Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 11. April 2017 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/2596 zu Drucksache 17/2351 16. 03. 2017 A n t w o r t des Ministeriums des Innern und für Sport auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Matthias Lammert (CDU) – Drucksache 17/2351 – Bettelbanden in Koblenz Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/2351– vom 20. Februar 2017 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Bettler, die organisierten Banden angehören, gibt es ca. in Koblenz (bit te aufgegliedert nach Staatsangehörigkeiten)? 2. Warum werden keine Aufenthaltsverbote gegen Personen nach § 13 Abs. 3 Poli zei- und Ordnungsbehördengesetz für die Koblenzer Innenstadt ausgesprochen, die bandenmäßig illegal in Koblenz betteln? 3. Welche Maßnahmen ergreift die Polizei und das Koblenzer Ordnungsamt gegen illegales bandenmäßiges Betteln in Koblenz? 4. Stellt die Polizei und das Koblenzer Ordnungsamt das Bettelgeld sicher? Wenn nein, warum nicht? 5. Wird die Stadt Koblenz eine Allgemeinverfügung gegen aggressives und organi siertes Betteln erlassen? Wenn nein, warum nicht? 6. Warum erfolgen keine Feststellungen des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt von EU-Staatsangehörigen gemäß § 5 Abs. 4 oder § 6 Abs. 1 Frei zügG/EU, wenn die Personen nicht über einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz und über ausreichende Existenzmittel verfügen gemäß § 4 Satz 1 Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU)? 7. Wird die Landesregierung eine Aufklärungsarbeit starten, in der den Bürgern in das Bewusstsein gerufen wird, dass diejenigen, die Geld geben, die menschenverachtenden Strukturen des organisierten Bettelns, die auf der Ausbeutung der sozial Schwächsten basieren, unterstützen? Wenn nein, warum nicht? Das Ministerium des Innern und für Sport hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 16. März 2017 wie folgt beantwortet: Zu den Fragen 1 bis 3: Die Polizei und die Stadtverwaltung Koblenz kontrollieren bettelnde Personen im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung auf Grundlage der bestehenden gesetzlichen Regelungen. In diesem Zusammenhang haben bislang weder die Polizei noch die Stadtverwaltung Anhaltspunkte dafür gewonnen, dass die kontrollierten Personen bandenmäßig organisiert waren. Die Polizei Koblenz hat gegen bettelnde Personen bislang kein Aufenthaltsverbot nach § 13 Abs. 3 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (POG) ausgesprochen, da die rechtlichen Voraussetzungen nicht vorlagen. Zu Frage 4 Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 der Gefahrenabwehrverordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf öffentlichen Straßen und in öffentlichen Anlagen der Stadt Koblenz ist es verboten, aggressiv, aufdringlich, bedrängend oder behindernd auf öffentlichen Straßen oder Anlagen zu betteln; dies gilt auch für das Betteln mit oder durch Minderjährige sowie das organisierte Betteln. Sofern kommunale Vollzugsbeamte der Stadtverwaltung Koblenz einen Verstoß gegen dieses Verbot feststellen, wird ein Verwarnungsgeld in Höhe der mitgeführten Barmittel erhoben und diese eingezogen. Die Polizei Koblenz wird im Rahmen ihrer Eilzuständigkeit tätig und spricht das Vorgehen im Einzelfall mit der Stadtverwaltung Koblenz ab. Zu Frage 5 Die Stadtverwaltung Koblenz erachtet die aktuell geltende Gefahrenabwehrverordnung als ausreichend, um das aggressive, aufdringliche , bedrängende und behindernde Betteln im Einzelfall bereits zum jetzigen Zeitpunkt zu sanktionieren. Drucksache 17/2596 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Zu Frage 6 Unionsbürgerinnen und Unionsbürger genießen ein dreimonatiges voraussetzungsloses Aufenthaltsrecht. Nach dieser Zeit müssen sie die Voraussetzungen für das Aufenthaltsrecht erwerbstätiger oder nichterwerbstätiger Unionsbürger erfüllen. Bettler üben keine Erwerbstätigkeit im Sinne des Europarechts aus. Sie müssen demnach nach § 4 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) über einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz sowie ausreichende Existenzmittel verfügen, was immer dann vermutet wird, wenn sie keine Sozialleistungen in Anspruch nehmen. Ist dies nicht der Fall, kann das Nichtbestehen der Freizügigkeitsvoraussetzungen festgestellt werden (sogenannte „administrative Ausweisung“ gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 FreizügigG/EU). Das Betteln selbst stellt jedoch keinen Straftatbestand dar. Deshalb kommt ohne das Hinzutreten einer Anhangoder Begleitkriminalität in Bezug auf etwaige Eigentumsdelikte oder auch eine anderweitige Straffälligkeit eine Feststellung des Verlusts des Aufenthaltsrechts gemäß § 6 FreizügG/EU nicht in Betracht. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 4 und 5 der Kleinen Anfrage 17/1723 (Drucksache 17/1919) verwiesen. Angesichts der dort dargelegten rechtlichen und auch tatsächlichen Schwierigkeiten kommen in der Praxis aufenthaltsrechtlichen Maßnahmen gegen den in Rede stehenden Personenkreis keine große praktische Relevanz zu. Zu Frage 7 Der Polizei liegen gegenwärtig keine konkreten Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. Daher bezieht sich eine zielgerichtete Aufklärungsarbeit bislang nicht auf den Bereich des organisierten Bettelns. Roger Lewentz Staatsminister