Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 11. April 2017 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/2595 zu Drucksache 17/2362 20. 03. 2017 A n t w o r t des Ministeriums für Bildung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Guido Ernst und Horst Gies (CDU) – Drucksache 17/2362 – Leitlinien für ein wohnortnahes Grundschulangebot Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/2362 – vom 22. Februar 2017 hat folgenden Wortlaut: Schon der Entwurf der Leitlinien für ein wohnortnahes Grundschulangebot hat viel Unruhe bei den kleinen Grundschulen im ländlichen Raum ausgelöst und großen Widerhall in der Berichterstattung der Medien gefunden. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wieso wird die Grundschule Wershofen auf eine mögliche Schließung hin überprüft, obwohl sie immerhin 40 Schüler hat und die Besuchszahlen der Kindertagesstätten eine positive Prognose für drei Jahrgangsklassen und in drei Jahren sogar vier Jahrgangsklassen zulassen? 2. Inwieweit wurde bei der Erarbeitung der Leitlinien neben der Klassenzahl und der Erreichbarkeit der nächsten Grundschule auch die Stärkung bzw. in diesem Fall Schwächung des ländlichen Raums mitbedacht und das zuständige Innenministerium sowie das Demografie-Kabinett mit eingebunden? 3. Wie sieht man die Möglichkeit von dislozierten Schulen bei kleinen Grundschulen, um diese zu erhalten? 4. Warum wurde nicht, ähnlich wie bei den Leitlinien für die Realschule plus, ein Kriterium „örtliche Bedeutung“ der Grundschule aufgenommen? Ist dies in den endgültigen Leitlinien noch vorgesehen? Das Ministerium für Bildung hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 20. März 2017 wie folgt beantwortet : Zu den Fragen 1 und 3: Nach § 13 Abs. 1 des Schulgesetzes müssen Grundschulen in jeder Klassenstufe mindestens eine Klasse umfassen. Ausnahmen von dieser Mindestgröße sind nur in besonderen Fällen zulässig. Geleitet von dem Grundsatz „Kurze Beine, kurze Wege“ hat die Landesregierung in der Vergangenheit Maßnahmen ergriffen, um Grundschulstandorte auch bei zurückgehenden Schülerzahlen zu erhalten. Dabei ist insbesondere die Absenkung der Klassenmesszahl von ursprünglich 30 auf 24 zu nennen. Diese hat zur Sicherstellung der gesetzlichen Mindestgröße vieler Grundschulen beigetragen . Gleichwohl erreichen trotz dieser Bemühungen nicht alle Grundschulen die Mindestgröße. Vor dem Hintergrund, dass kleine Grundschulen einen deutlich höheren Ressourcenbedarf haben, hat der Rechnungshof in seiner 2016 abgeschlossenen „Prüfung der Unterrichtsorganisation und des Lehrkräfteeinsatzes an öffentlichen Grundschulen“ die Landesregierung aufgefordert zu prüfen, ob an den Standorten von kleineren als einzügigen Grundschulen weiterhin „besondere Fälle“ im Sinne des schulgesetzlichen Ausnahmetatbestandes vorliegen. Dass Grundschulen eine Mindestgröße haben, ist sinnvoll. Auch sehr kleine Schulen können Vorteile haben, aber sie stoßen schulorganisatorisch an Grenzen, etwa bei Vertretungssituationen oder bei pädagogischen Differenzierungs- und Zusatzangeboten. Die Lehrkraft an einer sehr kleinen Grundschule ist in verschiedenen Funktionen und Aufgaben stark gebunden. Größere Grundschulen haben hingegen mehr Handlungsspielraum bei der Gestaltung des pädagogischen Angebotes und des Schullebens, etwa in Hinblick auf Arbeitsgemeinschaften, Schulfeste oder auf die Einrichtung eines Ganztags- oder Schwerpunktschulangebots. Lehrkräfte können sich untereinander austauschen, Schulleitungen haben Unterstützungsstrukturen, was auch die Attraktivität solcher Stellen erhöht. Schülerinnen und Schüler lernen ein vielfältiges soziales Miteinander kennen. Deshalb wurde der Entwurf von Leitlinien für ein wohnortnahes Grundschulangebot erarbeitet. Dieser benennt die Kriterien und regelt das Verfahren nach denen zukünftig geprüft werden soll, ob an einer Grundschule ein solcher „besonderer Fall“ vorliegt. Dieses Verfahren sieht vor, dass die Schulträger, die die Situation vor Ort am besten kennen, innerhalb eines halben Jahres eigene Drucksache 17/2595 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Konzepte vorlegen, wie vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung langfristig ein Angebot geschaffen und erhalten werden kann, das den Vorgaben des Schulgesetzes entspricht. Hierbei sollen Vertretungen der Lehrkräfte sowie der Eltern von Anfang an eingebunden werden, sie können ihre Vorstellungen somit direkt einbringen. Die Schulaufsicht unterstützt die Schulträger und wird die Konzepte auf ihre Tragfähigkeit überprüfen. Im Anschluss entscheidet sie, ob eine Schule weitergeführt werden kann. Die Leitlinien konkretisieren damit die Vorgaben des Schulgesetzes. Die Prüfung soll immer einzelfallbezogen erfolgen und bedeutet nicht die Schließung der Schule. Dies gilt auch für die Grundschule Wershofen. Die Grundschule Wershofen wurde in die Liste der zu prüfenden Schulen aufgenommen, weil sie im Schuljahr 2016/2017 nur zwei Klassen bildet. Es ist Aufgabe des Schulträgers, die Schülerzahlentwicklung in seinem Konzept darzulegen. Die Schulbehörde prüft dann auf dieser Grundlage, ob die Schule fortbestehen kann. Eine Aussage zum Ergebnis der Prüfung ist derzeit nicht möglich. Es bleibt erklärtes Ziel der Landesregierung, ein wohnortnahes Grundschulangebot überall im Land zu sichern – verlässlich, planbar und nachhaltig auch in Zeiten des demografischen Wandels. Wo dafür Ausnahmen von der schulgesetzlich vorgeschriebenen Mindestgröße notwendig sind, werden sie auf Basis der geplanten Leitlinien ermöglicht. Dislozierte Standorte sind dabei eine Option. Zu den Fragen 2 und 4: In den Leitlinien für ein wohnortnahes Angebot an Realschulen plus gibt es ein Kriterium „zentralörtliche Bedeutung“ des Schulstandorts . Ob dieses vorliegt, wird von der zuständigen obersten Landesplanungsbehörde, dem Ministerium des Innern und für Sport, geprüft. Anders als bei Realschulen plus haben die Standorte kleiner Grundschulen in der Regel keine zentralörtliche Bedeutung. In den Leitlinien für ein wohnortnahes Grundschulangebot ist dennoch vorgesehen, dass Schulträger sonstige Gründe für den Erhalt einer Grundschule vortragen können. Dazu zählt auch die besondere Bedeutung der Grundschule für die Sitzgemeinde. Der Ausschuss für Bildung wurde am 31. Januar 2017 unterrichtet. Zurzeit findet ein informelles Anhörungsverfahren statt, bei dem kommunale Spitzenverbände, Hauptpersonalräte, Gewerkschaften sowie Schüler- und Elternvertretungen angehört werden. Erst anschließend sind abschließende Aussagen zu den Leitlinien möglich. Dr. Stefanie Hubig Staatsministerin