Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 31. März 2017 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/2562 zu Drucksache 17/2347 17. 03. 2017 A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Pia Schellhammer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Drucksache 17/2347 – Rheinauen zwischen Bingen und Mainz Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/2347 – vom 17. Februar 2017 hat folgenden Wortlaut: Die Rheinauen zwischen Bingen und Mainz sind für ihren Artenreichtum und hohen Schutzstatus bekannt. Zahlreiche Tier- und Pflanzenarten finden sich in diesem seltenen Naturraum. Daher frage ich die Landesregierung: 1. Wie sind die Rheinauen zwischen Bingen und Mainz in der Vergangenheit in den der Landesregierung vorliegenden Gutachten und Untersuchungen bewertet worden? 2. Hat die Landesregierung Anhaltspunkte, ob und wie sich die Wertigkeit dieser Flächen inzwischen verändert hat? 3. Welche seltenen Tier- und Pflanzenarten sind in den Rheinauen zu finden? 4. Wie bewertet die Landesregierung die Bedeutung des Gebietes für den Naturschutz? 5. Welche negativen Auswirkungen könnte eine zusätzliche Umweltbelastung, z. B. Lärm oder Flächenzerschneidung, auf die Rheinauenlandschaft zwischen Bingen und Mainz haben? 6. Wie bewertet die Landesregierung vor diesem Hintergrund ihre Aufgabe, die Rheinauen zwischen Bingen und Mainz zu schützen und ihren Erhalt zu sichern? 7. Wie bewertet die Landesregierung allgemein den Erhalt der Biodiversität? Das Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 16. März 2017 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Für die Rheinauen zwischen Mainz-Budenheim und Bingen wurde in vielen Untersuchungen und Gutachten eine hohe ökologischen Qualität und Bedeutung für die Biodiversität auf einer fast durchgängigen Strecke von 20 Kilometern Länge nachgewiesen. Daher wurden die Rheinauen bereits als Vogelschutzgebiet und FFH-Gebiet gemeldet und unter Schutz gestellt. Ein Teil der Rheinauen – zwischen Ingelheim und Bingen – wurde aufgrund der Bedeutung als Lebensraum für Wasser- und Watvögel gemeinsam mit Hessen zusätzlich als Ramsar-Gebiet ausgewiesen und genießt internationalen Schutz. Darüber hinaus wurden in den Rheinauen zahlreiche hochwertige Biotope und Arten über Naturschutzgebiete gesichert und im Landesentwicklungsprogramm IV als landesweiter Biotopverbund verankert. Zu Frage 2: Es liegen dem Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten aufgrund des landesweiten Biotopkatasters ausreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass die in den Schutzgebieten und Biotopen durchgeführten Erhaltungs- und Verbesserungsmaßnahmen, wie die Verbesserung der Durchgängigkeit, erfolgreich waren und die Biodiversität erhöht haben. Zu Frage 3: Auen zeichnen sich durch eine sehr hohe biologische Vielfalt aus (Bechsteinfledermaus, Wachtelkönig, Sumpfohreule, Schwarzmilan) und tragen zur Vernetzung der Lebensräume entlang des Rheines bei, der das Potenzial zum größten Biotopverbund in Mitteleuropa hat. Die Auen erlauben durch ihre Korridorfunktion großräumige Tierwanderungen, die Verbreitung von Pflanzensamen und somit den Genaustausch von Flora und Fauna. Weichholz- und Hartholzauen sind in der roten Liste der gefährdeten Biotoptypen Deutschlands mit der Gefährdungsklasse 1 bis 2 (von vollständiger Vernichtung bedroht) eingestuft und unterliegen als gesetzlich geschützte Biotope einem weitgehenden Veränderungsverbot. Drucksache 17/2562 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Die besondere Wertigkeit der Rheinauen zwischen Mainz-Budenheim und Bingen wird auch durch die Landschaftsstruktur, der Ausweisung als länderübergreifendes Ramsar-Gebiet, durch die Anzahl der Vogelschutzgebiete, Naturschutzgebiete und der gesetzlich geschützten Biotope nach § 30 BNatSchG sowie der Anzahl der schutzwürdigen Biotope sowie die Vorkommen von seltenen Arten mit Schwerpunktvorkommen in den Rheinauen deutlich (siehe Anlage). Zu Frage 4: Die ökologische Bedeutung der Rheinauen zwischen Ingelheim und Bingen ist aufgrund der Größe der Biotope und ihrer Durchgängigkeit für Arten ausgesprochen hoch. Dies drückt sich auch darin aus, dass die Rheinauen auf diesem Teilstück von zehn Kilometern eine hohe Dichte von geschützten Arten, FFH-Lebensraumtypen, Biotopen und geschützten Biotopen sowie von Schutzgebieten wie Ramsar, Vogelschutzgebieten, FFH-Gebieten und Naturschutzgebieten aufweisen. Zu Frage 5: Bei Flächeninanspruchnahmen durch zusätzliche Nutzungen oder bei zusätzlichen Umweltbelastungen sind Beeinträchtigungen der Biotope und Arten zu erwarten und es ist mit der Verschlechterung der Biodiversität zu rechnen. Der Biodiversität kommt in einem Ballungsraum eine höhere Bedeutung zu als im dünnbesiedelten ländlichen Bereich. Insbesondere Zerschneidungen im Bereich zwischen Ingelheim und Bingen würden den Austausch der Arten erschweren oder verhindern und damit zu gravierenden ökologischen Beeinträchtigungen führen. Zu Frage 6: Die Rheinauen mit den angrenzenden Biotopen gehören zu den wertvollsten verbliebenen Biotopen, die aufgrund ihrer Lage im Ballungsraum besonders zu schützen sind. Dies ist sowohl die Aufgabe der Landesregierung wie auch aller anderen Akteure. Der Schutz wird aktuell durch Maßnahmen und entsprechende Schutzgebiete von landesweiter, EU-weiter und internationaler Bedeutung gewährleistet. Zusätzliche Beeinträchtigungen der Arten und Lebensräume in den Rheinauen können zu einem unkalkulierbaren Risiko für die Biodiversität führen. Zu Frage 7: Die Erhaltung der biologischen Vielfalt gehört – neben dem Klimaschutz – zu den größten und wichtigsten umweltpolitischen Herausforderungen unserer Zeit. Die Bedeutung und die Größe dieser Herausforderung wurde im Artenschutzreport des Bundesamtes für Naturschutz belegt. In dem Bericht wurde u. a. ausgeführt, das von deutschlandweit rund 32 000 Euro untersuchte Arten bereits ca. 6 Prozent ausgestorben und ca. 30 Prozent bestandsgefährdet sind. Der Stellenwert des Erhalts von Lebensraum- und Artenvielfalt wird schon beim Blick auf Artikel 69 unserer Landesverfassung deutlich . Dort ist als gemeinschaftliche Aufgabe festgeschrieben: „Der Schutz von Natur und Umwelt als Grundlage gegenwärtigen und künftigen Lebens ist Pflicht des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie aller Menschen.“ Der Schutz und die Förderung der Biodiversität in Rheinland-Pfalz findet darüber hinaus seine Grundlage in der 2015 vom Ministerrat beschlossenen und veröffentlichten Biodiversitätsstrategie des Landes. Sie beinhaltet zahlreiche Ziele und Maßnahmen für mehr biologische Vielfalt und ist ein wesentlicher Beitrag zur Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt der Bundesregierung. Zur Umsetzung der Biodiversitätsstrategie des Landes startet die Landesregierung noch im März 2017 das landesweite Programm „Aktion Grün“. Ulrike Höfken Staatsministerin 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Drucksache 17/2562 Anlage Seltene Arten, bzw. Arten mit Schwerpunktvorkommen in der Rheinaue sind: Amphibien: Moorfrosch (laut roter Liste in Rheinland-Pfalz stark gefährdet. Schwerpunktvorkommen in den Rheinauen) Laubfrosch (laut roter Liste in Rheinland-Pfalz stark gefährdet. Schwerpunktvorkommen in den Rheinauen) Vögel: Zwergdommel (laut roter Liste in Rheinland-Pfalz vom Aussterben bedroht; Schwerpunktvorkommen in den Rheinauen) Schnatterente (einziges Rastvorkommen in Rheinland-Pfalz) Schwarzmilan (streng geschützt nach Vogelschutzrichtlinie; Koloniebrüter – größtes Vorkommen von Rheinland-Pfalz in den Rheinauen) Flussseeschwalbe (laut roter Liste in Rheinland-Pfalz vom Aussterben bedroht; einzige Brutvorkommen in Rheinland-Pfalz) Fische: Steinbeißer (laut roter Liste in Rheinland-Pfalz stark gefährdet; Schwerpunktvorkommen in den Rheinauen) Bitterling (laut roter Liste in Rheinland-Pfalz vom Aussterben bedroht; Schwerpunktvorkommen in den Rheinauen) Pflanzen: Wassernuss (laut roter Liste in Rheinland-Pfalz stark gefährdet; Schwerpunktvorkommen in den Rheinauen) Schwimmfarn (laut roter Liste in Rheinland-Pfalz vom Aussterben bedroht; Schwerpunktvorkommen in den Rheinauen) Rheinland-Pfalz hat zu beiden Arten (Wassernuss und Schwimmfarn) ein Artenschutzprojekt entwickelt und umgesetzt Insekten: Kleine Königslibelle (laut roter Liste in Rheinland-Pfalz stark gefährdet; Schwerpunktvorkommen in den Rheinauen) Heldbock (vom Aussterben bedroht; Holznutzer der Rheinauen) 3