Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 13. April 2017 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 17. Wahlperiode Drucksache 17/2650 zu Drucksache 17/2425 24. 03. 2017 A n t w o r t des Ministeriums für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Daniel Köbler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Drucksache 17/2425 – Praxis der freiwilligen Ausreise und der Ausreiseförderung von abgelehnten Asylbe werberinnen und Asylbewerbern Die Kleine Anfrage – Drucksache 17/2425 – vom 2. März 2017 hat folgenden Wortlaut: Wenn ausländerrechtliche Entscheidungen keinen Verbleib in Deutschland ermöglichen, setzt Rheinland-Pfalz erfolgreich auf die freiwillige Ausreise. Der Vorrang der freiwilligen Rückführung vor der Abschiebung entspricht dabei den Vorgaben der EU-Rückführungsricht linie. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Welche Bedeutung hat die freiwillige Rückkehr aktuell in Rheinland-Pfalz? 2. Welche Auffassung vertritt nach Kenntnis der Landesregierung der Bund zur Förde rung der freiwilligen Ausreise? 3. Welche rechtlichen Vorgaben bestehen für die freiwillige Ausreise? 4. In welcher Weise werden eine Rückkehrberatung und eine Rückkehrförderung in der Praxis durchgeführt? 5. In welcher Weise unterstützt die Landesregierung die Kommunen bei der Ausreisebe ratung und der Förderung der freiwilligen Ausreise? 6. In welchen Fällen wird eine geförderte freiwillige Ausreise abgelehnt? 7. Bis zu welchem Zeitpunkt können ausreisepflichtige Ausländerinnen und Ausländer eine Ausreiseförderung erhalten? Das Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 24. März 2017 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Der Vorrang eines Angebotes zur freiwilligen (geförderten) Rückkehr gegenüber einer zwangsweisen Rückführung stellt bereits seit vielen Jahren die zentrale Leitlinie der Rückkehrpolitik der Landesregierung in Rheinland-Pfalz dar. Sowohl in der letzten, wie auch in der derzeitigen Legislaturperiode ist die Förderung der freiwilligen Rückkehr elementarer Bestandteil des jeweiligen Koalitionsvertrages. Die freiwillige Rückkehr wird auch künftig als Instrument der Wahl gesehen, um Menschen – unter Vermeidung von Zwangsmaßnahmen – eine selbstbestimmte Rückkehrperspektive zu bieten. Zu Frage 2: Die Bundesregierung beteiligt sich bereits seit vielen Jahren am gemeinsamen Bund-Länder-Rückkehrprogramm REAG/GARP, welches auf Antrag eine freiwillige Ausreise fördert. Die Fördergrundsätze dieses Programmes für das Jahr 2017 wurden von Bund und Ländern gemeinsam weiterentwickelt und um neue, humanitäre Komponenten der Rückkehrförderung erweitert, die zuvor bereits auch schon Bestandteil des landeseigenen Rückkehrprogramms „Landesinitiative Rückkehr“ waren. Der Bund hat zudem jüngst – anknüpfend an REAG/GARP – das Rückkehrförderprogramm „StarthilfePlus“ initiiert und dafür für das Jahr 2017 zusätzlich rund 40 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Dass nunmehr auch der Bund die erhebliche Bedeutung des Instruments der freiwilligen Rückkehr erkannt hat, zeigt sich u. a. daran, dass der Bund seine Bemühungen auf diesem Gebiet deutlich verstärkt, wie auch das Ergebnis der Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 9. Februar 2017 belegt. Demnach sollen zum einen Bund und Länder gemeinsam das Verfahren zur Beantragung von finanzieller Unterstützung für freiwillige Rückkehrer im Rahmen des REAG/GARP-Programms noch flexibler und zügiger gestalten. Zum anderen will der Bund noch im Jahr 2017 die Reintegration von Rückkehrenden in ihre Herkunftsstaaten mit entsprechenden Reintegrationsprogrammen in Höhe von rund 50 Millionen Euro fördern. Drucksache 17/2650 Landtag Rheinland-Pfalz – 17.Wahlperiode Zu Fragen 3: Im geltenden Ausländerrecht ist der Vorrang der freiwilligen Ausreise vor einer zwangsweisen Rückführung verankert. Nach Artikel 7 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008 (Rückführungsrichtlinie) ist regelmäßig eine angemessene Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren, die zwischen sieben und 30 Tagen beträgt. Soweit besondere Umstände vorliegen, kommt eine angemessene Verlängerung der Ausreisefrist infrage. Die Bestimmungen der Rückführungsrichtlinie wurden in das nationale Recht umgesetzt. Zu Frage 4: Die Rückkehrberatung wird in Rheinland-Pfalz bereits flächendeckend angeboten und durchgeführt und zwar sowohl in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes wie auch in den kommunalen Gebietskörperschaften. Die Rückkehrberatung wird dabei operativ regelmäßig durch die örtlichen Ausländerbehörden durchgeführt. Menschen, die erfahrungsgemäß nur sehr geringe Chancen auf Anerkennung ihrer Asylanträge haben oder die aus anderen Gründen in ihr Heimatland zurückkehren möchten, werden bereits in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes hinsichtlich einer Rückkehr in ihre Herkunftsländer beraten. Im Rahmen der Rückkehrberatung können insbesondere Fragen zum Reiseweg, Fördermöglichkeiten im Bereich von besonderen Bedürfnissen (z. B. medikamentöse Weiterversorgung im Heimatland, Existenzgründung o. Ä.) besprochen werden, die das Ziel einer nachhaltigen Ausreise unterstützen. Ergänzend hierzu können im Vorfeld auch – unter Beteiligung weiterer Institutionen von Bund und Ländern (z. B. über das Auswärtige Amt oder das ZIRF-Counselling) – Informationen zu Versorgungs- oder Arbeitsstrukturen vor Ort eingeholt werden. Teilweise besteht auch die Möglichkeit, gemeinsam mit „Service-Providern“ im Heimatland eine anschließende Beratung und Betreuung nach der Rückkehr zu planen und zu organisieren. Zu Frage 5: Ergänzend zur Antwort auf Frage 4 sei angemerkt, dass das Land Rheinland-Pfalz die kommunalen Gebietskörperschaften bereits seit dem Jahr 2005 durch die Bereitstellung von entsprechenden Finanzmitteln über die landeseigene „Landesinitiative Rückkehr“ unterstützt. Mit diesen Mitteln können eigene Rückkehrprojekte durchgeführt oder auch „Dritte“ beauftragt sowie Rückkehrhilfen und Starthilfen gezahlt werden, um – unter Würdigung des Einzelfalles – passgenau Lösungen zu finden, die zu einer würdevollen Rückkehr in das Heimatland beitragen. Um die kommunalen Gebietskörperschaften bei der anspruchsvollen und komplexen Aufgabe der Rückkehrberatung zu unterstützen , fördert das Land im Rahmen der Landesinitiative Rückkehr ebenfalls seit dem Jahr 2005 umfänglich Personalkosten im Bereich der Rückkehrberatung. Diese Förderung ist im Jahr 2016 nochmals intensiviert worden. Um eine qualitativ hochwertige Rückkehrberatung in der Fläche sicherzustellen, beteiligt sich das Land seit dem Jahr 2005 anteilig an der Finanzierung des Projekts „Kompetenzzentrum Rückkehr“ des Diakonischen Werks Trier und Simmern-Trarbach gGmbH. Das Kompetenzzentrum Rückkehr berät und schult die kommunalen Beratungsstellen in allen Fragen zum komplexen Gebiet der freiwilligen Rückkehr und ist damit ein wesentlicher Baustein der Rückkehrpolitik in Rheinland-Pfalz. Im Jahr 2016 wurden für den Bereich der freiwilligen Rückkehr insgesamt rund 2,5 Millionen Euro über den Landeshaushalt bereitgestellt. Aufgrund der inzwischen bundesweiten Priorisierung der freiwilligen und geförderten Rückkehr wurden für diesen Bereich die Haushaltsansätze im Doppelhaushalt 2017/2018 durch die Landesregierung auf jährlich rund 3 Millionen Euro erhöht. Zu Frage 6: Auf die Gewährung einer Ausreiseförderung besteht kein Anspruch. Ob eine Ausreiseförderung erfolgt, steht im Ermessen der Ausländerbehörde . Bei unerlaubten Wiedereinreisen oder straffälligen Ausländerinnen und Ausländern wird regelmäßig keine Ausreiseförderung gewährt. Ferner ist die finanzielle Förderung einer freiwilligen Ausreise – sei es über das REAG/GARP-Programm oder die Landesinitiative Rückkehr – jeweils an bestimmte Voraussetzungen gebunden. So ist z. B. eine Förderung der Ausreise über das Bund-Länder-Programm REAG/GARP nicht möglich, wenn die ausreisewillige Person nur vorübergehend in ihr Heimatland zurückkehren will und Anhaltspunkte für eine beabsichtigte spätere Wiedereinreise in die Bundesrepublik Deutschland vorliegen. Ebenso bedingen auch die Fördergrundsätze der Landesinitiative Rückkehr, dass die geförderte Ausreise nachhaltig, d. h. auf Dauer angelegt ist. Zu Frage 7: Es bestehen keine Vorgaben, bis zu welchem Zeitpunkt eine Ausreiseförderung gewährt werden kann. Grundsätzlich ist eine Ausreiseförderung möglich, wenn die freiwillige Ausreise noch vor einer unmittelbar anstehenden Abschiebung erfolgen soll. In der Praxis werden die Ausländerinnen und Ausländer aufgefordert verbindlich zu erklären, ob sie eine Ausreiseförderung in Anspruch nehmen wollen. Anne Spiegel Staatsministerin