Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 28. März 2017 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/2521 zu Drucksache 17/2334 15. 03. 2017 A n t w o r t des Ministeriums für Bildung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Billen (CDU) – Drucksache 17/2334 – Leitlinien für ein wohnortnahes Grundschulangebot – Grundschule Oberkail (VG Bitburger Land) Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/2334 – vom 16. Februar 2017 hat folgenden Wortlaut: Die Landesregierung hat einen ·Entwurf der Leitlinien für wohnortnahes Grundschulangebot verbrei tet, der mit der Leitlinie „Die Schule gehört ins Dorf“ und mit der Leitlinie „Der ländliche Raum soll gestärkt werden“ nicht übereinstimmt. Darum frage ich die Landesregierung: 1. Warum sind die Leitlinien der Presse bekannt gemacht worden, ohne vorher die Schulleitung und den Schulträger zu informieren? 2. Warum soll die hohe pädagogische Qualität kleiner Schulen, was sich im Fall der Grundschule Oberkail und vieler anderer kleiner Schulen bewährt hat, aufgegeben bzw. aufs Spiel gesetzt werden? 3. Was passiert mit Schülern, die in den großen Systemen überfordert sind und dann mit Verhaltensauffälligkeiten oder Lernverweigerung reagieren (bislang konnten sie durch die kleinen Schulen mit familiären Strukturen, wie in der Grundschule Oberkail, aufgefangen und gestärkt werden)? 4. Ist es ein Ziel der Leitlinien das seit Jahren bewährte erfolgreiche jahrgangsübergreifende Lernen in Kombiklassen (wie z. B. an der Grundschule Oberkail) zu beenden? 5. Welchen Stellenwert haben gut vernetzte Angebote von Grundschulen und Kitas (wie am Standort Oberkail und vielen anderen Standorten im ·Eifelkreis Bitburg-Prüm) für die Landes regierung? 6. Wieso finden die in die Grundschule Oberkail und andere kleine Grundschulen getätigten In vestitionen keine Berücksichtigung in den Richtlinien? 7. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass gut vernetzte Angebote von kleinen Grundschu len und Kindertagesstätten einen Beitrag gegen die Landflucht gerade in dünnbesiedelten ländlichen Räumen leisten können? Wenn ja, findet dieser Aspekt Berücksichtigung in der fi nalen Fassung der Richtlinien? Das Ministerium für Bildung hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 15. März 2017 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Alle rheinland-pfälzischen Grundschulen wurden im Zuge der Einleitung des informellen Anhörungsverfahrens zusätzlich per Brief über den Entwurf der Leitlinien informiert. Dabei wurde verdeutlicht, dass kleine Grundschulen anhand der Leitlinien transparent, nachvollziehbar und vor dem Hintergrund der lokalen Gegebenheiten geprüft werden können. Zudem hat die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion alle Schulträger angeschrieben, die kleinste Grundschulen verantworten. Somit wurden alle Beteiligten von Anfang an einbezogen. Zu den Fragen 2 bis 7: Nach § 13 Abs. 1 des Schulgesetzes müssen Grundschulen in jeder Klassenstufe mindestens eine Klasse umfassen. Ausnahmen von dieser Mindestgröße sind nur in besonderen Fällen zulässig. Geleitet von dem Grundsatz „Kurze Beine, kurze Wege“ hat die Landesregierung in der Vergangenheit Maßnahmen ergriffen, um Grundschulstandorte auch bei zurückgehenden Schülerzahlen zu erhalten. Dabei ist insbesondere die Absenkung der Klassenmesszahl von ursprünglich 30 auf 24 zu nennen. Diese hat zur Sicherstellung der gesetzlichen Mindestgröße vieler Grundschulen beigetragen. Gleichwohl erreichen trotz dieser Bemühungen nicht alle Grundschulen die Mindestgröße. Vor dem Hintergrund, dass kleine Grundschulen einen deutlich höheren Ressourcenbedarf haben, hat der Rechnungshof in seiner 2016 abgeschlossenen „Prüfung der Unterrichtsorganisation und des Lehrkräfteeinsatzes an öffentlichen Grundschulen“ die Landesregierung aufgefordert zu prüfen, ob an den Standorten von kleineren als einzügigen Grundschulen weiterhin „besondere Fälle“ im Sinne des schulgesetzlichen Ausnahmetatbestandes vorliegen. Drucksache 17/2521 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Dass Grundschulen eine Mindestgröße haben, ist sinnvoll. Auch sehr kleine Schulen können Vorteile haben, aber sie stoßen schulorganisatorisch an Grenzen, etwa bei Vertretungssituationen oder bei pädagogischen Differenzierungs- und Zusatzangeboten. Die Lehrkraft an einer sehr kleinen Grundschule ist in verschiedenen Funktionen und Aufgaben stark gebunden. Größere Grundschulen haben hingegen mehr Handlungsspielraum bei der Gestaltung des pädagogischen Angebotes und des Schullebens, etwa in Hinblick auf Arbeitsgemeinschaften, Schulfeste oder auf die Einrichtung eines Ganztags- oder Schwerpunktschulangebots. Lehrkräfte können sich untereinander austauschen, Schulleitungen haben Unterstützungsstrukturen, was auch die Attraktivität solcher Stellen erhöht. Schülerinnen und Schüler lernen ein vielfältiges soziales Miteinander kennen. Alle Schulen in Rheinland-Pfalz haben den schulgesetzlichen Auftrag, die Schülerinnen und Schüler individuell zu fördern und auf ihre jeweiligen Stärken und Schwächen einzugehen. Die Leitlinien für ein wohnortnahes Grundschulangebot benennen die Kriterien und regeln das Verfahren nach denen zukünftig geprüft werden soll, ob an einer Grundschule ein „besonderer Fall“ vorliegt. Dieses Verfahren sieht vor, dass die Schulträger, die die Situation vor Ort am besten kennen, innerhalb eines halben Jahres eigene Konzepte vorlegen, wie vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung langfristig ein Angebot geschaffen und erhalten werden kann, das den Vorgaben des Schulgesetzes entspricht. In das Konzept können bestehende Kooperationen zwischen Schulen und Kindertagesstätten aufgenommen werden. Auch die Raumsituation ist zu berücksichtigen. Bei der Konzepterstellung sollen Vertretungen der Lehrkräfte sowie der Eltern von Anfang an eingebunden werden, sie können ihre Vorstellungen somit direkt einbringen. Die Schulaufsicht unterstützt die Schulträger dabei und wird die Konzepte auf ihre Tragfähigkeit überprüfen. Im Anschluss entscheidet sie, ob eine Schule weitergeführt werden kann. Die Leitlinien konkretisieren damit die Vorgaben des Schulgesetzes. Die Prüfung erfolgt immer einzelfallbezogen und bedeutet nicht die Schließung der Schule. Dies gilt auch für die Grundschule Oberkail. Es bleibt erklärtes Ziel der Landesregierung, ein wohnortnahes Grundschulangebot überall im Land zu sichern – verlässlich, planbar und nachhaltig auch in Zeiten des demografischen Wandels. Wo dafür Ausnahmen von der schulgesetzlich vorgeschriebenen Mindestgröße notwendig sind, werden sie auf Basis der geplanten Leitlinien ermöglicht. Der Ausschuss für Bildung wurde am 31. Januar 2017 unterrichtet. Zurzeit findet ein informelles Anhörungsverfahren statt, bei dem kommunale Spitzenverbände, Hauptpersonalräte, Gewerkschaften sowie Schüler- und Elternvertretungen angehört werden. Erst anschließend sind abschließende Aussagen zu den Leitlinien möglich. Dr. Stefanie Hubig Staatsministerin