Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 17. März 2017 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/2476 zu Drucksache 17/2267 09. 03. 2017 A n t w o r t des Ministeriums für Bildung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Billen (CDU) – Drucksache 17/2267 – Leitlinien für ein wohnortnahes Grundschulangebot St.-Cäcilia-Grundschule Preist (VG Speicher) Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/2267 – vom 13. Februar 2017 hat folgenden Wortlaut: Die Landesregierung hat einen Entwurf der Leitlinien für wohnortnahes Grundschulange bot verbreitet, der mit der Leitlinie „Die Schule gehört ins Dorf“ und mit der Leitlinie „Der ländliche Raum soll gestärkt werden“ nicht übereinstimmt. Darum frage ich die Landesregierung: 1. Ist die Grundschule Preist vor der Veröffentlichung informiert worden? 2. Warum soll die hohe pädagogische Qualität kleiner Grundschulen, wie hier in der Grundschule Preist, möglicherweise aufgegeben werden? 3. Soll mit den neuen Leitlinien das Lernen in Kombiklassen der Grundschule Preist beendet werden? 4. Soll das gute und funktionale Gebäude der Grundschule Preist aufgegeben wer den? 5. Ist die Schule Preist für die Landesregierung nur eine „Lehranstalt“ oder ein fester Bestandteil einer funktionierenden Dorfgemeinschaft ? 6. Was passiert mit Schülerinnen und Schülern, die in großen Schulen überfordert werden und dann mit Verhaltensauffälligkeiten oder Lernproblemen reagieren? 7. Ist der Landesregierung die hohe pädagogische Qualität kleiner Grundschulen wie z. B. der Grundschule Preist bekannt und möchte sie die möglicherweise aufge ben? Das Ministerium für Bildung hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 9. März 2017 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Alle rheinland-pfälzischen Grundschulen wurden im Zuge der Einleitung des informellen Anhörungsverfahrens zusätzlich per Brief über den Entwurf der Leitlinien informiert. Dabei wurde verdeutlicht, dass kleine Grundschulen anhand der Leitlinien transparent, nachvollziehbar und vor dem Hintergrund der lokalen Gegebenheiten geprüft werden können. Zudem hat die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion alle Schulträger angeschrieben, die kleinste Grundschulen verantworten. Somit wurden alle Beteiligten von Anfang an einbezogen. Zu den Fragen 2 bis 7: Nach § 13 Abs. 1 des Schulgesetzes müssen Grundschulen in jeder Klassenstufe mindestens eine Klasse umfassen. Ausnahmen von dieser Mindestgröße sind nur in besonderen Fällen zulässig. Geleitet von dem Grundsatz „Kurze Beine, kurze Wege“ hat die Landesregierung in der Vergangenheit Maßnahmen ergriffen, um Grundschulstandorte auch bei zurückgehenden Schülerzahlen zu erhalten. Dabei ist insbesondere die Absenkung der Klassenmesszahl von ursprünglich 30 auf 24 zu nennen. Diese hat zur Sicherstellung der gesetzlichen Mindestgröße vieler Grundschulen beigetragen. Gleichwohl erreichen trotz dieser Bemühungen nicht alle Grundschulen die Mindestgröße. Vor dem Hintergrund, dass kleine Grundschulen einen deutlich höheren Ressourcenbedarf haben, hat der Rechnungshof in seiner 2016 abgeschlossenen „Prüfung der Unterrichtsorganisation und des Lehrkräfteeinsatzes an öffentlichen Grundschulen“ die Landesregierung aufgefordert zu prüfen, ob an den Standorten von kleineren als einzügigen Grundschulen weiterhin „besondere Fälle“ im Sinne des schulgesetzlichen Ausnahmetatbestandes vorliegen. Drucksache 17/2476 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Dass Grundschulen eine Mindestgröße haben, ist sinnvoll. Auch sehr kleine Schulen können Vorteile haben, aber sie stoßen schul - organisatorisch an Grenzen, etwa bei Vertretungssituationen oder bei pädagogischen Differenzierungs- und Zusatzangeboten. Die Lehrkraft an einer sehr kleinen Grundschule ist in verschiedenen Funktionen und Aufgaben stark gebunden. Größere Grundschulen haben hingegen mehr Handlungsspielraum bei der Gestaltung des pädagogischen Angebotes und des Schullebens, etwa in Hinblick auf Arbeitsgemeinschaften, Schulfeste oder auf die Einrichtung eines Ganztags- oder Schwerpunktschulangebots. Lehrkräfte können sich untereinander austauschen, Schulleitungen haben Unterstützungsstrukturen, was auch die Attraktivität solcher Stellen erhöht. Schülerinnen und Schüler lernen ein vielfältiges soziales Miteinander kennen. Alle Schulen in Rheinland-Pfalz haben den schulgesetzlichen Auftrag, die Schülerinnen und Schüler individuell zu fördern und auf ihre Stärken und Schwächen einzugehen . Die Leitlinien für ein wohnortnahes Grundschulangebot benennen die Kriterien und regeln das Verfahren, nach denen zukünftig geprüft werden soll, ob an einer Grundschule ein „besonderer Fall“ vorliegt. Dieses Verfahren sieht vor, dass die Schulträger, die die Situation vor Ort am besten kennen, innerhalb eines halben Jahres eigene Konzepte vorlegen, wie vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung langfristig ein Angebot geschaffen und erhalten werden kann, das den Vorgaben des Schulgesetzes entspricht. In das Konzept fließt auch die Raumsituation ein. Die besondere Bedeutung der Grundschule für die Sitzgemeinde kann ebenfalls dargestellt werden. Bei der Konzepterstellung sollen Vertretungen der Lehrkräfte sowie der Eltern von Anfang an eingebunden werden, sie können ihre Vorstellungen somit direkt einbringen. Die Schulaufsicht unterstützt die Schulträger und wird die Konzepte auf ihre Tragfähigkeit überprüfen. Im Anschluss entscheidet sie, ob eine Schule weitergeführt werden kann. Die Leitlinien konkretisieren damit die Vorgaben des Schulgesetzes. Die Prüfung erfolgt immer einzelfallbezogen und bedeutet nicht die Schließung der Schule. Dies gilt auch für die St.-Cäcilia-Grundschule Preist. Es bleibt erklärtes Ziel der Landesregierung, ein wohnortnahes Grundschulangebot überall im Land zu sichern – verlässlich, planbar und nachhaltig auch in Zeiten des demografischen Wandels. Wo dafür Ausnahmen von der schulgesetzlich vorgeschriebenen Mindestgröße notwendig sind, werden sie auf Basis der geplanten Leitlinien ermöglicht. Der Ausschuss für Bildung wurde am 31. Januar 2017 unterrichtet. Zurzeit findet ein informelles Anhörungsverfahren statt, bei dem kommunale Spitzenverbände, Hauptpersonalräte, Gewerkschaften sowie Schüler- und Elternvertretungen angehört werden. Erst anschließend sind abschließende Aussagen zu den Leitlinien möglich. Dr. Stefanie Hubig Staatsministerin