Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 11. April 2017 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/2597 zu Drucksache 17/2372 20. 03. 2017 A n t w o r t des Ministeriums für Bildung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Joachim Paul (AfD) – Drucksache 17/2372 – PISA-Studie Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/2372 – vom 23. Februar 2017 hat folgenden Wortlaut: Laut Auskunft der Bildungsministerin ist dem Ministerium für Bildung keine Studie bekannt, welche sich mit dem Gegenstand beschäftigt, „inwieweit sich das Abiturniveau in den letzten Jahren und Jahrzehnten möglicherweise verändert hat“. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Aussagekraft wird den PISA-Studien beigemessen? 2. Wie hoch sind die Kosten, die dem Land Rheinland-Pfalz für PISA-Studien seit der Einführung im Jahr 2000 entstanden sind (bitte aufschlüsseln nach jeweiliger Studie und nach den einzelnen Posten)? 3. Welche Kosten sind für die nächste PISA-Studie eingeplant? 4. Ist für Rheinland-Pfalz ein Ausstieg aus PISA denkbar (bitte Antwort begründen)? 5. Wird eine Studie, welche sich mit dem Gegenstand beschäftigt „inwieweit sich das Abiturniveau in den letzten Jahren und Jahrzehnten möglicherweise verändert hat“ seitens des Ministeriums für Bildung in Auftrag gegeben (bitte Antwort begründen)? Das Ministerium für Bildung hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 20. März 2017 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Die repräsentative Stichprobe bei PISA umfasst die Altersgruppe der 15-Jährigen. Alle drei Jahre werden Basiskompetenzen in den Bereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften untersucht, dabei steht pro Erhebung jeweils einer der drei Kompetenzbereiche im Vordergrund. Die Daten, die durch diese Erhebungen zur Verfügung stehen, stellen die Ausgangsbasis für eine Vielzahl von Maßnahmen im Bildungswesen bereit. Insgesamt gehört Deutschland zu den OECD-Staaten, die bei den bisherigen Erhebungen keinen negativen Trend in den drei Hauptdomänen zu verzeichnen haben. Vielmehr ist beispielsweise für die Lesekompetenz seit der ersten PISA-Erhebung 2000 der Kompetenzmittelwert um 25 Punkte gestiegen und liegt – so das Ergebnis von PISA 2015 – mit 509 Punkten signifikant über dem OECD-Durchschnitt von 493 Punkten. Erfreulich ist dabei ausdrücklich auch der Rückgang des Anteils leistungsschwacher Schülerinnen und Schüler, der signifikant unter dem OECD-Mittel liegt. Auch in den Naturwissenschaften und in Mathematik liegt Deutschland signifikant über dem OECD-Durchschnitt. Da sich der Anteil leistungsstarker Jugendlicher in den drei Testdomänen seit Beginn der PISA-Studien nur unwesentlich verändert hat, haben die Bundesregierung und die Länder eine gemeinsame Initiative zur Förderung leistungsstarker Schülerinnen und Schüler vereinbart. Die Ergebnisse zeigen insgesamt, dass die seit 2001 eingeleiteten bildungspolitischen Maßnahmen eine Etablierung der Leistungen der Schülerinnen und Schüler in Deutschland auf einem soliden Niveau ermöglicht haben. Die internationalen und – in der Folge – nationalen Schulleistungsstudien haben in Deutschland insbesondere für den Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungsbeteiligung Handlungsbedarf aufgezeigt, indem Defizite bei der Chancengleichheit in Deutschland festgestellt und empirisch untermauert werden konnten. Rheinland-Pfalz zählt – dies haben die Erhebungen des IQB-Bildungstrends gezeigt – zu den Ländern, die auf der Grundlage einer gezielten Förderung von Schülerinnen und Schülern aus Familien mit einem niedrigen sozioökonomischen Status sowie auch von Jugendlichen mit Migrationshintergrund eine kontinuierliche Schwächung dieser Kopplung von sozialer Herkunft und Bildungserfolg erreichen konnten. In Rheinland-Pfalz wurden die Weichen insbesondere für den Ausbau der Ganztagsschule bereits vor den ersten PISA-Ergebnissen gestellt. Die PISA-Studien haben diese Anstrengungen für mehr Chancengleichheit bestärkt. Drucksache 17/2597 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Zu Frage 2: Die Kosten von PISA tragen die Länder gemeinsam. Eine explizite Zuordnung zu den einzelnen PISA-Erhebungen kann insofern nicht erfolgen, da die Finanzierung fortlaufend erfolgt und u. a. die kontinuierlichen Kosten der Vorbereitung und Auswertung der Erhebungen inkl. Feldarbeit des IEA Data Processing and Research Center (DPC), der Feldtests sowie der Entwicklung der Aufgaben und Kompetenzkonstrukte beinhaltet. Auf Grundlage der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen können die Zahlungen für die letzten zehn Jahre dargelegt werden. Im Rahmen der Ländergemeinschaft hat Rheinland-Pfalz für das Projekt PISA an das Sekretariat der Kultusministerkonferenz für das Jahr 2007 43 514,31 Euro, für das Jahr 2008 40 964,39 Euro, für das Jahr 2009 54 525,38 Euro, für das Jahr 2010 45 201,28 Euro, für das Jahr 2011 40 559,19 Euro, für das Jahr 2012 32 457,00 Euro, für das Jahr 2013 32 457,00 Euro, für das Jahr 2014 32 634,00 Euro, für das Jahr 2015 32 650,00 Euro und für das Jahr 2016 32 423,06 Euro nach Maßgabe des Königsteiner Schlüssels entrichtet. Zu Frage 3: Für die Jahre 2017 bzw. 2018 sind 37 384,00 Euro bzw. 62 790,00 Euro eingeplant. Zu Frage 4: Mit dem Konstanzer Beschluss von 1997 leitete die Kultusministerkonferenz die sogenannte „empirische Wende“ ein. Die für diese evidenzbasierte Bildungspolitik maßgeblichen Testverfahren und Instrumente hat die Kultusministerkonferenz 2006 in einer Gesamtstrategie zum Bildungsmonitoring zusammengefasst, die in einer überarbeiteten Fassung 2015 bestätigt wurde. Diese beinhaltet: – Teilnahme an internationalen Schulleistungsstudien (PIRLS/IGLU, TIMSS-Grundschule, PISA); – Überprüfung bzw. Umsetzung von Bildungsstandards für die Primarstufe, die Sekundarstufe I und die Allgemeine Hochschulreife ; – Verfahren zur Qualitätssicherung auf Ebene der Schulen; – Gemeinsame Bildungsberichterstattung von Bund und Ländern. Die Teilnahme Deutschlands an den PISA-Erhebungen ist somit Bestandteil der Gesamtstrategie der Kultusministerkonferenz zum Bildungsmonitoring. In der Kultusministerkonferenz nehmen die Länder in ihrer Zusammenarbeit gemeinsam Verantwortung wahr im Sinne länderübergreifender Gemeinsamkeit. Zu Frage 5: Die Inhalte des Unterrichts in der gymnasialen Oberstufe und damit auch der Abiturprüfung haben sich immer wieder verändert, da sich die Anforderungen an die allgemeine Hochschulreife verändern. Diese Veränderungen sind an den jeweils geltenden Lehrplänen und seit den 1970er Jahren auch an den „Einheitlichen Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung (EPA)“ abzulesen. Manche Inhalte und geforderten Fähigkeiten sind im Laufe der Jahre entfallen, andere neu hinzugekommen. Wollte man beurteilen, inwieweit sich das Niveau des Abiturs verändert hat, müsste man bewerten, welche Inhalte und Fähigkeiten anspruchsvoller und welche weniger anspruchsvoll sind. Das wäre nicht sachgerecht, denn „der Unterricht in der gymnasialen Oberstufe vermittelt eine vertiefte Allgemeinbildung, allgemeine Studierfähigkeit sowie wissenschaftspropädeutische Bildung“, so ist es in der KMK-Vereinbarung über die gymnasiale Oberstufe beschrieben. Was aber für eine vertiefte Allgemeinbildung und allgemeine Studierfähigkeit erforderlich ist, verändert sich mit der Veränderung der Arbeitswelt und der gesellschaftlichen Anforderungen. Ein Beispiel aus dem Fach Mathematik: In den 1960er Jahren waren Kegelschnitte Bestandteil des Oberstufenunterrichts. Matrizen und der gesamte Bereich Stochastik fehlten. Heute sind Kegelschnitte nicht mehr verpflichtend, aber Matrizen und ihre Anwendung in den verschiedensten Bereichen sowie Stochastik mit den Teilbereichen Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung sind hinzugekommen . Daraus resultiert nicht ein höherer oder geringerer Anspruch, sondern ein inhaltlich anderer Anspruch. Entsprechendes gilt für die anderen Fächer. Aus diesem Grund wäre die genannte Studie nicht sinnvoll. Dr. Stefanie Hubig Staatsministerin