Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 16. März 2017 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/2390 zu Drucksache 17/2181 24. 02. 2017 A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Wäschenbach (CDU) – Drucksache 17/2181 – Epilepsie bei Kindern und Jugendlichen Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/2181 – vom 2. Februar 2017 hat folgenden Wortlaut: Epilepsie mit den unterschiedlichen Anfallformen ist mit eine der häufigen Erkrankung bei Kindern und Jugendlichen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie viele Neuerkrankungen bei Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahre werden jährlich verzeichnet? 2. Wie viel Prozent der Erkrankten werden nach einer Behandlung „anfallsfrei“? 3. Wie hoch ist die Anzahl von Epilepsiezentren in Rheinland-Pfalz und wie stellt sich die örtliche Verteilung dar? 4. Welche Möglichkeiten von Schulungsprogrammen für Eltern und Kinder gibt es? 5. Was kann zur Prävention und flächendeckenden Versorgung in Rheinland-Pfalz noch getan werden? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 23. Februar 2017 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Weder die Daten der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) noch die Daten der Krankenhausstatistik lassen Aussagen über die Anzahl der jährlichen Neuerkrankungen zu, da sie immer auch Mehrfachbehandlungen abbilden. Um dennoch eine möglichst realistische Aussage über die Anzahl der Neuerkrankungen zu treffen, hat die KV die Fälle zugrunde gelegt, bei denen Patienten aus den jeweiligen beiden Vorjahren zunächst keine gesicherte Diagnose zu epileptischen Erkrankungen erhalten haben und eine entsprechende Diagnose erst in den folgenden Quartalen (hier in mindestens zwei Quartalen) festgestellt wurde. Nach den entsprechenden Auswertungen der KV wurden im Jahre 2014 insgesamt 535 Patienten und im Jahre 2015 521 Patienten in Rheinland-Pfalz erstmals wegen einer Epilepsie behandelt. Die Daten beziehen sich dabei auf Personen im Alter zwischen 2 und 18 Jahren mit Wohnsitz in Rheinland-Pfalz. Zu Frage 2: Laut des Informationszentrums Epilepsie der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie e. V. (Quelle: Prof. Dr. Kurlemann & Dr. Fielder , 2008. Aktuelle Epilepsiebehandlung im Kindes- und Jugendalter – Ein aktueller Leitfaden) hängt die Chance auf ein anfallfreies Leben grundsätzlich von der Form der Epilepsie ab. Allgemein können 60 bis 70 Prozent aller Patienten mit einer neu aufgetretenen Epilepsie durch eine initiale Monotherapie (die Behandlung mit einem Medikament) erfolgreich behandelt werden. In der Regel reicht ein Mittel, in manchen Fällen müssen aber auch zwei oder selten gar drei Mittel parallel eingesetzt werden. Die Dosierung richtet sich nach Wirkung (Häufigkeit der Anfälle) und Nebenwirkungen, die für jedes Mittel unterschiedlich sind. Bei den etwa 20 bis 30 Prozent der Patienten, bei denen Medikamente nicht helfen, kommen als Alternative dabei ein epilepsiechirurgisches Vorgehen, die Gabe von Studienmedikamenten oder die Vagusnervstimulation infrage. Zu Frage 3: In Rheinland-Pfalz existieren das Epilepsiezentrum Mainz und die Hochschulambulanz für Epilepsie. Im interdisziplinären Epilep sie - zentrum Mainz bekommen Patienten mit Epilepsie spezielle fachärztliche Betreuung und Beratung. Das Epilepsiezentrum wurde sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich von der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie (DGfE) zertifiziert. Drucksache 17/2390 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode 2 – Universitätsklinik für Neurologie Mainz 55131 Mainz Tel.: 06131/ 17-3110 (Leitstelle Poliklinik) Fax: 06131/ 17-2371 Website: www.klinik.uni-mainz.de, http://www-klinik.uni-mainz.de/Neurologie/patienteninfo/epilepsie.htm http://www-klinik.uni-mainz.de/Neurologie/klinik/spezialambulanzen/epilepsie.htm – Universitäts Kinderklinik Neuropädiatrische Ambulanz Langenbeckstr. 1 55131 Mainz Tel.: 06131/ 17-2104 Fax: 06131/ 17-6646 Website: http://www.kinder.klinik.uni-mainz.de/ Zu Frage 4: Eine wichtige Adresse für Kinder und Jugendliche mit Epilepsie und ihre Eltern sind die rheinland-pfälzischen Zentren für Sozialpädiatrie und Frühförderung (SPZ). Der Schwerpunkt der Arbeit in den Zentren liegt bei der frühzeitigen Erkennung, Förderung und Behandlung von Entwicklungsstörungen, drohenden Behinderungen und bestehenden Behinderungen bei Kindern und Jugendlichen. Ein integraler Bestandteil der Behandlung ist die Beratung der Eltern, die auch die soziale Situation der Familie berücksichtigen soll. Sowohl von den SPZ als auch im Netzwerk der SPZ (niedergelassene Neurologen, Kinderkliniken etc.) gibt es Angebote für Eltern und Kinder. Zu nennen sind hier die Programme „Famoses“ (http://www.famoses.de/) oder „Moses“ (http://www.mosesschulung .de/), die nachfrageorientiert gestartet werden. Ziel der Programme ist es, Betroffene zu „Experten“ ihrer Krankheit zu machen, diagnostische und therapeutische Maßnahmen besser kennen und verstehen zu lernen, psychosoziale Konsequenzen besser zu verstehen und sie aktiv zu bewältigen, aber auch ihr Leben mit möglichst wenigen Einschränkungen zu gestalten. Neben den SPZ unterstützt die Epilepsie Elternhilfe e. V. Eltern mit epilepsiekranken Kindern und engagiert sich für verbesserte medizinische Betreuung und Bildungsmöglichkeiten. Neben vierzehntägigen Treffen in der Universitäts-Kinderklinik Mainz organisieren sie eine Reihe weiterer Veranstaltungen. Die Epilepsie Elternhilfe e. V. ist weit über den Raum Mainz hinaus tätig. Die Mitglieder kommen aus ganz Rheinland-Pfalz, sowie aus dem hessischen Rhein-Main-Gebiet bis nach Fulda. – Epilepsie Elternhilfe e. V. Schillerstraße 9 55291 Saulheim Tel: 06732-937642 Web: www.eeh-mainz.de Auch über die Landesgrenzen hinweg gibt es Kontaktstellen für Eltern, so der e.b.e. Epilepsie Bundes-Elternverband e. V. – e.b.e. epilepsie bundes-elternverband e. V. Geschäftsstelle: Susanne Fey Am Eickhof 23 42111 Wuppertal Tel. 0202 29 88 465 Fax 0202 29 88 466 Zu Frage 5: Eine primäre Prävention ist nach heutigem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht möglich. Epilepsie hat – je nach Schwere grad – aber erhebliche langzeitliche Auswirkungen auf die psychosoziale Gesundheit der Patienten. Sekundär präventiv ist es somit notwendig, flächendeckende Angebote vorzuhalten, die weit über die medizinische Behandlung hinausgehen und letztendlich eine gute Integration und Teilhabe der Betroffenen zum Ziel haben. Die wohnortnahe psychosoziale Begleitung ist ein Ziel, das durch die SPZ mit ihrem System der Außenstellen leichter erreicht werden kann. Demnach spielt die „Anfallverhütung“ durch entsprechende Therapie und auch Beratung der jeweiligen Anlaufstellen eine wichtige Rolle. So erfolgt die Behandlung an Epilepsie leidender Patienten zumeist durch Ärzte aus dem Fachgebiet der Neurologie. Die Ärzte sind in verschiedenen Organisationsformen, in Einzelpraxen, in Berufsausübungsgemeinschaften, in Medizinischen Versorgungszentren oder in entsprechend ermächtigten Instituten tätig. Das Tätigkeitsfeld der Fachärzte erstreckt sich dabei auf ganz Rheinland-Pfalz. Darüber hinaus sind in Rheinland-Pfalz verschiedene Selbsthilfegruppen tätig, die sich Betroffenen und Angehörigen annehmen. Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/2390 Die KV Rheinland-Pfalz hat ein Maßnahmenbündel erarbeitet, um die Förderung der vertragsärztlichen Versorgung weiter voranzutreiben . So werden die in der „Richtlinie der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz gemäß § 105 Abs. 1 a SGB V zur Förderung der Sicherstellung durch niedergelassene Vertragsärzte und angestellte Ärzte in ausgewiesenen Fördergebieten“ (Förderrichtlinie Strukturfonds) festgelegten Förderregionen finanziell unterstützt. Hierdurch werden zusätzliche Anreize für Niederlassung und Anstellung geschaffen. Ebenso für die Fachgruppe der Nervenärzte, zu denen die Nervenärzte, Neurologen, Psychiater sowie Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie gehören, sind in der „Förderrichtlinie Strukturfonds“ entsprechende Förderregionen ausgewiesen (für einen detaillierten Überblick über die zahlreichen Fördermaßnahmen der KV Rheinland-Pfalz siehe: http://www.kv-rlp.de/presse/hintergrund/foerderung-der-aerztlichen-versorgung-auf-dem-land/). Neben der allgemeinen Versorgung ist die spezialisierte Versorgung notwendig. Hier gibt es folgende Kontakt- und Anlaufstellen in Rheinland-Pfalz: Laut DGfE befinden sich Ambulanzen für Kinder und Jugendliche zur Behandlung von Epilepsie in Trier, Neuwied, Koblenz, Bad Kreuznach und Klingenmünster: – Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Trier – Abteilung für Neurologie, Neurophysiologie und neurologische Frührehabilitation , – St. Elisabeth-Krankenhaus Klinik für Kinder- und Jugendmedizin – Ambulanz für Epilepsie und Neuropädiatrie (Neuwied), – Klinik für Kinder- und Jugendmedizin – Städtische Klinikum Kemperhof (Koblenz), – Pfalzinstitut für Kinder- und Jugendpsychiatrie – Epilepsieambulanz für Kinder und Jugendliche (Klingenmünster). Zudem gehört die Behandlung von Epilepsie in Krankenhäusern zum Versorgungsauftrag der Abteilungen für Neurologie. Für Kinder und Jugendliche ist in der Rheinhessen-Fachklinik Alzey (20 Betten) eine neurologische Hauptfachabteilung mit einem Schwerpunkt für Kinderneurologie angesiedelt. Darüber hinaus existieren allgemeine Schwerpunktpraxen in Ingelheim, Kaiserslautern, Schweich und Ludwigshafen. In Rheinland-Pfalz bieten zudem derzeit acht Zentren für Sozialpädiatrie und Frühförderung dieses umfassende Angebot an (siehe auch Punkt 4). In jedem SPZ werden Kinder und Jugendliche mit Epilepsie behandelt. Das interdisziplinäre Behandlungsprocedere sieht dabei nach einer ausführlichen ärztlichen, psychologischen und medizinisch-therapeutischen Eingangsdiagnostik ein individuelles Behandlungsprogramm vor, das auch Medikation, Beratung und Begleitung umfasst. Hierbei stehen die SPZ im fachlichen Austausch mit Oberzentren wie Kehl-Kork und entsprechenden neuropädiatrischen Abteilungen an Krankenhäusern und Universitätskliniken oder neurologischen Institutsambulanzen, wenn es die Fallkonstellation erfordert oder geraten sein lässt. Die Zentren befinden sich in Bad Kreuznach, Göllheim, Mainz, Landau, Landstuhl, Ludwigshafen, Neuwied und Trier. Durch insgesamt 31 Außenstellen (Stand: Ende 2015) ist eine wohnortnahe Versorgung gewährleistet. Die Inanspruchnahme der Leistungen in den Zentren für Sozialpädiatrie und Frühförderung erfolgt nach Überweisung eines niedergelassenen Vertragsarztes. – Kinder-, Jugend- und Familienhilfe der kreuznacher Diakonie – Sozialpädiatrisches Zentrum (Bad Kreuznach), – Heilpädagogisch-Therapeutisches Kinderzentrum (Göllheim), – Caritas Förderzentrum St. Laurentius und Paulus Frühförderzentrum (Landau), – Ökumenisches Gemeinschaftswerk Pfalz Reha-Westpfalz – Sozialpädiatrisches Zentrum und Frühförderung (Landstuhl), – Kinderzentrum Ludwigshafen am Rhein – Sozialpädiatrisches Zentrum mit Frühförderung (Ludwigshafen), – Zentrum für Sozialpädiatrie, Frühförderung und Spina bifida-Ambulanz (Mainz), – Heilpädagogisch-Therapeutisches Zentrum gGmbH – Sozialpädiatrisches Zentrum (Neuwied), – Zentrum für Sozialpädiatrie und Frühförderung (Trier). Neben den genannten Epilepsiezentren, den Ambulanzen sowie den Sozialpädiatrischen Zentren, existieren in Rheinland-Pfalz sechs Selbsthilfegruppen, die sich dem Thema Epilepsie angenommen haben und sich mit niedrigschwelligen Angeboten für Betroffene und Angehörige engagieren. Dies sind die folgenden in Rheinland-Pfalz: – Epilepsie Elternhilfe e. V. Schillerstraße 9 55291 Saulheim Tel: 06732-937642 Web: www.eeh-mainz.de – Epilepsie SHG MA/LU e. V. Postfach 120913 68060 Mannheim 3 Drucksache 17/2390 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode – SAAT e. V. Selbsthilfegruppe für Anfallkranke und Angehörige Trier Postfach 3328 54223 Trier Tel: 06501-16002 Web: www.epilepsie-trier.de – Selbsthilfe „Epilepsie“ Speyer Eseldamm 54 67346 Speyer Tel: 06232-24528 Web: www.guenter.reichling@aol.de – Selbsthilfegruppe Epilepsie Zell Auf der Hohle 56253 Treis-Karden Web: www.shg-epilepsie-zell.de – Selbsthilfegruppe Epilepsie St. Quentin-Ring 72 67663 Kaiserslautern Tel: 0631-23870 Sabine Bätzing-Lichtenthäler Staatsministerin 4