Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 24. März 2017 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/2493 zu Drucksache 17/2290 10. 03. 2017 A n t w o r t des Ministeriums der Justiz auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Matthias Lammert (CDU) – Drucksache 17/2290 – Anteil ausländischer Gefangener in rheinland-pfälzischen Justizvollzugsanstalten Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/2290 – vom 14. Februar 2017 hat folgenden Wortlaut: Der Anteil ausländischer Gefangener in den rheinland-pfälzischen Justizvollzugsanstalten steigt. Und damit auch die Herausforderungen an die JVA-Beamtinnen/Beamten und Psychologen, die sich ihren Aufgaben immer weniger gewachsen fühlen. Das zeigt nicht zuletzt die Zahl der Krankschreibungen aus den letzten Jahren. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie viele inhaftierte Gefangene in den rheinland-pfälzischen Justizvollzugsanstalten verfügen über eine ausländische Staatsangehörigkeit ? 2. Warum findet keine konsequente Abschiebung bzw. Ausweisung von ausländischen Inhaftierten statt? 3. Warum fand noch keine Abschiebung des tunesischen Häftlings Fadi R. aus der Justizvollzugsanstalt Diez statt, der dort eine 20-jährige Haftstrafe absitzt? 4. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, die Staatsangehörigkeit von Insassen mit unbekannter Staatsangehörigkeit zu klären? 5. Was für Maßnahmen ergreift die Landesregierung, damit der Krankenstand von Justizbediensteten abnimmt? 6. Wann wird endlich das Personal in den Justizvollzugsanstalten erhöht? 7. Wann endlich erhalten die rheinland-pfälzischen Justizvollzugsanstalten eigene Drogenspürhunde? Das Ministerium der Justiz hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 10. März 2017 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Am 31. Januar 2017 hatten 933 Gefangene in rheinland-pfälzischen Justizvollzugseinrichtungen eine ausländische Staatsbürgerschaft. Zu Frage 2: Ausweisungen erfordern nach §§ 53 ff. Aufenthaltsgesetz (AufenthG) eine Abwägung der Ausweisungs- und der Bleibeinteressen im Einzelfall. Eine Ausweisung kann daher nur in den Fällen erfolgen, in denen das Ausweisungsinteresse das Bleibeinteresse überwiegt . Eine allgemeine Einschätzung dazu, in welchem Umfang bei infrage kommenden Sachverhalten Ausweisungen tatsächlich erfolgen, kann wegen der Einzelfallbezogenheit nicht abgegeben werden. Aufenthaltsbeendigungen werden vollzogen, wenn die dafür notwendigen Voraussetzungen vorliegen. Das umfasst auch, dass keine innerstaatlichen Abschiebungshindernisse oder zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote vorliegen. Hinzu tritt bei inhaftierten ausreisepflichtigen Ausländern, dass eine Aufenthaltsbeendigung aus der Straf- oder Untersuchungshaft nur erfolgen kann, wenn die Vollstreckungsbehörde von der weiteren Vollstreckung absieht. Allgemein gilt, dass gemäß § 456 a Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO) von der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe abgesehen werden kann, wenn der Verurteilte ausgewiesen oder abgeschoben wird. Nach dem Rundschreiben des Ministeriums der Justiz vom 23. April 2001 über die Anwendung der §§ 154 b und 456 a StPO sind bei der Anwendung des § 456 a StPO neben den Gesichtspunkten der Entlastung der Strafvollstreckungs- und Strafvollzugsbehörden das Interesse der Allgemeinheit an einer nachhaltigen Strafvollstreckung sowie das Bedürfnis nach Schutz vor gefährlichen Straftätern zu berücksichtigen. Drucksache 17/2493 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode 2 In der Regel muss daher bei erwachsenen Verurteilten mindestens die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel einer zeitigen Freiheits - strafe verbüßt sein. Eine Anwendung der Vorschrift kommt vor Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe nur ausnahmsweise in Betracht, etwa wenn der Verurteilte im Ausland eine weitere erhebliche Strafe zu erwarten hat oder bei Fortsetzung der Vollstreckung mit der bedingten Entlassung gemäß § 57 Abs. 2 Strafgesetzbuch zum Halbstrafenzeitpunkt zu rechnenwäre. Eine über den zwei-Drittel-Termin hinausgehende Vollstreckung soll erwogen werden, wenn eine nachhaltige Vollstreckung zur Verteidigung der Rechtsordnung oder aufgrund besonderer Umstände in der Tat oder der Person des Verurteilten geboten erscheint. Das kommt insbesondere in Betracht, wenn Anhaltspunkte für eine Zugehörigkeit des Verurteilten zur organisierten Kriminalität oder zur schweren Betäubungsmittelkriminalität bestehen, wegen ungünstiger Sozialprognose mit der vollständigen Verbüßung der Strafe zu rechnen ist, der Verurteilung Verbrechen, erhebliche Sexual- oder Gewaltstraftaten oder sonstige schwere banden- oder gewerbsmäßig begangene Straftaten zugrunde liegen oder ein besonders gravierender Schaden verursacht wurde. Auch bei Personen, die nach vorangegangener Abschiebung oder Ausweisung illegal nach Deutschland zurückgekehrt sind, kann eine längere Vollstreckung geboten sein. Bei lebenslangen Freiheitsstrafen kommt ein Absehen von der weiteren Vollstreckung grundsätzlich nicht vor Verbüßung von 15 Jahren in Betracht. Zu Frage 3: Gegen den in der Anfrage erwähnten Gefangenen wird zurzeit eine Freiheitsstrafe durch eine Staatsanwaltschaft vollstreckt, die nicht dem Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz Rheinland-Pfalz angehört. Informationen über den Vollstreckungsstand liegen daher nicht vor. Zu Frage 4: Der Vollzug des Aufenthaltsgesetzes ist Sache der kommunalen Ausländerbehörden. Diese haben auch die notwendigen Maßnahmen zur Klärung der Staatsangehörigkeit durchzuführen. Eine eigene Zuständigkeit der Landesregierung besteht nicht. Die Landesregierung hat gemeinsam mit der Stadtverwaltung Trier die Zentralstelle für Rückführungsfragen eingerichtet, die die Ausländerbehörden auch bei Fragen der Identitätsklärung und der Zusammenarbeit mit bestimmten Auslandsvertretungen unterstützt . Zur Feststellung der Staatsangehörigkeit können die Ausländerbehörden von den Maßnahmen nach §§ 48 ff. AufenthG Gebrauch machen. Dazu zählen die Verpflichtung zur Vorlage von Ausweisdokumenten, Urkunden, sonstigen Unterlagen und Datenträgern , die für die Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit von Bedeutung sein können. Ausländerinnen und Ausländer, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie im Besitz solcher Unterlagen oder Datenträger sind, diese aber nicht vorlegen, können durchsucht werden. Datenträger können mit Einschränkungen nach § 48 Abs. 3 a AufenthG ausgewertet werden. Weiterhin sind Ausländerinnen und Ausländer verpflichtet, gegenüber den Vertretungen des Staates, dessen Staatsangehörigkeit sie oder er vermutlich besitzt, die mit dem deutschen Recht in Einklang stehenden Erklärungen abzugeben und Unterlagen vorzulegen. Ebenso ist es zulässig, Sprachanalysen zur Feststellung der Staatsangehörigkeit durchzuführen. Zu Frage 5: Bereits im Jahr 2012 wurde eine Dienstvereinbarung zwischen dem Ministerium der Justiz und dem Hauptpersonalrat bei dem Ministerium der Justiz – Bereich Strafvollzug – zum betrieblichen Eingliederungsmanagement geschlossen, die zurzeit überarbeitet wird. Ziel dieser Dienstvereinbarung ist es, die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Justizvollzugs zu erhalten und zu fördern sowie dabei zu helfen, gesundheitliche Probleme zu überwinden und so eine langfristige Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen. Wie alle Bediensteten können die Bediensteten des Strafvollzugs zudem an allen von der Landesregierung angebotenen Fortbildungen und Schulungen zum Thema Gesundheit teilnehmen. Sofern darüber hinaus von anderen Institutionen Fortbildungsund Schulungsangebote vorhanden sind, bestehen nach Prüfung im Einzelfall ebenfalls Teilnahmemöglichkeiten. Für alle Justizvollzugseinrichtungen gibt es außerdem spezielle wiederkehrende Angebote der Justizvollzugsschule Rheinland-Pfalz. So werden zum Thema „Stressbewältigung“ jährlich ca. drei Grund- und Aufbaukurse angeboten. Zum Thema „Gesundheitsvorsorge “ finden ebenfalls jährlich ca. drei Veranstaltungen statt, die sich an Bedienstete mit unterschiedlichen körperlichen Leistungs - niveaus richten. Zum Thema „Gesundheitsmanagement“ fand erstmals 2014 eine Veranstaltung statt, die sich an Vollzugs- und Verwaltungsabteilungsleitende richtet, die die Lerninhalte nicht nur für sich selbst nutzen können, sondern sie auch auf ihre Mitarbeitenden anwenden können. Die Thematik wird derzeit vertiefend in einer Arbeitsgruppe unter Einbeziehung der Anstaltsleitenden und des Hauptpersonalrats – Bereich Strafvollzug – bearbeitet. Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/2493 Weitere Angebote zur Gesundheitsförderung im weiteren Sinn finden ebenfalls seit Jahren statt. Dabei geht es um die Themen „Nähe und Distanz“, „Umgang mit Kritik“, „Schwierige Situationen im Justizvollzug“ und „Konfliktmanagement“. Neben diesen, den Bediensteten des gesamten Justizvollzugs zur Verfügung stehenden Angeboten, werden in den einzelnen Justizvollzugseinrichtungen noch verschiedene gesundheitsfördernde Maßnahmen durchgeführt. Dabei besteht auch die Möglichkeit, dass einige Angebote auch von Bediensteten anderer Justizvollzugseinrichtungen genutzt werden können. Allgemein gilt, dass den Bediensteten jederzeit der Betriebsarzt und die Sanitätsabteilungen, die Bediensteten des psychologischen Dienstes und der Seelsorge als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Weiter wird durch allgemeine und anlassbezogene Mitarbeitergespräche und diesbezügliche Schulungen eine Behördenkultur gefördert, die Stresssituationen vorbeugt und die Möglichkeit eröffnet, auf bestehende oder sich abzeichnende Probleme schnell reagieren zu können. Ebenso stehen kollegiale Ansprechpartner sowohl für dienstliche als auch für private Krisen zur Verfügung. Zu Frage 6: Auf die Antwort zu Frage 7 in der Drucksache 17/206 vom 22. Juni 2016 wird verwiesen. Änderungen haben sich nicht ergeben. Zu Frage 7: Auf die Antwort zu Frage 1 in der Drucksache 17/206 vom 22. Juni 2016 wird verwiesen. Änderungen haben sich nicht ergeben. Herbert Mertin Staatsminister 3