist es erforderlich, die rechtliche Sicherheit für das Kind durch die Verwandtschaft zu zwei Elternteilen nicht in zwei Rechtsakten mit der entsprechenden zeitlichen Verzögerung herzustellen, sondern dies durch eine gemeinschaftliche Adoption zu gewährleisten. In der Praxis nutzen einige Gerichte die sogenannte juristische Sekunde und sprechen bei einer Adoption durch einen Lebenspartner oder eine Lebenspartnerin unmittelbar im Anschluss die Adoption durch die andere Lebenspartnerin bzw. den anderen Lebenspartner aus. Drucksache 17/2163 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Die Justizministerinnen und Justizminister haben auf ihrer 84. Konferenz in 2013 in ihrem Beschluss zum Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften (TOP 1.2) unter anderem folgenden Beschluss gefasst: „Die Justizministerinnen und Justizminister fordern die Bundesregierung auf, zeitnah die rechtliche Voraussetzung dafür zu schaffen, dass Lebenspartner ebenso wie Ehepaare gemeinschaftlich Kinder adoptieren können.“ Zu den Fragen 2 und 3: 2007 und 2008 hat das Bayerische Staatsinstitut für Familienforschung an der Universität Bamberg im Auftrag des Bundesjustizministeriums unter Leitung von Dr. Marina Rupp die repräsentative Studie „Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften“ durchgeführt. Das Fazit der Studie: „Die Ergebnisse zeigen, dass sich Kinder und Jugendliche aus Lebenspartnerschaften in Bezug auf die Beziehungsqualität zu beiden Elternteilen und in ihrer psychischen Anpassung von Kindern und Jugendlichen, die in anderen Familienformen aufwachsen, nur wenig unterscheiden. Gleiches gilt für Konflikte zwischen den Partner(inne)n in der Lebenspartnerschaft sowie für Auseinandersetzungen mit dem externen Elternteil. Signifikante Unterschiede fanden sich dahingehend, dass Kinder und Jugendliche aus Lebenspartnerschaften über ein höheres Selbstwertgefühl und über mehr Autonomie in der Beziehung zu beiden Elternteilen berichteten als Gleichaltrige in anderen Familienformen. Die Ergebnisse der Kinderstudie legen in der Zusammenschau nahe, dass sich Kinder und Jugendliche in Regenbogenfamilien ebenso gut entwickeln wie Kinder in anderen Familienformen. Unabhängig von der Familienform wirken sehr ähnliche Einflussfaktoren . Entscheidend für die Entwicklung der Kinder ist nicht die Struktur der Familie, sondern die Qualität der innerfamilialen Beziehungen . Für die betrachteten Entwicklungsdimensionen von Kindern und Jugendlichen erwies es sich somit als nicht bedeutsam , ob sie bei einem allein erziehenden Elternteil, zwei Müttern oder Vätern oder bei Vater und Mutter aufwachsen, sondern wie die Beziehungsqualität in diesen Familien ist.“ Zu Frage 4: Die Zahl der an Adoption interessierten Paare, die in eingetragener Lebenspartnerschaft leben, wird nicht erfasst. Statistische Erhebungsmerkmale bei Adoptionen sind in § 99 Abs. 3 SGB VIII geregelt. Der Familienstand von Adoptionsbewerberinnen und Adoptionsbewerbern ist kein Erhebungsmerkmal. Die Motivation ist bei der weit überwiegenden Zahl aller Adoptionsinteressierten unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung der Wunsch nach Familiengründung. Zu Frage 5: 2015 lag in Rheinland-Pfalz das Verhältnis zwischen vorgemerkten Adoptionsbewerbungen zu zur Adoption vorgemerktem Kind nicht bei 19 :1, sondern 11 :1 (Quelle: DeStatis, Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe, 2015, S. 21; Auskunft des Statistischen Landes amtes Rheinland-Pfalz). Häufig haben Adoptivkinder Bindungs- und Beziehungsabbrüche erlebt. Daher kommt der Auswahl der geeigneten neuen Eltern für das einzelne Kind besondere Bedeutung zu. Die Familien werden nach den individuellen Bedürfnissen des Kindes ausgewählt. Die Platzierung des Kindes erfolgt in der Familie, die diese Bedürfnisse des Kindes am besten erfüllen, sein Wohl sicherstellen und seine Entwicklung am besten fördern kann. Insofern kommt es auf die jeweiligen Ressourcen und Fähigkeiten der Bewerberinnen und Bewerber an. Ehepaare, eingetragene Lebenspartnerinnen und Lebenspartner und Alleinstehende werden hinsichtlich ihrer Adoptionsbewerbung gleich behandelt. Anne Spiegel Staatsministerin