Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 2. März 2017 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/2323 zu Drucksache 17/2134 16. 02. 2017 A n t w o r t des Ministeriums für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Daniel Köbler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Drucksache 17/2134 – Aktuelle Studie zu Wertvorstellungen von Flüchtlingen Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/2134 – vom 26. Januar 2017 hat folgenden Wortlaut: Kürzlich wurde die Untersuchung „Flucht, Ankunft in Deutschland und erste Schritte der Integration“ des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung vorgestellt. Dabei wurden neben der Schul- und Ausbildung von Flüchtlingen auch deren Einstellungen zu Demokratie und Frauenrechten erhoben. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie stark entsprechen die Vorstellungen zu Bürgerrechten der befragten Geflüchteten denen der deutschen Bürgerinnen und Bürger? 2. Wie ist die Meinung von Geflüchteten in Deutschland zum demokratischen System der Bundesrepublik im Vergleich zu derjenigen der deutschen Bevölkerung? 3. Inwieweit unterscheiden sich die Wertvorstellungen Geflüchteter von denen der deutschen Bevölkerung in Hinsicht auf Frauenrechte ? 4. Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung aus den Studienergebnissen im Hinblick auf die Integration in Rheinland- Pfalz? Das Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 16. Februar 2017 wie folgt beantwortet: Die in der Kleinen Anfrage benannte Studie ist Teil eines Forschungsvorhabens von Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Sozio-ökonomisches Panel (SOEP) am Deutschen Institut für Wirtschaftsförderung (DIW Berlin) sowie Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Ziel ist es, eine repräsentative Datengrundlage über in Deutschland lebende Flüchtlinge zu schaffen. Befragt wurden erwachsene Personen, die zwischen dem 1. Januar 2013 und dem 31. Januar 2016 nach Deutschland eingereist sind und einen Asylantrag gestellt haben. Zu Ende des Befragungszeitraums (ca. Ende 2016) sollen 4 500 Personen an der Befragung teilgenommen haben. Die in der Studie vorgelegten Zwischenergebnisse fußen auf der Befragung von 2 349 Personen. Die Befragungen erfolgten bis zum September 2016 und wurden sodann ausgewertet. Befragt wurden Asylbewerberinnen und Asylbewerber, Personen mit Zuerkennung einer Flüchtlingseigenschaft sowie Personen, die sich geduldet in der Bundesrepublik aufhielten. Die Antworten der befragten Personen wurden mit Antworten deutscher Befragter sowie mit Antworten von Befragten aus sogenannten Krisenregionen, aus denen viele Geflüchtete potenziell stammen, verglichen. Für diesen Vergleich wurde der World Value Survey (WVS), eine international vergleichende und repräsentative Befragungsstudie zu Wertevorstellungen der Jahre 2010 und 2014 herangezogen. Dies vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu den Fragen 1 und 2: Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 und 2 gemeinsam beantwortet. Die Befunde der BAMF-IAB-SOEP-Befragung deuten darauf hin, dass bei Geflüchteten in Deutschland hohe Übereinstimmungswerte mit Einstellungen der deutschen Bevölkerung vorzufinden sind. Diese Übereinstimmungen ergeben sich insbesondere im Hinblick auf Demokratie, freie Wahlen oder auch den Schutz von Bürgerrechten. Drucksache 17/2323 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode – Gemäß der aktuellen Studie unterstützen rund 96 Prozent der befragten Geflüchteten die Aussage, dass „man ein demokratisches System haben sollte“. Mit 95 Prozent ähnlich hoch fällt die Zustimmung der deutschen Bevölkerung in dem zum Vergleich herangezogenen World Value Survey aus. – Rund ein Fünftel (21 Prozent) der befragten Geflüchteten stimmten Aussagen zu, welche die Idee eines „starken Führers, der sich nicht um ein Parlament und um Wahlen kümmern muss“ betont. Dieser Einschätzung stimmten im World Value Survey bei der deutschen Bevölkerung 22 Prozent zu. – Bei Fragen und Aussagen, was zu einer Demokratie gehöre, lassen sich kaum Differenzen zwischen den Zustimmungswerten Geflüchteter und den Zustimmungswerten der deutschen Bevölkerung feststellen. 96 Prozent der Geflüchteten und respektive 92 Prozent der Deutschen stimmen der Aussage zu, dass „Menschen ihre Regierung in freien Wahlen bestimmen sollen“. – 93 Prozent der Geflüchteten gegenüber 83 Prozent der Deutschen sehen „Bürgerrechte als Schutz der Menschen vor staatlicher Unterdrückung“. – Der Aussage, dass Religionsführer die Auslegung der Gesetze bestimmen sollten, stimmten 13 Prozent der Geflüchteten und 8 Prozent der Deutschen Bevölkerung zu. Hier besteht eine größere Differenz zu Zustimmungswerten, die in einem Teil der Herkunftsländer über das World Value Survey ermittelt wurden (Zustimmung zur dieser Aussage > 50 Prozent). Zu Frage 3: Laut den Zwischenergebnissen der Studie bestehen deutliche Gemeinsamkeiten zwischen den befragten Geflüchteten und Deutschen im Hinblick auf die Einstellung zu Gleichberechtigung. – Rund 92 Prozent der Geflüchteten und der Deutschen stimmten der Aussage zu, dass „gleiche Rechte von Männern und Frauen“ ein Bestandteil von Demokratien sind. Groß ist eher die Differenz zu den Zustimmungswerten, die über den World Value Survey in einem Teil der Herkunftsländer der Geflüchteten ermittelt wurden. Hier lag die Zustimmung bei rund 67 Prozent. Gewisse Unterschiede finden sich bei verschiedenen Einzelfragen zur Gleichberechtigung: – Circa 86 Prozent der Geflüchteten stimmten der Aussage zu „eine Arbeit zu haben ist für eine Frau die beste Möglichkeit unabhängig zu sein“ (Deutsche stimmten zu 72 Prozent zu). – 29 Prozent der Geflüchteten stimmten einer Aussage zu, nach der es zu Problemen führe, wenn eine Frau mehr Geld verdient als ihr Partner (Deutsche Vergleichsgruppe: Zustimmung rund 18 Prozent). – 18 Prozent der Geflüchteten und 14 Prozent der Deutschen stimmten der Aussage zu, dass für Eltern die Ausbildung der Söhne wichtiger sein sollte als die der Töchter. Bei genauer Betrachtung letztgenannter Werte fällt auf, dass es unter den befragten Männern eher kaum Unterschiede gibt (19 Prozent zu 18 Prozent). Unter den befragten Frauen stimmten geflüchtete Frauen (14 Prozent) dieser Aussage stärker zu als deutsche Frauen (11 Prozent). Des Weiteren weist die Studie darauf hin, dass es Unterschiede geben kann zwischen der Zustimmung zu abstrakten Normen und im Alltag gelebten Werten. Zu Frage 4: Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Einstellungen von Deutschen und Geflüchteten zur Demokratie und zur Gleichberechtigung von Männern und Frauen in vielen Punkten weitgehend decken und Geflüchtete genauso zur Demokratie stehen wie Deutsche. Die Studie widerlegt manche verbreiteten Vorurteile gegenüber den Wertvorstellungen von geflüchteten Menschen und leistet insofern einen wichtigen Beitrag zur Versachlichung der Debatte um die Integration. Bei Aussagen wie zur Vorstellung „eines starken Führers, der sich nicht um ein Parlament und um Wahlen kümmern muss“, zeigt die Studie, dass Maßnahmen zur demokratischen Bildung und zur Vermittlung der Werte unseres Grundgesetzes gegenüber Geflüchteten und der Gesamtbevölkerung gleichermaßen wichtig sind, da es hier wie dort einen nennenswerten Anteil an Personen gibt, deren Verständnis von Demokratie und von Gleichberechtigung sich nicht mit der des Grundgesetzes deckt. Anne Spiegel Staatsministerin